Invasive Arten: Der Killer ist nur Hausbesetzer
In unseren Flüssen geht etwas vor sich – mit weit reichenden Folgen für das Ökosystem. Denn in Fließgewässern macht sich seit rund 25 Jahren der eingeschleppte Große Höckerflohkrebs (Dikerogammarus villosus) breit und sorgt damit für einen massiven Schwund bei einheimischen Kleinkrebsen, die zur Basis der Nahrungskette gehören. Dieser massive Einfluss trug der Art aus dem Schwarzen Meer den Beinamen "Killer-Shrimp" ein. Doch den Titel trägt der Höckerflohkrebs wohl etwas zu Unrecht, wie Münchner Forscher um Sebastian Beggel von der Technischen Universität mit einer Studie belegen können. Der wahrscheinlich im Ballastwasser von Flussschiffen mitgeführte Einwanderer trage zwar tatsächlich seinen Teil zum Schwund bei, doch sorge er dafür eher indirekt als eine Art Hausbesetzer, so die Biologen. Der Höckerflohkrebs verzehrt demnach nicht übermäßig viele seiner Verwandten, entsprechend löst er ihr Verschwinden auch nicht aus. Vielmehr besetzt er die Unterschlüpfe und Verstecke der hiesigen Kleinkrebse und verdrängt sie daraus.
Dadurch müssen sich die lokalen Flohkrebse (Gammarus pulex) verstärkt im offenen Wasser tummeln – wo sie den ebenfalls aus der Schwarzmeerregion zugewanderten Schwarzmundgrundeln (Neogobius melanostomus) zum Opfer fallen. Diese fressen bevorzugt Gammarus pulex, da er eine optimale Größe aufweist. Selbst wenn andere Beute vorhanden ist, delektieren sich die Fische dann am liebsten an den einheimischen Flohkrebsen – zumindest legen dies verschiedene Aquarienexperimente der Wissenschaftler nahe. In Becken mit Versteckmöglichkeiten, in denen sich ausschließlich einheimische Krebse und Grundeln befanden, endeten nur neun Prozent der Flohkrebse im Magen der Fische. Befanden sich darin auch die Großen Höckerkrebse, stieg die Zahl auf bis zu 60 Prozent. "Das Verschwinden der einheimischen Flohkrebse in den Flusssystemen geht auf das Zusammenspiel der beiden invasiven Arten zurück", so Beggel und Co. Wie dramatisch dies für den hiesigen Flohkrebs ausgehen kann, belegt eine Feldstudie aus der bayerischen Donau: Zwischen Kelheim und der österreichischen Grenze ging den Forschern praktisch kein Gammarus pulex mehr ins Netz.
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