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Paläontologie: Der Unbekannte aus der Trias

Fast vollständig erhalten haben US-amerikanische Paläontologen zwei Skelette eines bislang unbekannten Theropoden gefunden. Tawa hallae ist eine Sensation – auch weil er Licht ins Dunkel der frühen Dinosaurierevolution bringt.
Künstlerische Zeichnung des Sauriers <i>Tawa hallae</i>
Als Wanderer im Jahr 2004 ins Ruth Hall Museum für Paläontologie in Abiquiu im Norden von New Mexico kamen und sagten, sie hätten einige Knochen entdeckt, dachte sich der Kurator Alex Downs vermutlich nicht viel dabei. Die Steinbrüche um die ehemalige Farm Ghost Ranch im Süden Nordamerikas gelten als reiche Fundgruben für Fossilien aus der Trias. Hier entdeckte der berühmte Dinosaurierforscher Edwin Colbert 1947 hunderte Skelette des Fleisch fressenden Coelophysis, und seither finden Hobby- und Profipaläontologen immer wieder Fossilien aus der Zeit vor 250 bis 201 Millionen Jahren. Sogar Fossiliengrabungen für Touristen bietet das Museum an.

Steinbrüche nahe der Ghost Ranch in New Mexico | Die Steinbrüche nahe der Ghost Ranch in New Mexico im Süden Nordamerikas gelten als Fundgrube für Fossilien aus der Trias. Hier fanden Forscher um den Paläonotologen Sterling Nesbitt die gut erhaltenen Skelette mehrerer Theropoden, die sie Tawa hallae nannten.
Doch als Alex Downs dann während eines solchen Touristengrabungskurses im Hayden-Steinbruch buddelte, fand er Knochen, die ungewöhnlich gut erhalten waren. Er präsentierte sie einigen Kollegen, unter anderem dem Paläontologen Sterling Nesbitt von der University of Texas. "Als wir die Knochen sahen, ist uns die Kinnlade runter gefallen", sagt Nesbitt. Ihm war sofort klar: Das hier ist etwas ganz Besonderes. 2006 wurde die Grabung fortgesetzt, diesmal unter Nesbitts Leitung.

Hundegroßer Fleischfresser

Die Forscher hatten Erfolg. Was sie nun der Öffentlichkeit präsentieren, ist in der Tat ein ungewöhnlicher Fund – auch weil er den bislang geltenden Stammbaum der Saurier ein wenig durcheinanderwirbelt. Nesbett und sein Team fanden zwei sehr gut erhaltene Skelette und einige in Teilen erhaltene Fossilien eines bislang unbekannten Fleisch fressenden Dinosauriers. Tawa hallae tauften die Forscher das Tier – Tawa nach dem Hopi-Namen für einen Sonnengott, hallae nach Ruth Hall, einer berühmten Hobbypaläontologin.

Skelett von Tawa hallae | Das fast vollständig erhaltene Skelett, das die Forscher fanden, stammt von einem noch nicht ausgewachsenen Exemplar. Seine Krallen, die hohlen Knochen, die scharfen Zähne und Luftsäcke an Halswirbeln und Hirnschädel lassen ihn sicher den Theropoden zuordnen.
Tawa hallae lebte vermutlich vor 214 Millionen Jahren. Er bewegte sich auf zwei Beinen fort, hatte eine schmale Schnauze, einen längeren Hals und einen langen Schwanz. Das am vollständigsten erhaltene Skelett misst von Schnauze zu Schwanzspitze etwa zwei Meter, und erreicht mit einer Hüfthöhe von etwa 70 Zentimetern die Größe eines großen Hundes. Es stammt allerdings von einem noch nicht vollständig ausgewachsenen Exemplar.

Der Saurier hatte zudem große Klauen an den Vorderarmen, scharfe Zähne, hohle Knochen und Luftsäcke in seinen Nackenwirbeln und am Hirnschädel – alles Eigenschaften von so genannten Theropoden, zu denen auch der wesentlich jüngere Tyrannosaurus rex und der Velociraptor zählen. Die Theropoden gelten als die Vorfahren heutiger Vögel.

Künstlerische Zeichnung des Sauriers Tawa hallae | Fossilien aus der Trias sind ohnehin selten – umso mehr derart gut erhaltene wie die des nun entdeckten Theropoden.
Bindeglied zu älteren Fossilien

Was den Fund wirklich interessant macht, sind aber nicht allein die Eigenschaften, die Tawa hallae mit späteren Theropoden gemein hat – sondern vor allem die Charakteristika, die ihn mit einem älteren Dinosaurier in Verbindung bringen: dem Herrerasaurus, der 1960 in Argentinien gefunden wurde und etwa 228 Millionen Jahre alt ist. Der Herrerasaurus hat einiges mit den Theropoden gemein – etwa Klauen, Zähne und das Becken –, ihm fehlen aber auch bestimmte Elemente. Darum war es Paläontologen bislang nicht möglich, ihn eindeutig einer Gruppe zuzuordnen.

"Mit Tawa haben wir nun die Antwort", sagt Nesbitt. Denn der neu entdeckte Dinosaurier erweist sich als Bindeglied zwischen dem frühen Herrerasaurus und späteren Gattungen wie dem Tyrannosaurus – und erhärtet dadurch die Theorie, dass alle Fleisch fressenden Saurier der Gruppe der Theropoden angehörten. Gleichzeitig aber erweist sich der Tawa hallae auch als Mix von Charakteristika, die bislang nur Saurier aus gänzlich unterschiedlichen Regionen aufwiesen.

Abstammung der Saurier entsprechend dem Tawa-Fund | Aus Analysen der Verwandtschaft von Tawa mit anderen Sauriern entwickelten die Forscher eine neue Abstammungslinie. Demnach stammen die Saurier aus Südamerika, wo sie sich schnell in Ornithischia (wie Triceratops), Sauropodomorpha (wie Apatasaurus) und Theropoden (wie Tyrannosaurus rex) entwickelten.
Der Fund von Talla hallae war aber nicht die einzige Überraschung für Nesbitt und sein Team. Denn die Forscher fanden auch die Knochen weiterer Theropoden im Hayden-Steinbruch: "Eigentlich würde man vermuten, dass mehrere Fleisch fressende Dinosaurier in einer Region nah miteinander verwandt wären", sagt Nesbitt. Die Fossilien aber stammten von gänzlich verschiedenen Sauriern. Einer war ein Verwandter des Coelophysis, der in der Region häufig vorkam, ein anderer ein Verwandter des Herrerasaurus. Statt von einem lokalen Vorfahren stammten die nun gefundenen Dinosaurier also von ganz verschiedenen Gattungen ab, die jeweils aus Südamerika stammten.

Ursprung und Wanderungen der Saurier

Künstlerische Zeichnung des Tawa-hallae-Schädels | Besondere Kennzeichen des neu entdeckten Sauriers: eine Reihe scharfer Zähne und ein lang gezogener Schädel
Die Forscher vermuten daher, dass die Dinosaurier in Südamerika ihren Ursprung haben – besser gesagt: in dem Teil des damaligen Superkontinents Pangäa, der dem heutigen Südamerika entspricht. Dort entwickelten sie sich vermutlich sehr schnell in die drei Ordnungen der Fleisch fressenden Theropoden, der Pflanzen fressenden Sauropodomorphae und der Ornithischia, zu denen auch der Triceratops gehört. Gleichzeitig starteten sie mehrere Wanderungsbewegungen, die sie unter anderem in die Regionen des heutigen Nordamerika brachten.

Grabung im Hayden-Steinbruch in New Mexico | 2004 stolperten Wanderer über einen Knochen, 2006 begann die professionelle Grabung. Und noch immer finden die Wissenschaftler in dem Steinbruchareal weitere Knochen. Hier graben Sterlin Nesbitt von der University of Texas (rechts) und sein Kollege Randall Irmis vom Utah Museum of Natural History (links).
Vielleicht werden weitere Funde aus dem Hayden-Steinbruch diese Theorien noch erhärten. Seit der ersten professionellen Grabung im Jahr 2006 stoßen die Forscher dort immer wieder auf neue Funde. Das Fossilienbett erstreckt sich entlang der Hänge über mehr als zehn Meter – und verspricht noch Jahre anstrengender Arbeit für Paläontologen aus aller Welt.
  • Quellen
Nesbitt, S. et al.: A Complete Skeleton of a Late Triassic Saurischian and the Early Evolution of Dinosaurs. In: Science 326, S. 1530–1533, 2009.

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