News: Reine Kopfarbeit
Die steinzeitlichen Jäger und Sammler mit dem markanten Gesichtsprofil, bei dem insbesondere das zurücktretende Kinn und die flache, fliehende Stirn auffallen, lebten vor etwa 120 000 bis 30 000 Jahren. Dann verlieren sich die Spuren der letzten Neandertaler auf der Iberischen Halbinsel und in Kroatien.
Schon seit längerer Zeit grübeln Wissenschaftler darüber, ob der Urmensch gänzlich ausgestorben ist oder Teile seines Erbgutes in dem erfolgreicheren Homo sapiens weiterleben – wir also mit dem Urmenschen verwandt sind. Neben DNA-Analysen von drei Neandertaler-Skeletten deuten viele Anzeichen darauf hin, dass der frühe Mensch keine genetischen Spuren in unserem Erbmaterial hinterließ und somit eher als Nebenschauplatz in der menschlichen Evolution zu betrachten ist.
Nun versuchten Christoph Zollikofer und Marcia Ponce de Léon von der Universität Zürich weiteres Licht ins Dunkel um die Verwandtschaftsverhältnisse von Homo neanderthalensis und Homo sapiens zu bringen. Mithilfe eines Computertomographen scannten sie fossile Überreste und erhielten anschließend dreidimensionale Bilder. In aufwändigen Computermodellierungen konnten sie die Schädelentwicklung der Neandertaler und früher Individuen des modernen Menschen vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter simulieren.
Wie die dreidimensionalen Schädelbilder enthüllten, waren die markanten Gesichtszüge der Urmenschen, wie die flache Stirn und das fliehende Kinn, vermutlich im Alter von zwei Jahren, wahrscheinlich sogar schon vorgeburtlich ausgeprägt und wurden nicht erst schrittweise bis ins Erwachsenenalter entwickelt. "Was einen Neandertaler und einen modernen Menschen ausmacht, ist im Wesentlichen bereits im Kindesalter sichtbar", hebt Zollikofer hervor.
Zudem deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass sich die Steinzeitmenschen nicht mit den frühen modernen Menschen gepaart und somit keinen oder nur einen geringen Teil zum gegenwärtigen menschlichen Genpool beigetragen haben. Demnach handelt es sich bei den Neandertalern eher um ferne Nachbarn als um nahe Verwandte des heutigen Homo sapiens. "Wir können keinerlei Anzeichen einer genetischen Durchmischung erkennen", betont Zollikofer, "aber wir können dies nicht beweisen."
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