Lexikon der Optik: Spiegel
Spiegel, einfachstes optisches Instrument, das aus einem polierten Metall- oder Glaskörper besteht, an dessen Oberfläche Licht (unter Umständen auch andere elektromagnetische oder Ultraschallwellen) möglichst vollständig so reflektiert wird, daß eine von der Form des S. abhängige Abbildung entsteht. Bei Glasspiegeln erfolgt die Reflexion an einer auf der Vorder- (Oberflächenspiegel) oder Rückseite (Rückflächenspiegel) aufgedampften oder chemisch aufgebrachten dünnen Silber- oder Aluminiumschicht (Aluminiumspiegel), wobei das Reflexionsvermögen durch zusätzliche dielektrische Schichten auch spektral beeinflußt werden kann.
Beim ebenen (Plan-)S. wird jedes Objekt unabhängig von seiner Lage virtuell mit dem Abbildungsmaßstab β'=1 aufrecht und seitenverkehrt, ohne Aberration symmetrisch zur Spiegelebene abgebildet (Abb. 1). Ein seitenrichtiges Bild kann man mit einem Winkelspiegel, der aus zwei ebenen, zueinander orthogonalen Planspiegeln besteht, erzeugen. Bei einem solchen S. entstehen von einem Gegenstand zunächst zwei Spiegelbilder, die aber nochmals gespiegelt werden und dabei in eines zusammenfallen. Dieses Bild ist dank der doppelten Spiegelung seitenrichtig.
Beim axialsymmetrischen gewölbten S. hängen die paraxialen Schnittweiten im Bild- und Objektraum s' und s über die Spiegelgleichung
vom Scheitelradius r des S. ab. Der halbe Scheitelradius entspricht der Spiegelbrennweite f'=r/2. Diese ist für sammelnde konkave Hohlspiegel (Konkav- oder Sammelspiegel) negativ und für zerstreuende konvexe erhabene S. (Konvex- oder Zerstreuungsspiegel) positiv. Der Hohlspiegel liefert für s
vergrößerte umgekehrte reelle, sowie für
vergrößerte aufrechte virtuelle Bilder (Abb. 2). Achsenparallele Strahlen werden in paraxialer Näherung im Brennpunkt F' konzentriert (Brennspiegel). Eine in der Brennebene angeordnete Lichtquelle wird ins Unendliche abgebildet (Scheinwerferspiegel). Der Konvexspiegel (r>0) erzeugt (z.B. als Rückspiegel von Fahrzeugen) von reellen Objekten nur virtuelle aufrechte verkleinerte und (als Hilfsspiegel beim Cassegrain-Teleskop) von virtuellen Zwischenbildern reelle aufrechte vergrößerte Bilder (Abb. 3).
Die sphärische Aberration von Kugelspiegeln läßt sich durch asphärische Deformation beheben. Parabol-, bzw. konkave Ellipsen- und konvexe Hyperbolspiegel, welche die Form der betreffenden Rotationsfläche besitzen, bilden einen im Unendlichen bzw. in spezieller endlicher Entfernung liegenden Achsenpunkt aberrationsfrei, allerdings nicht aplanatisch ab. Parabolspiegel finden speziell als Scheinwerferspiegel Verwendung. Ellipsenspiegel werden in der Lichttechnik für Beleuchtungszwecke benutzt. In einem Brennpunkt ist die Lichtquelle positioniert. Diese wird in den zweiten Brennpunkt abgebildet. Oft wird auch die Lichtquelle mit dem Ellipsenspiegel zusammen als Glühlampe ausgebildet. Sie dient in dieser Form als komplettes Beleuchtungssystem in der Kinoprojektion. Zur Korrektion der Bildfehler im UV- und Röntgengebiet werden auch torische und zylindrische Flächen als S. ausgeführt. Sie werden in spektroskopischen Geräten verwendet. Zylindrische Ellipsenspiegel dienen zum optischen Pumpen von Festkörperlasern.
Eine aplanatische Abbildung ist nur durch eine Schmidtsche Korrektionsplatte beim Kugelspiegel erreichbar. Die natürliche Blende für die Abbildung ohne Koma liegt beim Kugelspiegel im Krümmungsmittelpunkt. Zur Vermeidung von Zentralabschattung bei Mehrspiegelsystemen kann man Kegelspiegel mit unter Umständen asphärisch durchgebogener Mantellinie verwenden.
Aus dem Reflexionsgesetz folgt, daß bei einer Spiegeldrehung der Lichtstrahl um den doppelten Drehwinkel ausgelenkt wird. Dies wird für hochempfindliche Lichtzeigerinstrumente genutzt. Spiegelnde Flächen sind wegen dieser Winkelverdoppelung gegen Lageänderungen und Fertigungsfehler wesentlich empfindlicher als Linsen. Bei der Herstellung dürfen die Toleranzen nur ein Viertel bis ein Sechstel von denen einer brechenden Fläche betragen. Bei Oberflächenspiegeln darf die Dicke des Glasträgers aus Stabilitätsgründen ein Fünftel bis ein Zehntel der größten linearen Ausdehnung des S. nicht unterschreiten. S. bringen gegenüber Linsen durch Umlenkung des Strahlenganges eine Verkürzung der Baulänge optischer Systeme und sind frei von Farbfehlern. Nachteilig sind die Abschattungen.
Teildurchlässige S. sind mit dielektrischen Schichten belegte Glasplatten, die als selektive oder aselektive Strahlenteiler eingesetzt werden. Ein selektiver Spezialspiegel ist der Kaltlichtspiegel, durch den IR-Strahlung bei Reflexion der sichtbaren hindurchgeht.
Spiegel 1: Abbildung am ebenen Spiegel. In den Schnittpunkten (z.B. O'1 und O'2) der rückwärtigen Verlängerungen der reflektierten Strahlen entsteht das virtuelle Spiegelbild.l
Spiegel 2: Abbildung beim Hohlspiegel. Das außerhalb der doppelten Brennweite liegende Objekt y1 wird verkleinert und reell nach y'1 abgebildet. Das im Krümmungsmittelpunkt C liegende Objekt y2 wird maßstabsgleich reell nach y'2 abgebildet; y'3 ist das reelle, vergrößerte Bild von y3 und y'4 das virtuelle, vergrößerte Bild von y4. C Krümmungsmittelpunkt, F' Brennpunkt, S' Scheitelpunkt, r Krümmungsradius und f' Brennweite.
Spiegel 3: Abbildung beim erhabenen Spiegel. Die reellen Objekte y1 und y2 werden verkleinert, virtuell und aufrecht in die Bilder y'1 und y'2 abgebildet. C Krümmungsmittelpunkt.
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