Klimatologie: Das 2. Christkind
Die neue Wirbelsturmsaison beginnt jetzt wieder - und weckt die Angst vor den Windmonstern. Ein neu entdecktes Klimaphänomen könnte nun die Prognosen verbessern helfen: Es ähnelt El Niño, kündigt sich aber verlässlicher an.
Mit Andres kam das Chaos: Der erste tropische Sturm des Jahres 2009 rauschte Ende Juni mit Sturmböen und Dauerregen über Acapulco hinweg, setzte die Stadt unter Wasser, brachte einigen hundert Menschen Obdachlosigkeit und kostete einem Fischer das Leben, weil sein Boot kenterte. Ansonsten kam die mexikanische Pazifikküste diesmal jedoch noch glimpflich davon – ob dies bis zum Ende der Saison bleibt, kann aber noch keiner sagen: Zu lückenhaft sind die Prognoseinstrumente der Meteorologen. Auf der atlantischen Seite Amerikas wappnet man sich immerhin für die Wirbelsturmperiode mit einer Namensliste, die von Ana bis Wanda reicht. Und sollte das nicht genügen, weichen die Hurrikanforscher noch auf das griechische Alphabet aus, wie es im Rekordjahr 2005 nötig war, als sich zum Abschluss "Epsilon" bildete.
Nun hoffen Atmosphärenforscher um Hye-Mi Kim vom Georgia Institute of Technology, dass sie die Vorhersagen zukünftig stark verbessern können – und setzen dazu ganz aufs Christkind. Dieses nennt sich in Fachkreisen El Niño, weil es alle drei bis sieben Jahre stets um die Weihnachtszeit auftritt. Als "Geschenk" verändert es die Meeres- und Klimabedingungen im Pazifik und beeinflusst damit den ganzen Globus: Das normalerweise dominierende kalte Wasser vor der südamerikanischen Küste wird von wärmeren Strömungen überlagert, und sintflutartige Regenfälle lösen die Trockenheit auf dem angrenzenden Festland ab. Im ansonsten feuchten südostasiatischen Inselreich herrscht dagegen Dürre, und der indonesische Regenwald brennt wie Zunder.
Dennoch reicht sein langer Arm bis in den Atlantik, wo seine Fernwirkung allerdings weniger friedfertig ausfällt als jene des klassischen Christkinds: Immer wenn Modoki erscheint, bilden sich mehr und stärkere Hurrikane im Atlantik, die schließlich auf das Festland ziehen, als in anderen Jahren. Denn der Pazifik heizt sich dann nicht kontinuierlich auf, sondern es verschärfen sich sogar noch die Temperaturgegensätze zwischen dem zentralen und dem östlichen Bereich. Dadurch verändert sich die Zirkulation in der Atmosphäre, und die Scherwinde über dem Atlantik kommen nahezu zum Erliegen. Optimale Keimungsbedingungen für Hurrikane wie etwa 2004 sind die Folge: Die NOAA kündigte eigentlich eine unterdurchschnittliche Wirbelsturmsaison an, weil sie einen El Niño erwartete. Stattdessen war die Zyklonenaktivität ungewöhnlich hoch, die sich vor allem in der Karibik und dem Golf von Mexiko austobte. 3000 Menschen starben, und es entstanden 40 Milliarden Dollar Sachschaden.
Insgesamt rechnet die US-amerikanische Wetter- und Ozeanbehörde NOAA 2009 mit einem durchschnittlichen Jahr und 9 bis 14 benannten Stürmen, von denen rund die Hälfte Hurrikanstärke erreichen könnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass mehr oder weniger Windmonster die Karibik und die US-Golfküste zerzausen, liegt jedoch bei jeweils 25 Prozent. Eine große Ungenauigkeit, die beispielsweise für Katastrophenschützer oder Rückversicherer ärgerlich ist: Sie müssen ihre Hilfskapazitäten beziehungsweise Jahresbeiträge schon lange vor dem April und Mai festlegen und damit vor dem Saisonauftakt. Hausen jedoch mehr zerstörerische Stürme, reichen die Kapazitäten oder die verlangten Raten womöglich nicht, und die Versicherungskonzerne müssen draufzahlen.
Nun hoffen Atmosphärenforscher um Hye-Mi Kim vom Georgia Institute of Technology, dass sie die Vorhersagen zukünftig stark verbessern können – und setzen dazu ganz aufs Christkind. Dieses nennt sich in Fachkreisen El Niño, weil es alle drei bis sieben Jahre stets um die Weihnachtszeit auftritt. Als "Geschenk" verändert es die Meeres- und Klimabedingungen im Pazifik und beeinflusst damit den ganzen Globus: Das normalerweise dominierende kalte Wasser vor der südamerikanischen Küste wird von wärmeren Strömungen überlagert, und sintflutartige Regenfälle lösen die Trockenheit auf dem angrenzenden Festland ab. Im ansonsten feuchten südostasiatischen Inselreich herrscht dagegen Dürre, und der indonesische Regenwald brennt wie Zunder.
Während die Menschen dort unter der verrückt spielenden Witterung leiden, verschafft das Christkind immerhin den Bewohnern der Karibik und im Südosten der USA Erleichterung: Die von El Niño ausgelösten Scherwinde in den höheren Schichten der Atmosphäre zerfleddern die meisten Hurrikane schon im Ansatz und sorgen daher für einen ruhigen Sommer. Umgekehrt verhält es sich in La-Niña-Jahren, wenn die kalte Schwester ihren Bruder ablöst, sie die Atmosphäre wieder stabilisiert und die Wirbelstürme von der Leine lässt. Wann genau beide erscheinen, können die Forscher allerdings nur kurzfristig ermitteln und somit bleiben die Prognosen vom Frühling stets vage. In den letzten 150 Jahren jedenfalls gab es unter El Niño seltener derartige Naturkatastrophen, die auch nur halb so hohe Schäden auf dem Festland hinterließen, als unter La Niña.
Doch das Christkind ist nach den neuen Erkenntnissen komplizierter als bislang gedacht – und hat auch noch einen bösen Stiefbruder: El Niño Modoki, was aus dem Japanischen kommt und "ähnlich, aber unterschiedlich" bedeuten soll. Wie der klassische Niño kehrt er periodisch wieder und heizt das Meer auf, er beschränkt sich dabei aber auf den zentralen Pazifik und dringt nicht bis Südamerika vor.
Dennoch reicht sein langer Arm bis in den Atlantik, wo seine Fernwirkung allerdings weniger friedfertig ausfällt als jene des klassischen Christkinds: Immer wenn Modoki erscheint, bilden sich mehr und stärkere Hurrikane im Atlantik, die schließlich auf das Festland ziehen, als in anderen Jahren. Denn der Pazifik heizt sich dann nicht kontinuierlich auf, sondern es verschärfen sich sogar noch die Temperaturgegensätze zwischen dem zentralen und dem östlichen Bereich. Dadurch verändert sich die Zirkulation in der Atmosphäre, und die Scherwinde über dem Atlantik kommen nahezu zum Erliegen. Optimale Keimungsbedingungen für Hurrikane wie etwa 2004 sind die Folge: Die NOAA kündigte eigentlich eine unterdurchschnittliche Wirbelsturmsaison an, weil sie einen El Niño erwartete. Stattdessen war die Zyklonenaktivität ungewöhnlich hoch, die sich vor allem in der Karibik und dem Golf von Mexiko austobte. 3000 Menschen starben, und es entstanden 40 Milliarden Dollar Sachschaden.
Im Gegensatz zu El Niño lässt sich Modoki allerdings besser vorhersagen, denn er zeigt sich früher und deutlicher. Die Forscher wissen zwar noch nicht genau, warum das so ist, sie hoffen jedoch, mit seiner Hilfe ihre Hurrikanprognosen entscheidend verbessern zu können. Für die Betroffenen ist dies vielleicht nur ein schwacher Trost: Seit 1990 drängt sich der Stiefbruder des Christkinds aus unbekannten Gründen zunehmend in den Vordergrund – und das sind keine guten Wetteraussichten für die Karibik.
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