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Ratgeber: Mit Humor geht alles besser

Wer immer verbiestert dreinschaut, nervt nicht nur seine Mitmenschen, sondern macht zudem seinem Gehirn die Arbeit unnötig schwer. Auch Schüler danken es mit besseren Leistungen, wenn ihr Lehrer Sachverhalte amüsant präsentiert.
Eine Lehrerin und 4 Schüler*innen schauen vergnügt lächelnd in einen Laptop.

Angenommen, Sie fänden sich unversehens in einem fremden Land mit einer Ihnen unbekannten Kultur und unverständlichen Sprache wieder. Womit ließe sich wohl am besten der erste Kontakt zur einheimischen Bevölkerung aufbauen? Richtig, mit einem freundlichen Lächeln. Denn dieses mimische Signal vermittelt weltweit dieselbe Information: Ich bin ein Freund, mit mir ist gut Kirschen essen.

Schon der Begründer der Evolutionstheorie Charles Darwin (1809-1882) postulierte den Esperantocharakter von Lachen und Lächeln. Den ersten konkreten Nachweis aber erbrachte der amerikanische Psychologe Paul Ekman von der University of California in San Francisco, der in den 1970er Jahren sein »Facial Action Coding System« entwickelte und damit erstmals feinste Muskelbewegungen im Gesicht erfassen konnte. Auf seinen Forschungsreisen rund um den Globus kategorisierte er damit tausende unterschiedlicher Gesichtsausdrücke bei verschiedenen Völkern. Ergebnis: Die grundlegenden Emotionen äußern sich

Schon im Jahr 1900 beschrieb der französische Philosoph Henri Bergson (1859-1941) die soziale Funktion des Lachens: »Unser Lachen ist stets das Lachen einer Gruppe. Das freieste Lachen setzt immer ein Gefühl der Gemeinsamkeit, fast möchte ich sagen, der Hehlerschaft mit anderen Lachern voraus.« Ein Lächeln kann im Umgang mit Fremden entwarnend wirken oder gar einen Sieg signalisieren – etwa den über die eigene Angst vor anderen Menschen. Lachen erlaubt uns auch, Abstand von Niederlagen zu erlangen. »If you can laugh at it, you can survive it«, traf der Komiker Bill Cosby den Nagel auf den Kopf: Worüber man lachen kann, darüber kann man auch hinwegkommen.

Uralte Lachzentren im Gehirn

Die amerikanische Neurobiologin Lise Eliot von der Chicago Medical School hält das soziale Lächeln gar für einen der wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung des Menschen. Vermutlich lächelten und lachten unsere Vorfahren schon lange, bevor sie zu sprechen begannen. Denn die Sprachzentren liegen in der entwicklungsgeschichtlich jüngeren Hirnrinde, während am Lachen ältere Gehirnregionen wie der Hypothalamus mitwirken, die auch für grundlegende Emotionen wie Angst und Freude zuständig sind.

Am häufigsten lachen Babys und Kleinkinder, nämlich ungefähr 400-mal am Tag. Bereits im Alter von zwei bis drei Monaten huscht das erste absichtliche Lächeln über das Säuglingsgesicht. Damit signalisiert es: »Ich bin offen für Kontakt!« Dies gilt auch für Babys, die gehörlos oder blind zur Welt kommen.

Studienergebnisse von Lachforschern

sollten allen finster dreinblickenden Eltern und humorlosen Pädagogen zu denken geben. Mit folgendem Spiel gibt es sicherlich genug Anlass zum Lachen!

Meister der Grimasse (ab drei Jahren)

Alle Mitspieler stehen in einer Reihe hintereinander, mit dem Gesicht zum Hinterkopf des jeweiligen Vordermanns. Nun dreht sich der Erste zu seinem Hintermann um und zieht eine lustige Grimasse. Das darf diesen nicht zum Lachen bringen, sonst scheidet er aus. Konnte er ernst bleiben, dreht er sich nun zum nächsten Teilnehmer um und wiederholt entweder die zuvor gesehene Grimasse oder entwickelt eine neue. So geht die Grimassenpost munter weiter bis zum letzten Mitspieler in der Reihe. Jeder, der lacht, scheidet aus, bis zum Schluss der „Meister der Grimasse“ übrig bleibt. Zur Belohnung darf er allen anderen seine hässlichste oder komischste Grimasse vorführen.

Weitere Vorschläge finden Sie im Digitalratgeber

Etwa ab dem vierten Lebensmonat setzt dann das richtige Lachen ein, das im Unterschied zum Lächeln nicht willentlich steuerbar ist, sondern reflexhaft geschieht. Es entsteht zunächst über Körperkontakt, etwa wenn die Mutter das Baby liebevoll an sich drückt und dabei lustige Geräusche macht. Mit ungefähr einem halben Jahr reagiert das Kind dann auch auf komische Ereignisse, zum Beispiel wenn das Gegenüber plötzlich einen Schluckauf bekommt.

Im Kindergartenalter entdecken Kinder die Wortkomik. Sie haben Spaß an verbalem Unsinn, Wortspielen und Zungenbrechern. Wenn sie andere Kinder zum Lachen bringen, dann machen sie die wichtige Erfahrung, dass andere sich für sie interessieren und dass sie beliebt sind.

Um verbalen Humor zu verstehen, muss allerdings nach Ansicht der Verhaltensbiologin Gabriele Haug-Schnabel von der Universität Freiburg die geistige und soziale Entwicklung eines Kindes so weit fortgeschritten sein, dass es Abweichungen von der Norm erkennt und als lustig empfindet. Erst wenn es die realitätsverzerrte Perspektive eines Witzes begreift, kann es den Humor als Kitzeln des Geistes genießen. Den Jüngsten gegenüber müssen wir Ironie oder Sarkasmus vermeiden, denn damit können sie nicht umgehen. So wird ein Kleinkind, das seinen Kakao verschüttet hat, auf die ironische Äußerung »Das hast du aber toll hingekriegt!« eher verwirrt reagieren.

Während im Kindergarten noch herzhaft gelacht werden darf, beginnt mit der Einschulung leider oft der so genannte Ernst des Lebens. Offenbar gilt hier die Regel: Wer lacht, lernt nicht. Entsprechend wird auch der Humor in der Schulpädagogik völlig vernachlässigt. Ein großer Fehler, denn Schüler lernen besser, wenn Lehrer im Unterricht den Schulstoff amüsant präsentieren.

Um beispielsweise das Konzept »Hilfsverb« zu erläutern, kann man die Kinder sich auf ihren Banknachbarn stützen lassen. Dann gräbt sich das Wissen, dass diese Wörter nicht »auf eigenen Beinen stehen« können, dauerhafter ins Gedächtnis ein. Manchmal bringt auch ein lockerer Spruch die Sache auf den Punkt – und erhöht zudem die Chance, dass sich die Schüler später noch daran erinnern.

Auch einfach nur lachen scheint das Gedächtnis zu fördern. Die amerikanische Psychologin Kristy Nielson, damals an der Marquette University in Wisconsin, las Testpersonen eine Liste mit 30 Wörtern vor und zeigte der einen Hälfte der Probanden eine halbe Stunde danach einen witzigen Videoclip. Eine Woche später konnten sich diese Teilnehmer noch an doppelt so viele Begriffe erinnern wie die Vergleichspersonen, die nach der Wortliste nichts zum Lachen bekamen.

Der Tübinger Erziehungswissenschaftler Dieter Kassner stellte mittels einer Fragebogenerhebung fest, dass ein gewisses Maß an pädagogischer Erheiterung ein entspanntes, angstfreies Unterrichtsklima schafft. Außerdem können Kinder, die viel zu lachen haben, ihre Aggressionen besser abbauen. Davon profitieren nicht nur sie selbst, sondern die ganze Klasse.

Gute Laune befreit und beflügelt die Kreativität

Hinzu kommt: Lachen ist gesund! Und es verbessert die Leistungsfähigkeit unseres Denkorgans. Denn laut dem kanadischen Psychologen und Lachforscher Rod Martin beschleunigt Lachen unter anderem den Herzschlag und erhöht so die Sauerstoffversorgung des Gehirns. Außerdem verschafft Humor uns eine Pause von den Problemen des Alltags und Momente der Befreiung. Wer lernt, sich über seine Missgeschicke zu amüsieren, anstatt den Ärger in sich hineinzufressen, fördert seine Kreativität und findet leichter Problemlösungen.

Dabei ist es nicht einmal nötig, ständig lauthals zu prusten, um die Denkleistung zu verbessern: Schon ein zurückhaltendes Lächeln bewirkt unter Umständen einiges. Denn nach der »Facial-Feedback-Theorie« kann das Verändern der Gesichtsmuskulatur die dazu passende Emotion hervorrufen oder zumindest verstärken. Diesen Einfluss von Körpersignalen auf unser Denken nennen Forscher auch Bodyfeedback.

Wer also bewusst ein Lächeln zu Stande bringt, wird demnach mit besserer Laune belohnt. So fanden die Psychologin Lioba Werth, damals an der Universität Würzburg, und ihre Mitarbeiter heraus, dass wir mit unserer Gestik und Mimik unsere Stimmung steuern können: »Ein positiv-offener Ausdruck gibt unserem Gehirn zu verstehen, dass wir uns gerade in einer entspannten, lockeren und damit sicheren Atmosphäre befinden, und stimmt es auf die Verarbeitung positiver Inhalte ein.«

Also: Lächeln Sie öfter mal Ihrem Spiegelbild zu, damit sich positive Gedanken einstellen – dann kommt auch Ihr Denkapparat in Schwung!

Lachen – die beste Medizin

Seit etwa 50 Jahren beschäftigen sich Forscher mit den Auswirkungen des Lachens auf den Gesundheitszustand des Menschen. Einer der Auslöser dafür, den therapeutischen Nutzen des Humors wissenschaftlich zu erkunden, war der Fall des Journalisten Norman Cousins (1915–1990), der in den 1960er Jahren an der Wirbelsäule erkrankte. Als ihm die Ärzte nicht gegen die starken Schmerzen helfen konnten, verordnete er sich selbst eine Lachkur. Er sah sich stundenlang Slapstick-Filme an und las wie am Fließband witzige Bücher. Mit durchschlagendem Erfolg: Nach zehn Monaten habe er keine Beschwerden mehr gehabt, so Cousins.

Einer der Begründer der Gelotologie, der Lachforschung (von griechisch gelos: das Lachen), ist William F. Fry. Bei Selbstversuchen, in denen er etwa während des Betrachtens eines „Dick und Doof“-Films in regelmäßigen Abständen Blutproben nehmen und analysieren ließ, stellte der Professor von der Stanford University fest, dass die Aktivi­tät bestimmter Immunzellen, der „natürlichen Killerzellen“, beim Lachen ansteigt. 1964 gründete Fry ein Institut für Humorforschung.

Inzwischen ist die „Science of Pleasure“ eine weltweit anerkannte Disziplin. Forscher wie der Immunologe Lee S.  Berk, Professor an der Loma Linda University in Kalifornien, oder der Tuttlinger Psychologe Michael Titze gingen der medizinischen Wirkung des Lachens in zahlreichen klinischen Versuchen auf den Grund. Folgende Veränderungen sind inzwischen experimentell nachgewiesen:

  • Die Zahl unserer Blutkörperchen erhöht sich, was die Herstellung körpereigener Antikrebsstoffe beschleunigt.

  • Wenn wir lachen, werden körpereigene Opiate ausgeschüttet sowie die Catecholamine Adrenalin und Noradrenalin, die schmerzstillend und stimulierend wirken.

  • Die Produktion von Immunzellen und -botenstoffen, die für die Bekämpfung von Krankheitserregern zuständig sind, steigt an.

  • Der Spiegel des Immunblockers Cortisol, der unter Dauerstress ständig zu hoch ist, reduziert sich dramatisch.

  • Die Antikörperpegel in Blut und Speichel steigen an.

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