Emotionen: Darwins Angst
Sofort erkennen wir, ob unser Gegenüber ängstlich, wütend oder angeekelt ist - die Mimik der Emotionen gilt international. Doch warum verziehen wir überhaupt unser Gesicht? Um unsere Wahrnehmung zu optimieren.
Weit aufgerissene Augen, abstehende Nasenflügel, ein halb geöffneter Mund – die Panik steht buchstäblich im Gesicht geschrieben. Angewidert verzogene Lippen, eine gerümpfte Nase sowie zusammengekniffene Augenbrauen zeugen wiederum von einer wenig Appetit anregenden Begegnung.
Die Gesichtsmuskeln verfügen über ein bemerkenswertes Repertoire, unserem Innenleben Ausdruck zu verleihen. Freude, Trauer oder Ärger, Ekel, Angst oder Überraschung lassen sich leicht am Mienenspiel des Gegenübers ablesen. Und die Sprache dieser Mimik scheint international verständlich zu sein. Egal ob Japaner, Afrikaner oder Europäer – die emotionalen Gesichtsausdrücke sehen gleich aus.
Doch warum verziehen wir unser Gesicht bei entsprechenden Gefühlen so und nicht anders? Damit unsere Sozialpartner sofort wissen, was mit uns los ist, lautet die gängige Antwort. Bereits Charles Darwin (1809-1882) maß der Mimik als emotionales Kommunikationsmittel eine wesentliche Bedeutung zu. Dreizehn Jahre nach seinem epochalen Werk über die Entstehung der Arten dachte er 1872 in dem weniger bekannten Buch "The Expression of Emotion in Man and Animals" über das menschliche und tierische Mienenspiel nach. Seine These: Wer die Gefühle seiner Artgenossen richtig interpretiert, steigert seine Überlebenschance, indem er angemessen reagiert. So empfiehlt sich angesichts eines wutverzerrten Gesichts der diskrete Rückzug; die angeekelt gerümpfte Nase lässt auf die Ungenießbarkeit einer potenziellen Nahrung schließen.
Darwin spekulierte aber noch weiter. Sollte die menschliche Mimik, wie sie sich im Laufe der Evolution entwickelt hat, in ihrer Art und Weise rein zufällig entstanden sein? Oder steckt mehr dahinter? Wenn es nur darauf ankäme, ein eindeutiges Signal zu senden, hätten auch eng zusammengekniffene Augen Angst, weit aufgerissene dagegen Ekel ausdrücken können. Der Begründer der Evolutionstheorie glaubte hier jedoch nicht an Zufall. Er vermutete vielmehr einen sinnesphysiologischen Nutzen: Der panische Blick weitet die visuelle Wahrnehmung; die gerümpfte Nase schließt dagegen die Sinnespforten.
Diese Vektormimik ließ sich nun umdrehen: Der Computer konnte ein künstliches Antigesicht kreieren, bei dem sich das komplette Mienenspiel ins Gegenteil verkehrte. Die Wirkung dieser Antiantlitze verblüffte: Die Antiangstmiene ähnelte auffallend einem angewiderten Ausdruck, der Antiekel erinnerte an Furcht oder Überraschung. Zufall?
Atemtest und Bilder aus dem Kernspintomografen offenbarten, dass sich die Nasenräume des Angstgesichts dehnten und mit jedem Atemzug mehr Luft in den Riechkolben fließen ließen. Beim Ekel war es umgekehrt: Die Hohlräume der Nase verengten sich und schützten so vor zu viel einströmendem Mief.
Die gemessenen Effekte fielen allerdings nur minimal aus, geben Susskind und Co zu. Emotionale Gesichtsausdrücke scheinen demnach vor allem als soziales Kommunikationsmittel wichtig zu sein. Doch auch wenn deren sinnesphysiologische Relevanz inzwischen verblasst sein mag, könnten sich hinter panischen Blicken und gerümpften Nasen tatsächlich evolutionäre Spuren verbergen. Darwin würde erfreut die Augenbrauen lupfen.
Die Gesichtsmuskeln verfügen über ein bemerkenswertes Repertoire, unserem Innenleben Ausdruck zu verleihen. Freude, Trauer oder Ärger, Ekel, Angst oder Überraschung lassen sich leicht am Mienenspiel des Gegenübers ablesen. Und die Sprache dieser Mimik scheint international verständlich zu sein. Egal ob Japaner, Afrikaner oder Europäer – die emotionalen Gesichtsausdrücke sehen gleich aus.
Doch warum verziehen wir unser Gesicht bei entsprechenden Gefühlen so und nicht anders? Damit unsere Sozialpartner sofort wissen, was mit uns los ist, lautet die gängige Antwort. Bereits Charles Darwin (1809-1882) maß der Mimik als emotionales Kommunikationsmittel eine wesentliche Bedeutung zu. Dreizehn Jahre nach seinem epochalen Werk über die Entstehung der Arten dachte er 1872 in dem weniger bekannten Buch "The Expression of Emotion in Man and Animals" über das menschliche und tierische Mienenspiel nach. Seine These: Wer die Gefühle seiner Artgenossen richtig interpretiert, steigert seine Überlebenschance, indem er angemessen reagiert. So empfiehlt sich angesichts eines wutverzerrten Gesichts der diskrete Rückzug; die angeekelt gerümpfte Nase lässt auf die Ungenießbarkeit einer potenziellen Nahrung schließen.
Darwin spekulierte aber noch weiter. Sollte die menschliche Mimik, wie sie sich im Laufe der Evolution entwickelt hat, in ihrer Art und Weise rein zufällig entstanden sein? Oder steckt mehr dahinter? Wenn es nur darauf ankäme, ein eindeutiges Signal zu senden, hätten auch eng zusammengekniffene Augen Angst, weit aufgerissene dagegen Ekel ausdrücken können. Der Begründer der Evolutionstheorie glaubte hier jedoch nicht an Zufall. Er vermutete vielmehr einen sinnesphysiologischen Nutzen: Der panische Blick weitet die visuelle Wahrnehmung; die gerümpfte Nase schließt dagegen die Sinnespforten.
Klingt gut – nur überprüft hatte Darwin seine These nicht. Dieses Manko wollten die Forscher um Joshua Susskind und Adam Anderson von der University of Toronto nach 136 Jahren beheben. Dafür konstruierten sie zunächst am Computer eine typisch ängstliche sowie eine typisch angeekelte Miene. Der Rechner untergliederte dabei das Gesicht in einzelne Vektoren, welche die Strukturen der einzelnen Partien hoch aufgelöst darstellten.
Diese Vektormimik ließ sich nun umdrehen: Der Computer konnte ein künstliches Antigesicht kreieren, bei dem sich das komplette Mienenspiel ins Gegenteil verkehrte. Die Wirkung dieser Antiantlitze verblüffte: Die Antiangstmiene ähnelte auffallend einem angewiderten Ausdruck, der Antiekel erinnerte an Furcht oder Überraschung. Zufall?
Daraufhin ließen die Forscher Versuchspersonen ängstliche beziehungsweise angeekelte Mienen aufsetzen und maßen, wie sich deren Wahrnehmungsfähigkeiten veränderten. Tatsächlich erweiterten die panisch aufgerissenen Augen vor allem das obere Sehfeld: Die Probanden sahen Objekte ein wenig früher als normal blickende Personen. Auch die beim Angstblick beschleunigten Augensuchbewegungen – die Sakkaden – förderten die visuelle Wahrnehmung.
Atemtest und Bilder aus dem Kernspintomografen offenbarten, dass sich die Nasenräume des Angstgesichts dehnten und mit jedem Atemzug mehr Luft in den Riechkolben fließen ließen. Beim Ekel war es umgekehrt: Die Hohlräume der Nase verengten sich und schützten so vor zu viel einströmendem Mief.
Die gemessenen Effekte fielen allerdings nur minimal aus, geben Susskind und Co zu. Emotionale Gesichtsausdrücke scheinen demnach vor allem als soziales Kommunikationsmittel wichtig zu sein. Doch auch wenn deren sinnesphysiologische Relevanz inzwischen verblasst sein mag, könnten sich hinter panischen Blicken und gerümpften Nasen tatsächlich evolutionäre Spuren verbergen. Darwin würde erfreut die Augenbrauen lupfen.
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