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Beobachtungstipps: Zwei ungleiche Sternhaufen auf einen Blick

Die beiden offenen Sternhaufen IC 4756 und NGC 6633 sind kaum bekannt, obwohl sie am Himmel nur drei Grad voneinander entfernt sind. Sie passen damit gleichzeitig in das Bildfeld eines Fernglases!
Der offene Sternhaufen NGC 6633 im Sternbild Schlagenträger
Der offene Sternhaufen NGC 6633 im Sternbild Schlagenträger ist recht unbekannt, obwohl er ein interessantes Objekt für das Fernglas darstellt. Das liegt an seiner Lage etwas abseits der hellen Milchstraße in einer eher sternarmen Region.

Mit einem Fernglas lassen sich dank seines relativ großen Gesichtsfelds mit Leichtigkeit Himmelsgebiete erkunden, die bei nächtlichen Streifzügen häufig zu kurz kommen. Dies gilt besonders für den Sommerhimmel, der unzählige attraktive Objekte zu bieten hat – aber wer blickt schon in die sternarme Region östlich des Adlers (lateinisch: Aquila), wenn unmittelbar südlich dieses Sternbilds die Milchstraße mit vielen schönen Messier-Objekten lockt? Deshalb sind auch die beiden offenen Sternhaufen IC 4756 im benachbarten Sternbild Schlange (lateinisch: Serpens) und NGC 6633 im Schlangenträger (lateinisch: Ophiuchus) kaum bekannt. Am Himmel stehen die beiden Objekte nur drei Grad voneinander entfernt; somit passen sie gleichzeitig in das Bildfeld eines Fernglases!

Für einen erfolgreichen Versuch sollte die Nacht ausreichend dunkel sein, so dass die lichtschwächeren Sterne der dritten und vierten Größenklasse im Adler und Schlangenträger mit bloßem Auge noch gut erkennbar sind. Die beiden Stern­haufen liegen nahe der Mitte der Verbindungslinie zwischen dem 3,4 mag hellen Stern Delta Aquilae (δ Aql) und dem 3,7 mag hellen 72 Ophiuchi (72 Oph).

Die recht kompakte Sternwolke von NGC 6633 fällt im Fernglas sogleich ins Auge: ein rundlicher Haufen mit einem scheinbaren Durchmesser von etwa zwölf Bogenminuten. Durch ein gut abgestütztes 10 × 50-Fernglas lassen sich hier ein halbes Dutzend Sterne individuell unterscheiden. Jean-Philippe Loys de Chéseaux (1718–1751) nahm diese Sternansammlung in den Jahren 1745/46 ins Visier. Der schweizerische Astronom führte den Haufen als Eintrag Nummer 3 in einer Liste von 21 Objekten auf, die er als Nebel bezeichnete.

Ungleiches Paar | Zwischen den Sternen Delta Aquilae (δ Aql) im Sternbild Adler (lateinisch: Aquila) und 72 Ophiuchi (72 Oph) im Sternbild Schlangenträger (lateinisch: Ophiuchus) befinden sich die benachbarten offenen Sternhaufen IC 4756 und NGC 6633, die sich deutlich voneinander unterscheiden.

Und wo ist nun IC 4756? Rund drei Grad ostsüdöstlich von NGC 6633 bilden mehrere helle Sterne eine 2 × 1 Grad große Figur, die dem griechischen Buchstaben Delta (δ) ähnelt. Unweit ihrer Mitte zeigt sich ein diffuser Schimmer vieler schwacher Haufenmitglieder, in Ost-West-Richtung ungewöhnlich lang ausgestreckt, etwa über 25 × 10 Bogenminuten – jedoch nur in einer relativ dunklen Nacht. Der englische Amateurastronom Thomas William Webb (1807–1885) entdeckte diesen Stern­haufen im Jahr 1859 mit einem kleinen Refraktor und beschrieb ihn in seinem Buch »Celestial objects for common telescopes«. Das Werk erschien in mehreren Auflagen und ist für historisch Interessierte noch heute lesenswert.

Da im Fall von IC 4756 auch fünf hellere Sterne ringsum zum Haufen zählen, erreicht er die gleiche Gesamthelligkeit wie sein Nachbar NGC 6633. Und auch hinsichtlich ihrer Entfernungen ähneln sich die beiden Objekte: Die Distanz zu NGC 6633 beträgt rund 1000 Lichtjahre; IC 4756 ist mit 1300 Lichtjahren nicht viel weiter entfernt. Der Anblick der beiden Sternennester ist jedoch völlig verschieden – sehen Sie selbst!

  • Kurz erklärt
    Was ist eine Bogenminute? Wann spricht man von einer Konjunktion? Und wie gibt man die Helligkeit von Sternen an? Ein kleiner Überblick über die wichtigsten astronomischen Begriffe.
  • Bogenminute
    Die Bogenminute ist eine Einheit, um die Größe von Winkeln im Gradmaß anzugeben. Ein Winkelgrad hat 60 Bogenminuten und die Bogenminute 60 Bogensekunden. Entsprechend ergeben 3600 Bogensekunden genau ein Grad.
  • Ekliptik
    Die scheinbare jährliche Bahn der Sonne am Himmel. Sie ist der Schnitt der Erdbahnebene, der so genannten Ekliptikebene, mit der Himmelssphäre. Die Ekliptikebene ist gegen die Äquatorebene, den Schnitt des Erdäquators mit der Himmelssphäre, um 23,5 Grad geneigt.
  • Elongation
    Winkelabstand zwischen der Sonne und einem Planeten oder dem Mond. Befindet sich ein Planet in östlicher Elongation, geht er abends nach der Sonne unter, bei westlicher Elongation geht er morgens vor der Sonne auf. Eine Elongation von 0 Grad heißt Konjunktion und von 180 Grad Opposition.
  • Helligkeit (mag)
    Historisch bedingt unterschied man die Helligkeiten zunächst in sechs Größenklassen. Der erste Detektor war das menschliche Auge, das für astronomische Beobachtungen sicherlich nicht voll ausgereift ist. Die hellsten Sterne definierte man als Sterne 1. Größe (1 mag), die lichtschwächsten, gerade noch mit dem Auge sichtbaren als Sterne 6. Größe (6 mag).
  • Konjunktion
    Gleichschein, Stellung eines Planeten, bei der die Sonne in der Verbindungslinie Erde–Planet steht. Bei den Planeten Merkur und Venus kommt es zu einer oberen Konjunktion, wenn die Sonne zwischen der Erde und dem Planeten steht, und zu einer unteren Konjunktion¸ wenn der Planet zwischen Erde und Sonne steht.
  • Kulmination
    Durchgang eines Gestirns durch den Meridian. Man unterscheidet zwischen der oberen Kulmination (größte Höhe über dem Horizont) und der unteren Kulmination (größte Höhe unter dem Horizont). Nur bei den Zirkumpolarsternen befinden sich oberer und unterer Kulminationspunkt über dem Horizont.
  • Meridian
    Mittagskreis, im horizontalen Koordinatensystem der Großkreis an der Himmelssphäre, der sowohl durch Zenit und Nadir als auch durch die beiden Himmelspole verläuft und den Horizont im Süd- und im Nordpunkt schneidet.
  • Opposition
    Gegenschein, Winkelstellung zweier Planeten zueinander oder auch zu Sonne und Mond, bei der sich die ekliptikale Länge der beiden Gestirne um 180 Grad unterscheidet. Am häufigsten für den Fall gebraucht, dass Sonne–Erde und einer der äußeren Planeten auf einer Linie liegen.
  • Seeing
    Das durch die Luftunruhe der Atmosphäre hervorgerufene Flackern der Sterne.

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