Raumsonden: Mit JANUS den Jupiter erforschen
JANUS (Jovis, Amorum ac Natorum Undique Scrutator), so nennt sich die Kamera auf der europäischen Weltraumsonde JUICE, die sich derzeit auf ihrem Weg zum Jupiter und dessen Eismonden befindet. JUICE wurde am 14. April 2023 vom Startplatz Kourou in Französisch-Guayana gestartet und hat seitdem weit mehr als eine Milliarde Kilometer zurückgelegt . Kurz nach dem Start wurde auch die JANUS-Kamera während der so genannten Commissioning Phase, also der Phase der Inbetriebnahme, eingeschaltet und nahm einige Testbilder auf. Die ersten Aufnahmen nach dem Start einer Raumsonde sind immer von besonderer Bedeutung, da sie Aufschluss darüber geben, ob die Kamera den Start überstanden hat und scharfe Bilder liefert.
Kameras auf Planetensonden lassen sich durchaus mit den Teleskopen für Astrofotografie vergleichen, die von Amateurastronomen verwendet werden. Sie haben im Vergleich zu Weltraumteleskopen wie Hubble, James Webb oder Euclid sehr moderate Öffnungen und Brennweiten. Die Öffnungen beginnen bei den hochauflösenden Planetenkameras meist bei etwa 50 Millimetern und enden bei rund einem halben Meter, während ihre Brennweiten zwischen etwa 200 Millimetern und rund 2 Metern liegen. Das liegt daran, dass Planetensonden über eine deutlich geringere Nutzlast verfügen als die astronomischen Weltraumteleskope, die sich alle in relativer Erdnähe befinden. Darüber hinaus ist auf Planetensonden eine Vielzahl von Instrumenten untergebracht, die, je nach Missionsschwerpunkt, sehr spezielle Messaufgaben haben.
Große Brennweiten sind meist auch gar nicht erforderlich, da man ja an das planetare Objekt relativ dicht herankommt. Sie bedeuten zudem kleine Gesichtsfelder, was zum Beispiel die globale Kartierung eines Planeten erschwert oder gar verhindert, da sich große Mengen an Bilddaten durch die große Entfernung zur Erde nur sehr eingeschränkt übertragen lassen.
Ein robustes Instrument
Im Gegensatz zu den meisten Amateurteleskopen sind Planetenkameras aber in der Regel sehr robust und zuverlässig. Sie müssen starke Erschütterungen und weite Temperaturbereiche überstehen und sind so konstruiert, dass man sie auch nach vielen Jahren nicht mechanisch nachfokussieren muss.
Das JANUS-Instrument ist ein kompaktes Ritchey-Chrétien-Spiegelteleskop von etwa 116 Millimeter Öffnung mit einem Feldkorrektor vor der Brennebene und hat ein katadioptrisches Design, also eine Kombination aus Spiegeln und Linsen (siehe »JANUS-Kamerakopf«). Das Teleskop wurde in Italien unter Leitung der italienischen Raumfahrtagentur (ASI) von der Firma Leonardo S.p.A. in Florenz entwickelt und gefertigt. JANUS verfügt über ein relativ großes Öffnungsverhältnis von rund f/4, und die Brennweite beträgt 464 Millimeter. Im Primärfokus befinden sich hinter dem Feldkorrektor das in Spanien gefertigte Filterrad mit 13 Filterkanälen (siehe »Das Filterrad von JANUS«) und die Fokalplatte mit einem 2000 x 1500-Pixel-CMOS-Bildsensor mit sieben Mikrometer Pixelgröße. Der Bildsensor der Firma Teledyne e2v ist sehr strahlungshart, so dass er aller Voraussicht nach die Missionszeit in der Jupiterumgebung, die sich durch eine sehr hohe Intensität hochenergetischer geladener Teilchen auszeichnet, überstehen wird (siehe »Die optische Instrumentenspezifikation von JANUS«).
Ursprünglich sollte die JANUS-Optik ein 3-Spiegler beziehungsweise TMA (Three Mirror Anastigmat) werden . Diese Bauart benötigte keine weitere Linsen-Bildfeldkorrektur, hatte keine Abdeckung (Obstruktion) im Strahlengang und den Vorteil einer sehr guten Streulichtunterdrückung. Es wurde aber nach der Auswahl des Optikherstellers Leonardo aus Komplexitätsgründen verworfen. Ein lichtstarkes Off-Axis-Dreispiegelsystem stellt unter anderem sehr hohe Anforderungen an die Justage und Stabilität der optischen Elemente und kam daher nicht zum Einsatz.
Das JANUS-Instrument wird von einem Team aus Italien um Pasquale Palumbo am Istituto Nazionale di Astrofisica (INAF) in Rom und Deutschland um Thomas Roatsch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) angeführt. Das DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof war für die Fokalplatte, die Detektor-Ausleseelektronik, die Hauptelektronik mit der Bordsoftware und die Steuerung (Operation) der Kamera verantwortlich. Nach dem Start wurden die Aufgaben wie Aufnahmeplanung, Betrieb der Kamera, Datenprozessierung und wissenschaftliche Auswertung zwischen den beiden Gruppen in Italien und Deutschland aufgeteilt, um gemeinsam die besten Ergebnisse zu erzielen.
Der Kamerakopf von JANUS beinhaltet die Optik, das Filterrad und die Fokalplatte. Seine Abmessungen werden durch ein langes Blendenrohr (englisch: baffle) dominiert, das Streulicht und den unerwünschten Einfall von Sonnenlicht weitgehend unterdrücken soll. Darüber hinaus befindet sich am Eingang der Blende noch ein steuerbarer Deckel, der das Teleskop zusätzlich vor Kontamination während der Startphase und direktem Sonnenlicht schützt.
Das Teleskop wurde aus Materialien mit sehr kleinen Wärmeausdehnungskoeffizienten gebaut, so dass es in einem weiten Temperaturbereich mit nur sehr geringer Veränderung der Abbildungsgüte, also der Schärfe, arbeitet. Zudem können bestimmte Teile der Struktur durch eingebaute Heizer thermisch reguliert werden, um die optomechanischen Eigenschaften des Teleskops stabil zu halten. Die ersten Aufnahmen während der Inbetriebnahme der Instrumente nach dem Start zeigten eine sehr gute optische Abbildung über das gesamte Bildfeld (siehe »Testaufnahmen vom Sternenhimmel«).
Dies ist durchaus nicht selbstverständlich, wenn man die starken strukturellen Belastungen während der Startphase bedenkt. Weiterhin lassen sich alle elektrooptischen Tests auf der Erde nur unter simulierten Weltraumbedingungen durchführen, wobei sich Fehler einschleichen können, wie wir sie vom Weltraumteleskop Hubble noch gut in Erinnerung haben. Eine Reparatur solcher Fehler ist bei einem Planetenteleskop im Umlauf um Jupiter aber nicht durchführbar.
Test an Mond und Erde
Die nächste spannende Phase der Mission ist der doppelte Vorbeiflug an Mond und Erde, der vom 19. bis 20. August 2024 stattfinden wird. Er bietet eine einzigartige Möglichkeit, die Instrumente auf der Raumsonde unter Einsatzbedingungen zu testen und zu kalibrieren. Die dabei möglichen Beobachtungen und Messungen dienen als Beispiel für die Vorbeiflüge an den Jupitermonden, wenn JUICE mit der eigentlichen Beobachtungsphase im Jupitersystem im Jahr 2031 beginnen wird. Während dieses Vorbeiflugs nähert sich die Sonde dem Mond bis zu einer minimalen Entfernung von 754 Kilometern, bei einer relativen Vorbeifluggeschwindigkeit von 4,2 Kilometern pro Sekunde (siehe »Passage am Mond« und »Erster Erdvorbeiflug von JUICE«).
Geplant ist auch ein Versuch, die vom Mond reflektierten Lasersignale des GALA-Laseraltimeters nachzuweisen, das unter Leitung des DLR-Instituts für Planetenforschung unter der Leitung von Hauke Hußmann entwickelt wurde. Sollte dies gelingen, lässt sich die Ausrichtung beider optischer Instrumente bestimmen. Erschwert wird dies allerdings dadurch, dass die Wellenlänge des GALA-Lasers 1064 Nanometer beträgt, was an der Grenze der spektralen Empfindlichkeit des JANUS-Bilddetektors liegt.
Nach den Vorbeiflügen im August 2024 fliegt JUICE weiter auf dem langen Weg zum Jupiter. Dabei kehrt die Sonde noch zweimal zur Erde zurück, um weiter zu beschleunigen. Mitte 2031 ist dann endlich die Ankunft am Jupiter, und die knapp fünfjährige Tour durch das Jupitersystem beginnt. Nach zwei Vorbeiflügen an Europa, vier Passagen von Ganymed und mehr als 20 Vorbeiflügen an Kallisto schwenkt die Sonde Ende 2034 in einen Orbit um Ganymed ein. Bis zum Ende der Mission im Jahr 2035 wird die Sonde Ganymed in drei unterschiedlichen Höhen (5000, 500 und 200 Kilometer) umrunden und kartieren.
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