Metzler Lexikon Philosophie: Argument
(1) Bezeichnung für eine Aussage, die im Hinblick auf eine Behauptung begründende Funktion beansprucht, bzw. deren Begründungswert hinsichtlich der Behauptung anerkannt wird. Die A.e besitzen eine allgemeine Struktur: Ein A. setzt sich zusammen aus der problematischen Äußerung, für die ein bestimmter Geltungsanspruch erhoben wird, und aus dem grundlegenden Prinzip oder Regel, mit der dieser Anspruch etabliert werden soll. In einer Argumentation stellen ein A. oder eine Reihe von A.en Schritte zur Begründung einer Aussage dar. Von einer Argumentationskette wird gesprochen, wenn jedem A. ein anderes vorausgeht und jedes A. vom Ergebnis des vorhergehenden Gebrauch macht. Eine schlüssige Argumentation, in der in einer Reihe von Argumentschritten jedem einzelnen zugestimmt wurde, gilt als Begründung bzw. als Beweis einer Aussage. Das Kriterium der Schlüssigkeit besteht darin, dass niemand, der den Ausgangssätzen einer Argumentation zugestimmt hat, einem A. widersprechen kann, ohne nicht einem von ihm bereits akzeptierten früheren A. zu widersprechen. – In der lat. Rhetorik und Logik werden verschiedene Arten des Begründens hinsichtlich des Beweisverfahrens und der Berufungsinstanz unterschieden: Unter den Beweisverfahren spielen eine besondere Rolle (a) der Beweis a fortiori: die zu beweisende Behauptung folgt aus einer schon bewiesenen, (b) der Beweis e concesso: die zu beweisende Aussage folgt aus einer bereits als wahr anerkannten, (c) der Beweis e contrario: das kontradiktorische Urteil ist unwahr. Hinsichtlich der Berufungsinstanzen sind von Bedeutung: (a) das A. ad rem, in dem die angeführten Aussagen sachlich geprüft werden, (b) das A. ad hominem, in dem auf solche vom Dialogpartner als wahr angenommenen Aussagen Bezug genommen wird, (c) das A. ad veritatem, das nur überprüfbare Aussagen heranzieht, (d) das A. ad iudicium, in das die vom sog. gesunden Menschenverstand als gültig anerkannten Meinungen Eingang finden, (e) das A. ad verecundiam, das in der Autorität der Tradition die begründende Instanz sucht, (f) das A. e concessu gentium, in dem eine kultur- und zeitunabhängige Wahrheitsgeltung einer Aussage unterstellt wird. – (2) In der formalen Logik ist das A. eine Bezeichnung für den Bestandteil eines Ausdrucks, der näher bestimmt werden soll durch einen anderen Ausdruck. z.B. stellt in dem komplexen Ausdruck »der reaktionsschnelle Eishockey-keeper« der Eishockey-keeper das Argument dar, das durch das Prädikat näher bestimmt wird. Der bestimmende Ausdruck wird als Funktor bezeichnet. Die A.e können zu verschiedenen Bedeutungskategorien gehören: zu Aussagen, Individuen, d.i. Einzelgegenständen, zu Klassen (Mengen oder Universalien), zu Klassen von Paaren usw. – (3) In der formalen Logik werden diejenigen Objekte, deren Namen in die Leerstellen eines die Funktion darstellenden Terms eingesetzt werden können, als A.e einer Funktion bezeichnet (Frege).
Literatur:
- G. Frege: Begriffsschrift. Hg. I. Angelelli. Darmstadt 1964
- P. Lorenzen/O. Schwemmer: Konstruktive Logik, Ethik und Wissenschaftstheorie. Mannheim u.a. 1975
- O. Schwemmer: argumentum. In: Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie
- St. Toulmin: Der Gebrauch von Argumenten. Kronberg 1975.
PP
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