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News: Pflaster gefällig?

Wer sich die Knie aufschlägt, klebt ein Pflaster auf die Wunde. Zellen machen das kein bisschen anders.
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Autsch! Schon wieder gegen eine Wand geprallt, mit einem anderen zusammengestoßen, sich durch die Menge gedrückt oder gerade noch durch einen schmalen Spalt gequetscht: Ohne Blessuren geht das nicht ab, wie jeder weiß. Aber was soll's – dafür gibt's ja Pflaster.

Die Wundabdeckung schließt – mehr oder weniger erfolgreich – das Loch in der schützenden Hülle, bis die eigene Reparaturmannschaft von innen nachgebessert hat. Ein geniales Prinzip, das unsere Zellen hier anwenden – und dabei tragen sie ihren Erste-Hilfe-Kasten auch noch stets mit sich herum, denn der Mull ihrer Zellpflaster besteht aus einzelnen Membranflicken, die sie sich im Zellinnern zusammenklauben.

Schließlich sind im wilden Gedränge der Gefäße oder unter der Dauerbelastung seitens des Körper Risse und Löcher in der Zellmembran keine Seltenheit, sondern an der Tagesordnung. Würde die Zelle dabei jedesmal ihr Inneres und so ihr Leben aushauchen, käme die Zellteilungsmaschinerie gar nicht mehr hinterher mit dem Nachschub. Reparatur ist also gefragt.

Nur läuft es bei Zellen umgekehrt als bei der Schramme am Knie: Während uns die ausströmende Blutspur signalisiert, dass ein Pflaster gebraucht wird, ist es im Fall der Zelle ein Einströmen, und zwar von Calcium-Ionen, das den Griff in den Notfallkasten auslöst. Und während wir von außen etwas auf die Wunde legen, um den Strom zu stoppen, verstopft die Zelle das Loch logischerweise von innen, um dem Ionenfluss entgegenzuwirken. Denn Calcium ist zwar gut und schön und durchaus auch lebenswichtig, aber – wie immer – nur in Maßen. Zuviel davon bekommt einer Zelle gar nicht.

Paul McNeal vom Medical College of Georgia und seine Kollegen hatten jede Menge Zellen unterschiedlichster Herkunft mit Laserlicht angepiekst, um sie zum Verpflastern anzuregen, das sie dann mit Farbmarkern aufmerksam verfolgten. Offenbar lösen die Calcium-Ionen unter den Vesikeln der Zelle – eine Art Zelltaxi, die im Innern ihrer Membrankugeln Stoffe durch die Gegend transportieren – spontane Verbrüderungsaktionen aus: Sie verschmelzen miteinander und bilden so kleine Membranflicken, die sich auf die Wunde legen. Der weitere Ionen-Einstrom wird dadurch gestoppt, und die interne fachkundige Rettungsmannschaft kann ungehindert zur Wundversorgung schreiten.

"Ist doch nur ein Kratzer, halb so wild", scheinen sich allerdings rote Blutkörperchen zu denken – und verzichten auf den Erste-Hilfe-Kasten. In ihrem Inneren gibt es keine Pflasterflicken, und so wird für sie selbst die kleinste Schramme schon lebensbedrohlich: Sie können dem Ionen-Einstrom nichts entgegensetzen und werden so regelrecht überschwemmt und vergiftet.

Hier ist also doch die Zellteilungsmaschinerie gefragt – und die funktioniert: Das Knochenmark sorgt unermüdlich für ausreichend Nachschub. Damit auch weiterhin kein Mangel auftritt, weil rote Blutkörperchen gegen eine Wand prallten, mit einem anderen zusammenstießen, sich durch die Menge drückten oder sich gerade noch durch einen schmalen Spalt quetschten – und das Ganze nicht überlebten.

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