Quantencomputer: Neuartige Qudits könnten die Quanteninformatik revolutionieren

Quantencomputer rechnen fast immer mit Qubits. Dabei handelt es sich um Quanten-Informationseinheiten, die wie gewöhnliche Computerbits einer 0 oder 1 entsprechen, aber auch Überlagerungen aus beiden Werten annehmen können. Nun haben Forschende erste Anwendungen von »Qudits« gefunden: Quanten-Informationseinheiten, die aus drei oder mehr Zuständen bestehen.
Ein Team um Michael Meth von der Universität Innsbruck beschreibt in einer bei »Nature Physics« erschienenen Arbeit, wie sie mit »Qutrits« und »Ququints« (Qudits mit drei beziehungsweise fünf Zuständen) hochenergetische Teilchen simuliert haben, die durch ein elektromagnetisches Quantenfeld wechselwirken. Die Arbeit schließt an ein im September 2024 veröffentlichtes Ergebnis von Christian Bauer und Anthony Ciavarella vom Lawrence Berkeley National Laboratory an, die das Quantenfeld der starken Kernkraft mit Qutrits codierten.
Solche Simulationen von Quantenfeldern gelten als eine der vielversprechendsten Anwendungen von Quantencomputern. Diese könnten künftig Phänomene in Teilchenbeschleunigern oder chemischen Reaktionen vorhersagen, die gewöhnliche Computer nicht berechnen können. »Qudits sind für diese Aufgabe extrem gut geeignet«, sagt die theoretische Physikerin Christine Muschik, Koautorin der gegenwärtigen Arbeit, die 2016 gemeinsam mit ihren Kollegen an der Universität Innsbruck Pionierarbeit für solche Qudit-Simulationen geleistet hat. »Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich mir selbst raten: ›Warum Zeit mit Qubits verschwenden?‹«, sagt Muschik, die jetzt an der University of Waterloo tätig ist.
»Dieser Qubit-Ansatz ist nicht die Lösung für alles«, sagt Martin Ringbauer, Experimentalphysiker an der Universität Innsbruck und Hauptautor der aktuellen Arbeit. Für einige Probleme sei die Methode aber extrem hilfreich. Ganz allgemein können Qudits dazu beitragen, Berechnungen auf einem Quantencomputer effizienter und weniger fehleranfällig zu machen – zumindest in der Theorie. Denn als Qudit kann jede Recheneinheit, die zuvor ein Qubit codiert hat (etwa ein gefangenes Ion oder ein Photon), mehr Informationen enthalten. So könnten die Maschinen schneller skalieren.
Qudit-Methoden sind bisher weniger ausgereift als Ansätze, die auf Qubits basieren. Der Teufel steckt dabei im Detail: »Qudits sind komplizierter zu handhaben«, warnt der Experimentalphysiker Benjamin Brock von der Yale University in New Haven.
»Bestehende Qubit-Prozessoren wie die von IBM und Google können bereits als Qutrits betrieben werden«Machiel Blok, Physiker
Bei den meisten Quantencomputern werden die Qubits durch Quantensysteme erzeugt, die eigentlich aus viel mehr Zuständen bestehen. Ein solches System könnte also auch Qudits beherbergen. »Bestehende Qubit-Prozessoren wie die von IBM und Google können bereits als Qutrits betrieben werden und müssten nur geringfügig verändert werden, um als hochdimensionale Qudits zu funktionieren«, sagt der Physiker Machiel Blok von der University of Rochester in New York.
Für ihre Simulation von Quantenfeldern der starken Kernkraft codierten Ciavarella und Bauer Qutrits auf einem supraleitenden Quantenchip von IBM, der normalerweise als Qubit-Maschine verwendet wird. Ringbauer, Muschik und ihre Kollegen nutzten hingegen angeregte Zustände von Kalziumionen, die Fünf-Niveau-Ququints darstellten.
Künftig könnten solche Simulationen erklären, wie sich Quarks zu Protonen und Neutronen zusammenfügen oder wie Neutrinos in einer Supernova-Explosion zusammenstoßen. »Wir hoffen, dass es neue Effekte geben wird, die wir schon mit Quantencomputern bescheidener Größe identifizieren können«, sagt Martin Savage, Physiker an der University of Washington in Seattle.
Eine Quantenfehlerkorrektur für Qudits
Im Prinzip lässt sich jede Qubit-Berechnung auch mit Qudits beliebiger Dimension umsetzen – und umgekehrt: Jedes Qudit kann durch mehrere Qubits codiert werden. Je mehr Quanteninformationseinheiten jedoch gebraucht werden, desto eher kann es zu Berechnungsfehlern kommen. Die Ausführung eines Quantenalgorithmus auf Qudits könnte weniger Schritte erfordern und daher eine geringere Fehlerwahrscheinlichkeit aufweisen, sagt Muschik.
Fachleute haben ausgeklügelte Verfahren zur Quantenfehlerkorrektur entwickelt, die Fehler detektieren und beheben. Dazu verteilen sie die Informationen auf mehrere Qubits, um die Fehlerquote zu senken. Im Prinzip könnten Qudits den benötigten Überschuss reduzieren und dabei das gleiche Maß an Fehlerkorrektur bieten. Aus experimenteller Sicht sei das aber komplizierter, sagt Earl Campbell, Vizepräsident für Quantenwissenschaft bei Riverlane, einem Start-up-Unternehmen für Quantensoftware in Cambridge, Großbritannien. Man müsse dafür viele Kompromisse eingehen. »Einen Code für Qudits zu entwickeln, ist schwierig.«
In einer im September 2024 veröffentlichten Arbeit codierten Brock und sein Team ein Qudit durch die Energieniveaus von Mikrowellen in Hohlräumen. Sie nutzten dabei einige der zusätzlichen Qudit-Dimensionen, um die Redundanz der Informationen zu erhöhen und dadurch Fehler zu korrigieren. »Wir brauchen eine Quantenfehlerkorrektur mit Qudits, wenn sie langfristig nützlich sein sollen«, sagt Brock. »Aber bislang ist noch nicht ganz klar, wie ein Quantencomputer im großen Maßstab mit Qudits aussehen würde.«

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