Geologie: Neue alte Einblicke
Nichts bewegt uns so sehr auf Erden wie die Plattentektonik: Sie drückt Indien nach Asien, trennt Südamerika und Afrika, erzeugt hier Vulkane und lässt dort die Erde beben. Und sie hebt uralten Meeresboden auf Grönland empor und gewährt damit Einblicke in die Kindheit unseres Planeten.
Generationen von Geologen sind bereits über diesen gezerrten und gestauchten, gefalteten und gepressten Gesteinsstreifen im südwestlichen Grönland gelaufen oder geflogen und haben ihn mit Hammer und Meißel bearbeitet, um ihm Geheimnisse aus der Frühzeit der Erde zu entlocken. Bislang konzentrierte sich die Suche im so genannten Isua Supercrustal Belt auf mikroskopische Spuren ersten Lebens, die durch Bohrgänge von Mikroben, die prozentuale Verteilung bestimmter Kohlenstoff-Isotope oder Oxidationsspuren im Gestein nachgewiesen werden könnten.
Unscheinbares Gestein mit aufregendem Inneren
Auf den ersten Blick wirkt dieses Gestein wenig spektakulär, denn es sieht nur nach einer dichten, grauen Masse aus, die in jeweils dünnen Lagen übereinander gestapelt wurde. Die genauere Untersuchung lohnte sich jedoch: So ergab die radiometrische Datierung über das Verhältnis zwischen Uran und Blei sowie zwischen verschiedenen Isotopen des Bleis, dass sich die Felsen vor rund 3,8 Milliarden Jahren gebildet haben müssen – zu einer Zeit, als die Erde auch an ihrer Oberfläche noch bis zu 100 Grad Celsius heiß war und sich eine feste Kruste erst zu bilden begann. Furnes Fund ist also ein direkter Zeuge der damaligen Zeit.
Beide Ergebnisse zusammen warfen jedoch ein Rätsel auf, denn das zentrale, dicht gestapelte graue Felspaket – im Englischen als sheeted dike bezeichnet – entsteht nur entlang von mittelozeanischen Rücken. In deren Kammlinie dringt Magma ein, kristallisiert sich an den kühleren Rändern aus und drückt dabei neu formiertes Gesteinsmaterial zur Seite weg: Frische ozeanische Kruste entsteht, und die Erdplatten bewegen sich, wie in der Theorie der Plattentektonik klassisch beschrieben.
Ewig junge Plattentektonik
Bislang ging die geologische Lehre jedoch davon aus, dass die Plattentektonik erst vor 1,8 bis 2 Milliarden Jahren in Gang kam, da zuvor der Planet in seinem Inneren einfach noch zu heiß war, um langzeitig stabile Krusten zu entwickeln. Nach dieser Ansicht existierten noch keine mittelozeanischen Rücken als Quelle frischer Kruste und Subduktionszonen, an denen ältere Plattenteile wieder in die Tiefe abtauchten, dort aufgeschmolzen und receycelt wurden. Stattdessen versanken die vielen kleinen Platten – die von ebenfalls kleinen und vor allem schnellen Konvektionszellen im Mantel angetrieben wurden – wohl recht rasch wieder an besonders heißen Stellen wie in einer Art Treibsand.
Wo die Schwarzen Raucher sprudeln
Neben dem Alter der Plattentektonik sind noch viele weitere Fragen ungeklärt: Douglas Toomey von der Universität von Oregon in Eugene und sein Team könnten nun aber ein weiteres Bausteinchen hinzufügen [2]. Sie wollten wissen, warum an manchen Abschnitten von Ozeanrücken und untermeerischen Vulkanen sehr viele hydrothermale Quellen, so genannte Schwarze Raucher, sprudeln und an anderen nur wenige oder keine – und welche Rolle die Geotektonik dabei spielt. Mit einer Art Computertomografen und zahlreichen seismischen Messgeräten untersuchten sie am Ostpazifischen Anstieg (einem kleinen mittelozeanischen Rücken in der Nähe von Galapagos), wie Magma aus dem Mantel zur Kruste hinauftransportiert wird und welche Struktur das Mantelmaterial aufweist.
Darüber hinaus wird in getrennten wie symmetrischen Abschnitten die gleiche Menge an Gesteinsschmelze produziert und nach oben gefördert. Allerdings, so Toomey, erreicht sie die Oberfläche ausschließlich in Segmenten, wo Rücken und Magmenkammern parallel zueinander liegen. Und nur dort ergeben sich dann auch die hydrothermalen Quellen, in denen von der Magma aufgeheiztes mineralreiches Wasser austritt und außergewöhnliche Lebensgemeinschaften kreiert. In den anderen Bereichen dagegen erstarrt die Gesteinsschmelze unterwegs und verliert ihre leicht flüchtigen Bestandteile vorzeitig, weshalb die Schwarzen Raucher fehlen. Dennoch streben die Erdplatten entlang dem gesamten Rücken mit gleicher Geschwindigkeit auseinander, nur findet der aktive Prozess an der einen Stelle oberirdisch sichtbar und an anderer verdeckt in größerer Tiefe statt. Selbst scheinbar alte und zerfurchte Flecken sind in ihrem Inneren feurig und vor allem quicklebendig.
Auch Harald Furnes von der norwegischen Universität Bergen und seine Kollegen waren 2006 auf der Suche nach derartigen Zeichen des biologischen Urknalls der Erde [1]. Entdeckt haben die Wissenschaftler jedoch etwas völlig anderes, aber nicht minder Überraschendes: Das vielleicht älteste Stückchen Erdkruste, das der Forschung bekannt ist und ihr nun völlig neue Einblicke in die Plattentektonik gewähren könnte.
Unscheinbares Gestein mit aufregendem Inneren
Auf den ersten Blick wirkt dieses Gestein wenig spektakulär, denn es sieht nur nach einer dichten, grauen Masse aus, die in jeweils dünnen Lagen übereinander gestapelt wurde. Die genauere Untersuchung lohnte sich jedoch: So ergab die radiometrische Datierung über das Verhältnis zwischen Uran und Blei sowie zwischen verschiedenen Isotopen des Bleis, dass sich die Felsen vor rund 3,8 Milliarden Jahren gebildet haben müssen – zu einer Zeit, als die Erde auch an ihrer Oberfläche noch bis zu 100 Grad Celsius heiß war und sich eine feste Kruste erst zu bilden begann. Furnes Fund ist also ein direkter Zeuge der damaligen Zeit.
Die geochemische und geologischen Analyse wiederum zeigten, dass die Gesteinspartie zusammen mit benachbarten Elementen einen so genannten Ophiolithen aufbaut, der einst als Teil der ozeanischen Kruste entstanden sein muss. Diese besondere Formation besteht aus basischen und ultrabasischen Gesteinen wie Gabbro und anderen aus Magma hervorgegangenen Mineralkomplexen – darunter auch Kissenlava, die sich bei untermeerischen Ergüssen heißer Schmelzen durch schnelle Abkühlung im Wasser bildet, und Bestandteile aus dem obersten Mantelbereich der Erde, die niemals aufgeschmolzen waren.
Beide Ergebnisse zusammen warfen jedoch ein Rätsel auf, denn das zentrale, dicht gestapelte graue Felspaket – im Englischen als sheeted dike bezeichnet – entsteht nur entlang von mittelozeanischen Rücken. In deren Kammlinie dringt Magma ein, kristallisiert sich an den kühleren Rändern aus und drückt dabei neu formiertes Gesteinsmaterial zur Seite weg: Frische ozeanische Kruste entsteht, und die Erdplatten bewegen sich, wie in der Theorie der Plattentektonik klassisch beschrieben.
Ewig junge Plattentektonik
Bislang ging die geologische Lehre jedoch davon aus, dass die Plattentektonik erst vor 1,8 bis 2 Milliarden Jahren in Gang kam, da zuvor der Planet in seinem Inneren einfach noch zu heiß war, um langzeitig stabile Krusten zu entwickeln. Nach dieser Ansicht existierten noch keine mittelozeanischen Rücken als Quelle frischer Kruste und Subduktionszonen, an denen ältere Plattenteile wieder in die Tiefe abtauchten, dort aufgeschmolzen und receycelt wurden. Stattdessen versanken die vielen kleinen Platten – die von ebenfalls kleinen und vor allem schnellen Konvektionszellen im Mantel angetrieben wurden – wohl recht rasch wieder an besonders heißen Stellen wie in einer Art Treibsand.
Eine Ansicht, die nun durch die Funde von Furnes Team revidiert werden könnten: Vielmehr scheint schon bedeutend früher klassische Plattentektonik am Werk gewesen zu sein, denn in direkter Umgebung neben dem Ophiolith-Hinweis bemerkten sie auch noch Mineralien, die Boniniten ähneln – Gesteine, die sich aus magnesiumreicher und titaniumarmer Lava kristallisieren. Sie entstehen aber nur in Inselketten, die sich über Subduktionszonen bilden. Ob damit das Treibsand-Modell schon gänzlich widerlegt ist, müssen weitere Forschungen zeigen. Dass die Isua-Gruppe in Grönland überhaupt auf festem Land liegt, verdankt sie jedoch mit Sicherheit der "modernen" Plattentektonik: Sie wurde während der Subduktion vom abtauchenden Meeresboden abgeschabt und auf den Kontinent aufgeschoben.
Wo die Schwarzen Raucher sprudeln
Neben dem Alter der Plattentektonik sind noch viele weitere Fragen ungeklärt: Douglas Toomey von der Universität von Oregon in Eugene und sein Team könnten nun aber ein weiteres Bausteinchen hinzufügen [2]. Sie wollten wissen, warum an manchen Abschnitten von Ozeanrücken und untermeerischen Vulkanen sehr viele hydrothermale Quellen, so genannte Schwarze Raucher, sprudeln und an anderen nur wenige oder keine – und welche Rolle die Geotektonik dabei spielt. Mit einer Art Computertomografen und zahlreichen seismischen Messgeräten untersuchten sie am Ostpazifischen Anstieg (einem kleinen mittelozeanischen Rücken in der Nähe von Galapagos), wie Magma aus dem Mantel zur Kruste hinauftransportiert wird und welche Struktur das Mantelmaterial aufweist.
Messungen und Bildverfahren überraschten die Forscher gleich mehrfach. Zum einen rotiert die Strömung im Mantel unterhalb des Ostpazifik-Anstiegs, was die Plattengrenzen dazu zwingt, sich im Laufe der Zeit neu auszurichten – die Konvektion im Mantel ist also deutlich dynamischer als bislang angenommen. Andererseits stimmen die Plattengrenzen nicht immer mit der Lage der unterirdischen Magmenkammern überein, aus denen frisches Material zur Erdoberfläche steigen soll. Im Gegenteil können beide räumlich deutlich voneinander abweichen: Kruste und Mantel bewegen sich hier also mit unterschiedlicher Richtung und Geschwindigkeit, was die Plattenränder zum Nachzug zwingt. Aufsteigende Mantelströmungen sind daher nicht so passiv und von den darüber liegenden Plattengrenzen kontrolliert, wie bislang angenommen, sondern beeinflussen sogar aktiv deren Bewegungen.
Darüber hinaus wird in getrennten wie symmetrischen Abschnitten die gleiche Menge an Gesteinsschmelze produziert und nach oben gefördert. Allerdings, so Toomey, erreicht sie die Oberfläche ausschließlich in Segmenten, wo Rücken und Magmenkammern parallel zueinander liegen. Und nur dort ergeben sich dann auch die hydrothermalen Quellen, in denen von der Magma aufgeheiztes mineralreiches Wasser austritt und außergewöhnliche Lebensgemeinschaften kreiert. In den anderen Bereichen dagegen erstarrt die Gesteinsschmelze unterwegs und verliert ihre leicht flüchtigen Bestandteile vorzeitig, weshalb die Schwarzen Raucher fehlen. Dennoch streben die Erdplatten entlang dem gesamten Rücken mit gleicher Geschwindigkeit auseinander, nur findet der aktive Prozess an der einen Stelle oberirdisch sichtbar und an anderer verdeckt in größerer Tiefe statt. Selbst scheinbar alte und zerfurchte Flecken sind in ihrem Inneren feurig und vor allem quicklebendig.
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