Mathematische Unterhaltungen: Warum Physiker mit Dominosteinen und Schachbrettern spielen
Auf wie viele Weisen können sich asymmetrische Moleküle auf einer Oberfläche anordnen, die ihrerseits ebenso asymmetrisch begrenzt ist? Und welche dieser Anordnungen haben minimale Energie und werden deshalb am häufigsten vorkommen? In einem vereinfachten mathematischen Modell lassen sich diese Fragen beantworten, weil es gelungen ist, alle möglichen Anordnungen erschöpfend aufzuzählen.
Stellen Sie sich einen perfekten Kristall mit kubischer Struktur vor. Auf einer seiner ebenen Oberflächen sitzen die Atome auf den Plätzen eines quadratischen Gitters, so als ob ein sehr weit ausgedehntes Schachbrett in der Ebene läge und jedes seiner Felder von einem Atom besetzt wäre.
Dieser Kristall wird nun mit einem sehr speziellen Stoff bedampft. Dessen Moleküle enthalten zwei Atome, die voneinander genau den Gitterabstand des Kristalls haben und sich jeweils gern an ein Atom des Kristalls binden. Jedes derartige Molekül wird also, wenn es in die Nähe des Kristalls gerät, dort zwei benachbarte Plätze besetzen, und zwar entweder längs oder quer. Die Situation lässt sich auf einem echten Schachbrett mit Dominosteinen nachspielen, die so groß sind, dass sie genau zwei benachbarte Felder bedecken.
Wie es der Zufall will, verteilen sich die Moleküle chaotisch kreuz und quer auf die Oberfläche und lassen zwischen sich lauter Lücken, in die keines von ihnen mehr hineinpasst. Das System hätte aber eine geringere Gesamtenergie, wenn alle Plätze besetzt wären.
Nun ist es obendrein heiß, das heißt, alle Beteiligten sind in heftiger Bewegung. Ein Molekül, das sich bereits angelagert hat, kann auch wieder davonspringen und dadurch einem anderen Platz machen. Dieses schließt vielleicht lückenlos an seine Nachbarn an und sitzt deshalb fester auf seinem Platz als sein Vorgänger. Es wäre nämlich mehr Energie erforderlich als zuvor, um es wieder loszuschlagen. Insgesamt gibt es eine Präferenz für lückenlose gegenüber lückenhaften Belegungen. Und wenn das System nach einer gewissen Zeit abkühlt, wird die Oberfläche höchstwahrscheinlich lückenlos, aber gleichwohl chaotisch mit den Doppelmolekülen besetzt sein.
Die Welt mit einem mathematischen Modell nachspielen
In der Realität ist dieser wilde Tanz der Moleküle nicht zu beobachten. Allenfalls das Endergebnis ist der Analyse zugänglich. Da ist es sinnvoll, die Ereignisse mit einem mathematischen Modell nachzuspielen. Und wie üblich, haben Modelle ein gewisses Eigenleben. Interessante Aussagen bekommt man zunächst nur für Situationen, die so in der Realität nur sehr angenähert oder gar nicht vorkommen. Erst hinterher kann man sich Gedanken darüber machen, wie weit sich diese Ergebnisse verallgemeinern lassen.
So kommt es, dass sich die Mathematikerinnen und Mathematiker nicht in erster Linie dafür interessieren, wie man sehr große Schachbretter mit Dominosteinen pflastert. Vielmehr konzentrieren sie sich auf verstümmelte Schachbretter. Von einem Schachbrett mit gerader Kantenlänge schneidet man die Ecken so brutal ab, dass von jeder der vier Seiten nur die beiden mittleren Felder übrig bleiben. Sie heißen »aztekische Rauten« (aztec diamonds). Tatsächlich kann man mit etwas Fantasie eine Ähnlichkeit zu den Tempelpyramiden entdecken, welche die Azteken in dem Gebiet des heutigen Mexiko errichteten. Wer nicht so genau hinschaut und kein Interesse für historische Bauten aufbringt, denkt vielleicht eher an ein Vorfahrtsschild.
Das Bedeutende an dieser Form ist nicht ein Bezug zu physikalischen Objekten, sondern die Tatsache, dass man mit ihnen Antworten auf Fragen geben kann, die auch physikalisch von Interesse sind: Wie viele Pflasterungen einer aztekischen Raute mit Dominosteinen gibt es? Was lässt sich über die Eigenschaften einer durchschnittlichen Pflasterung sagen? Und welchen Einfluss übt der Rand des Gebiets auf die Steine in seinem Inneren aus?
Eine Raute der Ordnung 1 ist schnell bepflastert: Die beiden einzigen Möglichkeiten sind zwei liegende oder zwei stehende Dominosteine nebeneinander. Eine Raute der Ordnung 2 entsteht daraus, indem man an allen Seiten leere Felder anfügt. Das verschafft den bereits vorhandenen Dominosteinen neue Bewegungsfreiheit. Die nutzen sie, um sich voneinander zu entfernen. Jeder Stein ist sozusagen mit einem Pfeil versehen, der von seinem bisherigen parallelen Partner wegweist. Nachdem alle Steine ihren Pfeilen gefolgt sind, bleiben zwei Löcher der Größe 2 · 2 übrig, die wiederum jedes wahlweise mit einem liegenden oder einem stehenden Paar Steine zu besetzen sind.
Nach demselben Muster kann man von jeder aztekischen Raute der Ordnung n zu einer mit der Ordnung n+1 übergehen. Man fügt allseits leere Felder an und verschiebt die bereits vorhandenen Dominosteine in Richtung ihrer Pfeile. Kollisionen gibt es nur, wenn die Pfeile zweier Steine unmittelbar gegeneinander gerichtet sind. Ein solches Paar muss man vor der allgemeinen Verschiebung vom Brett nehmen. Wieder entstehen Löcher der Größe 2 · 2, die nach Belieben zu füllen sind.
Dass das unter allen Umständen so funktioniert, ist keineswegs selbstverständlich. Um das zu beweisen, mussten William Jokusch, James Propp und Peter Shor 1995 großen theoretischen Aufwand treiben. Darüber hinaus konnten sie zeigen, dass ihr Verschiebeverfahren sämtliche überhaupt möglichen lückenlosen Pflasterungen einer aztekischen Raute beliebiger Ordnung produziert – zumindest theoretisch. Jedesmal, wenn es eines dieser leeren 2 · 2-Quadrate zu füllen gilt, muss man sich für stehende oder liegende Steine entscheiden. Daraus ergibt sich ein Entscheidungsbaum, an dessen Enden (den »Blättern«) die Pflasterungen stehen. Auf der n-ten Stufe sprießen aus jedem bisherigen Blatt n neue Äste, was die imposante Anzahl von 2n(n+1)/2 Blättern ergibt.
Alle Speichermedien der Welt wären überfordert
Bereits für mittelgroße Rauten, etwa Ordnung 100, wäre es ein hoffnungsloses Unterfangen, alle Pflasterungen wirklich aufzuzählen, das heißt, in einer geeigneten Codierung abzuspeichern: Alle Speichermedien der Welt wären überfordert. Aber man kann typische Beispiele erzeugen, indem man sich bei jeder der anstehenden Entscheidungen nach dem Ergebnis eines fairen Münzwurfs richtet.
Dabei zeigt sich ein merkwürdiges Phänomen – und zwar umso deutlicher, je größer die Ordnung n wird. Das buntfleckige Chaos, das man für die ganze Fläche der Raute erwarten würde, beschränkt sich auf das Innere des größten Kreises, der in die Raute passt. Die vier Zwickel, die übrig bleiben, sind dagegen einheitlich gepflastert, und zwar jeder mit der Sorte Stein, dessen Pfeil in die jeweilige Ecke weist. Diese Außenbezirke wirken gleichsam eingefroren, weswegen der Kreis, der die Grenze zwischen Ordnung und Chaos markiert, Polarkreis (arctic circle) genannt wurde.
Wohlgemerkt: Das Polarkreisphänomen tritt nicht immer auf – schließlich gibt es eine Pflasterung, die ausschließlich aus liegenden oder ausschließlich aus stehenden Steinen besteht, wie eine sauber gemauerte Klinkerwand –, sondern nur meistens. Allerdings werden die Ausnahmepflasterungen mit zunehmender Ordnung verschwindend selten. Im Grenzwert gibt es fast sicher einen Polarkreis.
Damit dieser harmlos klingende Satz mathematisch handfest wird, gilt es zunächst alle Rauten in denselben Rahmen einzupassen, und zwar in ein um 45 Grad gedrehtes Quadrat. Im Verlauf des Prozesses, bei dem man immer wieder von einer Ordnung zur nächsten vorgeht, verkleinert man also die Kantenlänge jedes Schachbrettfelds so, dass die neue Raute wieder stramm im Rahmenquadrat sitzt. Wenn man nun die Ordnung n gegen unendlich gehen lässt, strebt das Bild gegen Chaos innerhalb des Polarkreises und einheitliche Färbung in jedem der vier Zwickel. Die saubere mathematische Formulierung dieses Grenzwertprozesses ist etwas gewöhnungsbedürftig.
Ein schöner Polarkreis stellt sich also nur ein, wenn man die Dominosteine und das Raster, auf dem sie liegen, ständig verkleinert, bis die Struktur des Rasters selbst bedeutungslos wird. Für einige Forscherinnen und Forscher aus der statistischen Physik ist das kein Mangel, sondern geradezu erwünscht, erlaubt es doch darüber nachzudenken, was sich auf einer strukturlosen Oberfläche abspielt. Die aztekische Raute hat die Vorzugsrichtungen horizontal und vertikal – unvermeidlich, sonst könnte man nicht mit den Dominosteinen spielen. Aber das ist eher lästig; eigentlich sollten alle Richtungen gleichberechtigt sein. Und da drei Richtungen eine bessere Näherung an unendlich viele sind als zwei, kommt man auf die Idee, mit einem Dreiecksgitter an Stelle eines Quadratgitters zu arbeiten – immer noch eine Krücke, aber eine geringfügig elegantere.
Das neue Gitter erfordert einen neuen Spielstein, und zwar einen, der aus gleichseitigen Dreiecken zusammengesetzt ist. Da stellt es sich als interessant heraus, diesen Stein asymmetrisch zu wählen. Dadurch gibt es nämlich nicht nur zwei mögliche Positionen des Steins im Gitter, sondern zwölf. Dieser spezielle Stein trägt in der Literatur den Namen »Sphinx«. Wieder ist etwas Fantasie gefordert, um in dieser Zusammensetzung aus sechs Dreiecken die berühmte Löwenstatue mit dem Menschengesicht wiederzuerkennen.
Außer der Asymmetrie gibt es weitere Gründe, ausgerechnet diesen Stein zu wählen: Er soll aus möglichst wenigen Dreiecken bestehen und trotz seiner asymmetriebedingten Sperrigkeit eine ausreichende Vielfalt an Pflasterungen erlauben. Das ist für die Sphinx in besonderem Maß der Fall. So gibt es ein Substitutionsverfahren, das aus einer Sphinx eine mit der doppelten Kantenlänge (und damit der vierfachen Fläche) macht. Durch Wiederholung dieses Verfahrens findet man Pflasterungen von sphinxförmigen Rahmen der Kantenlängen 4, 8, 16, … durch 16, 64, 256 … rechte und linke Sphinxen. Damit nicht genug: Soweit bekannt, ist die Sphinx der einzige asymmetrische Stein, der jede seiner eigenen Vergrößerungen pflastert. Dabei darf der Vergrößerungsfaktor nicht nur eine Zweierpotenz, sondern eine beliebige natürliche Zahl sein.
Damit ist ein geeigneter Rahmen für die Untersuchung aller überhaupt möglichen Pflasterungen mit Sphinxen vorgegeben: die Sphinx der Ordnung n, das heißt die mit dem Faktor n vergrößerte Kontur der Sphinx. Daneben sind große, gleichseitige Dreiecke und große regelmäßige Sechsecke von Interesse.
Nur das schöne Verschiebeverfahren, dem wir so viele Erkenntnisse über die aztekische Raute verdanken, steht hier nicht zur Verfügung – und eine andere systematische Methode ist nicht in Sicht. Vielmehr gilt es das Sortiment aller Pflasterungen durch erschöpfendes Durchprobieren zu finden. Dass das zumindest bis zu n = 13 überhaupt möglich ist, verdanken wir einem einzelnen Mann. Sein Name ist Trump.
Walter Trump, wohlgemerkt. Anders als der wesentlich bekanntere Donald weiß er seinen PC für weitaus mehr zu verwenden als zur Verbreitung persönlicher Befindlichkeiten und alternativer Fakten. Schon vor 20 Jahren fand er mit kombinatorischen Methoden neue perfekte magische Würfel. Der Mathematiklehrer am Gymnasium Stein bei Nürnberg ist mittlerweile im Ruhestand und hat daher genug Zeit, möglichst widerspenstige Belegungen eines Schachbretts mit Dominosteinen zu finden und große Sphinx-Rahmen mit kleinen Sphinxen zu füllen.
Unkooperative Belegungen eines Schachbretts
Während es beim Polarkreis wie bei der Sphinx n-ter Ordnung darum geht, den verfügbaren Platz lückenlos zu füllen, ist auch das entgegengesetzte Problem von Interesse: Wie viele Dominosteine braucht es mindestens, um ein Schachbrett der Größe n·m so zu belegen, dass kein weiterer Stein mehr Platz findet? Was darauf hinausläuft, möglichst viele Löcher der Größe 1·1 zu schaffen, die allseits von Dominos umgeben sind.
Theoretisch war bekannt, dass es mit weniger als nm⁄3 Steinen (aufgerundet, falls nm nicht durch 3 teilbar ist) nicht geht. Dass diese Anzahl aber auch ausreicht, das Feld unter allen Umständen für jeden weiteren Dominostein zu sperren, wurde zwar vermutet, konnte aber nicht bewiesen werden.
Inzwischen wissen wir, warum: Die Vermutung ist falsch. Walter Trump hat Widerlegungen gefunden. Für ein Brett der Größe 19·19 braucht es nicht 121, sondern 122 Steine. Und das kleinste Rechteck, das nicht mit nm⁄3 Steinen auskommt, hat die Größe 14·16.
Das Hauptproblem dabei besteht in der schieren Anzahl der Möglichkeiten, die mit zunehmender Ordnung rasant ansteigt. Während es für die Sphinx der Ordnung 4 bescheidene 16 Pflasterungen gibt, sind es für die Ordnung 8 bereits zweieinhalb Milliarden. Da liegt es nahe, statt einer ganzen Sphinx zwei halbe zu pflastern und die so erhaltenen Pflasterungen hinterher zusammenzusetzen. Das bietet sich schon deshalb an, weil die Sphinx bequem in zwei gleiche Teile aus jeweils drei Dreiecken zerlegbar ist.
Diese Methode ist allerdings bei Weitem nicht erschöpfend: Ihr entgehen sämtliche Pflasterungen, bei denen ein oder mehrere Steine über die Schnittkante hinausragen. Der Versuch, eine solche Pflasterung entlang der Schnittkante zu zerbrechen, würde so enden wie bei Schokolade mit ganzen Nüssen: Einzelne Nüsse (Pflastersteine) ragen heraus und erzeugen eine gezackte Bruchkante.
Das liefert die Lösung des Problems: Man stellt ein vollständiges Sortiment aller überhaupt möglichen Bruchkanten bereit, findet zu jeder dieser Zackenlinien Pflasterungen für beide Bruchstücke und setzt hinterher jede Pflasterung des einen Fragments mit jeder des anderen zusammen. Mit diesem Bruchkantenverfahren gelingt es Trump, die 162 231 215 752 303 027 270 Pflasterungen der Ordnung 11 vollständig darzustellen. Mehr ist mit den verfügbaren Speichermedien nicht zu bewältigen.
Gleichwohl ist es möglich, auch Pflasterungen von Sphinxen höherer Ordnung zu zählen, selbst wenn man sie nicht mehr alle einzeln notieren kann. Diese zeilenweise Belegung (»dangler method«) funktioniert wie folgt. Man legt sich die große Sphinx so zurecht, dass lauter Zeilen aus abwechselnd liegenden und stehenden Dreiecken von rechts nach links verlaufen. Dann füllt man zunächst die erste (oberste) Zeile mit Sphinx-Steinen. Dabei ragen die Steine unweigerlich mit einem oder mehreren Dreiecken in die zweite oder gar dritte Zeile. Es bildet sich also eine gezackte Unterkante. Man merkt sich nicht mehr jede einzelne Teilpflasterung, sondern nur noch die Unterkanten und zu jeder von ihnen die Anzahl der Pflasterungen, die diese Unterkante haben; das sind im Allgemeinen ziemlich viele.
Im nächsten Schritt setzt man die Pflasterung für jede Unterkante fort, bis die nächste Zeile voll ist. Wieder gibt es neue Unterkanten und zu jeder von ihnen mehrere Wege, aus einer alten Unterkante eine neue zu machen. Indem man alle diese Möglichkeiten aufaddiert, findet man die Anzahl der Möglichkeiten, wie eine neue Unterkante zu Stande kommen kann. An dieser Stelle kann man die alten Unterkanten und die zugehörigen Anzahlen vergessen und nur mit den neuen Unterkanten weiterpflastern. So arbeitet man sich mit immer noch großem, aber nicht erdrückendem Speicherplatzbedarf von oben nach unten bis zum unteren Ende des großen Sphinx-Rahmens. Nach drei Tagen hat ein Computer mit sechs parallel arbeitenden Prozessoren die Anzahl aller Pflasterungen für die Sphinx der Ordnung 13 gefunden. Es sind 1 257 159 787 425 487 037 702 548 758 466 Stück.
Eine Lösung des Pflasterungsproblems
Diese alle abzuspeichern ist offensichtlich aussichtslos. Aber man kann dasselbe Verfahren mit jeweils zufällig ausgewählten Teilpflasterungen durchführen und erhält dadurch eine Beispiellösung des Pflasterungsproblems. Aus zahlreichen solchen Beispielen gewinnt man so etwas wie eine repräsentative Stichprobe.
Vielleicht gibt es auch für große Sphinxen ein Phänomen ähnlich dem Polarkreis bei aztekischen Rauten. Das wäre mit einer Stichprobe vielleicht zu finden, aber sicher nicht zu beweisen. Immerhin kann man an dem – vollständig bekannten – Sortiment der Pflasterungen der Ordnung 7 erkennen, dass die Ecken des Rahmens die Möglichkeiten, dort einen Stein zu platzieren, erheblich einschränken und dass diese Einschränkung zumindest ein Stück weit ins Innere ausstrahlt.
Bei der Frage, welche Pflasterung sich wahrscheinlich einstellen wird, greifen die Sphinx-Forscher wieder auf physikalische Ideen zurück. Es wird den Steinen leichter fallen, sich umzusortieren und dabei vielleicht noch vorhandene Lücken zu stopfen, wenn eine solche Umordnung sich auf einen kleinen Bereich beschränkt. Dann müssten nur wenige Steine gemeinsam die Oberfläche vorübergehend verlassen und denselben Platz wieder einnehmen, nur in etwas anderer Anordnung. Der kleinste Bereich, der so etwas ermöglicht, ist die »Fliege« (bowtie); gemeint ist nicht das Insekt, sondern die Schleife, die sich manche Männer an Stelle der Krawatte um den Hals binden.
Dadurch, dass eine solche Umordnung stattgefunden hat, eröffnen sich vielleicht in der Nachbarschaft neue Möglichkeiten dafür, und so weiter; es können ganze Ketten von Umordnungen ablaufen. Wenn dieser Prozess nicht rein zufällig stattfindet, sondern manche Anordnung energetisch bevorzugt sind, stellt sich vielleicht auf die Dauer sogar eine spezielle Struktur ein. So kann man postulieren, dass linke und rechte Sphinxen sich anziehen, gleichartige aber abstoßen oder dass nur einzelne Körperteile einer Sphinx elektrisch geladen sind, und in Computersimulationen ermitteln, was geschieht.
Selbst wenn man gar keine derartigen Kräfte einführt, scheinen sich gleichartige Sphinxen anzuziehen. Ein Paar von ihnen legt sich nämlich zu einem wohlgeformten Parallelogramm zusammen, und und diese Figuren eignen sich gut zum Pflastern großer Bereiche. Der Effekt ist mitunter so stark, dass sich bei Abkühlung des Systems irgendwann entweder die rechten oder die linken Sphinxen durchsetzen und die anderen verdrängen.
Aber dass aus der Lösung des mathematischen Pflasterungsproblems wieder echte Physik wird, ist bislang noch nicht abzusehen.
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