Fund in den USA: Jahrtausendealte Kiefern schmelzen aus dem Eis der Rocky Mountains
Die globale Erwärmung nagt an den Eisflächen der Erde. Diese schmelzen und geben teils jahrtausendalte Funde frei. So auch in den Rocky Mountains, wo Forschende auf dem Beartooth Plateau im US-Bundesstaat Wyoming mehr als 30 Baumstämme entdeckten, die dort vor rund 5900 bis 5400 Jahren wuchsen, umstürzten und anschließend fest von Eis umschlossen wurden. Fachleute um Gregory Pederson vom Northern Rocky Mountain Science Center fanden die Weißstämmigen Kiefern (Pinus albicaulis) auf ungefähr 3100 Meter Höhe, zirka 180 Meter über der heutigen Baumgrenze. Aus dem Fundort und aus Analysen der Hölzer folgern die Wissenschaftler, dass die klimatischen Bedingungen für mehrere Jahrhunderte feuchter und günstiger waren als zuvor, sich vor 5400 Jahren aber wieder verschlechterten, was die Bäume wohl absterben ließ. Die Ergebnisse veröffentlichte das Team am 30. Dezember 2024 im Fachblatt »PNAS«.
Die Hölzer lagen auf dem Beartooth Plateau jahrtausendelang in einem Eisfleck. Anders als Gletscher bewegen sich solche Formationen nicht, weil sie zu wenig Masse haben. Völlig starr bleiben sie aber auch nicht: Schneit es kräftig im Winter und ist es im Sommer kalt, wachsen sie – fällt kein Niederschlag und ist die Witterung noch dazu mild, schrumpfen die Eisflecken. Wie in jüngster Zeit am erwähnten Fundplatz in den Rocky Mountains, wo die Eisflecken mehrere hundert Meter Durchmesser aufweisen.
Um den einstigen Klimaverlauf zu rekonstruieren, untersuchte das Team die Jahresringe der Hölzer und nahm Proben aus den Eisflecken, um etwa darin eingeschlossene Pollen auszuwerten. So zeigte sich, dass mindestens von vor 6500 bis vor 5500 Jahren Bäume am Fundplatz wachsen konnten. Die Sommer dürften damals eher kühl gewesen sein, die Winter aber sehr mild, was zu günstigen feuchten Bedingungen führte. In den warmen Monaten lag die durchschnittliche Temperatur bei 6,2 Grad Celsius. Vor mehr als 5400 Jahren fiel sie dann auf 5,8 Grad. Einige Jahrhunderte später verringerte sich die Temperatur nochmals und förderte die Entstehung von Eisflecken.
Auslöser für den Temperaturknick waren sehr wahrscheinlich Vulkanausbrüche auf der Nordhalbkugel, die über Jahrhunderte Staub in die Atmosphäre wirbelten und das Sonnenlicht abdunkelten. Zudem verringerte sich die Sonneneinstrahlung im Sommer, was durch Veränderungen in der Erdumlaufbahn bedingt war. Die kühle Phase dauerte bis ins 20. Jahrhundert an.
Laut den Forschern ist es möglich, dass sich die Baumgrenze durch die derzeitige Klimaerwärmung wieder verschiebt und auf höhere Hanglagen wandert. In jüngster Zeit betrug die Sommertemperatur auf dem Eisfleck zirka 6,5 Grad oder mehr – das sei ein Anstieg um mehr als 1,2 Grad verglichen mit den Bedingungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ob sich die Baumgrenze verschiebe, hänge allerdings von weiteren Faktoren ab wie Feuchtigkeit, Niederschlag, Wind und menschlichem Zutun. Sicher ist jedoch: Bleibt weniger Schnee liegen, fließt im Sommer auch weniger Schmelzwasser ab. Das habe Folgen für den Wasserhaushalt der Region und den Betrieb von Stromkraftwerken.
Anmerkung der Redaktion vom 17. Januar 2025: Wir haben die im Artikel beschriebenen Klimabedingungen in der Vergangenheit präzisiert und die veränderte Sonneneinstrahlung berücksichtigt.
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