Direkt zum Inhalt

Myelin: Schadet ein Marathon dem Gehirn?

Die Daueranstrengung zehrt an den Nervenzellen: Die Myelinhüllen werden während eines Marathonlaufs in einigen Hirnregionen dünner. Die Regeneration dauert Wochen.
Mehrere Läufer in Bewegung auf einer Straße, ihre Schatten fallen deutlich auf den Asphalt. Die Szene zeigt dynamische Bewegung und Energie, während die Läufer in verschiedenen farbigen Sportschuhen laufen. Die Perspektive betont die Schatten der Läufer, die sich auf dem Boden abzeichnen.
Schattenseiten eines Marathon-Laufs: Sind alle Energiereserven verbraucht, baut sich im Gehirn mancherorts die Myelinschicht ab.

Laut einer Studie, die im Fachblatt »Nature Metabolism« erschienen ist, kommt es während eines Marathonlaufs in bestimmten Hirnregionen zu einem Verlust an Myelin – jener isolierenden Umwicklung der Nervenfortsätze, die eine schnellere Reizweiterleitung ermöglicht. Zwei Monate nach dem Lauf hatten sich die Myelinschichten allerdings wieder vollständig regeneriert. Das Forschungsteam um Carlos Matute von der Universität des Baskenlandes geht davon aus, dass der Abbau lipidreicher Myelinmembranen während der körperlichen Höchstanstrengung dem Gehirn dringend benötigte Energie liefert.

Die spanischen Forscher untersuchten mit einer speziellen Variante der Magnetresonanztomografie das Gehirn von zehn Marathonläuferinnen und -läufern vor und bis zu zwei Tage nach dem 42-Kilometer-Lauf. Die Methode erfasst den Gehalt an Myelin durch Messung dessen Wasseranteils. Bei den acht Männern und zwei Frauen entdeckte die Arbeitsgruppe einen Rückgang des Myelingehalts in etlichen Hirnbereichen, darunter in solchen, die Bewegungen steuern und koordinieren. Nach zwei Wochen war die Myelinisierung in den betroffenen Gehirnregionen wieder deutlich gestiegen und erreichte bei einer erneuten Messung zwei Monate nach dem Lauf das Ausgangsniveau.

Dehydrierung als Ursache unwahrscheinlich

Dass die Messergebnisse eine lokale Dehydrierung des Gehirns widerspiegeln, halten die Autoren für unwahrscheinlich, zumal der Effekt auch noch zwei Tage nach dem Marathon erkennbar war. Vielmehr vermuten sie, dass Myelin bei extremer Dauerbelastung dem Gehirn als Energiereserve dient, da es zu ungefähr 70 Prozent aus Lipidmolekülen besteht. Diese würden möglicherweise, ähnlich dem Fett im Körper, zur Energiegewinnung verstoffwechselt, sobald die Glykogenreserven im Gehirn aufgebraucht seien. Glykogen ist ein Vielfachzucker, der im tierischen Organismus als Energiespeicher dient. Ob der zeitweilige Myelinverlust nach einem Marathon den Neuronen schadet und ob es dabei zu Einbußen in der Hirnfunktion kommt, bleibt offen. Der Abbau war in jedem Fall begrenzt, der größte Teil des Myelins erschien unangetastet, betonen die Autoren.

  • Quellen
Nature Metabolism, 10.1038/s42255–025–01244–7, 2025

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.