Gene und Verhalten: Treue beginnt im Kopf
Die männliche Präriewühlmaus ist ein beständiger Typ: Obwohl in der Wahl der Partnerin nicht anspruchsvoll, bleibt sie dieser ein Leben lang treu und ist gegen Verlockungen des übrigen weiblichen Geschlechts völlig immun. Bestimmt wird diese im Tierreich seltene Charaktereigenschaft durch einen Neurotransmitter - und das gleich in zweifacher Hinsicht.
Die Präriewühlmaus Microtus ochrogaster ist ein begehrtes Tier. Dabei verläuft ihr Sexualleben ziemlich eintönig: Ein wenig beschnuppern, ein mehr oder minder aufregendes "Erstes Mal", anschließend monogame Triebbefriedigung. Wissenschaftler jedoch finden dieses Verhalten äußerst sexy – reizt es sie doch, die Ursachen dieser dauerhaften Paarbindung aufzudecken.
Dabei liegt das abweisende Verhalten keineswegs in der Familie: Viele Vettern der Präriewühlmaus sind als richtige kleine Casanovas bekannt. Die Wiesenwühlmaus etwa bricht nach Lust und Laune die Herzen der Damen und hat nicht den geringsten Hang zu beständigem Leben.
Auch Dopamin stand auf der Liste der Monogamie befördernden Substanzen. Und nun fügen Brandon Aragona und seine Kollegen von der Florida State University und dem National Institute of Mental Health dem Puzzle einen weiteren Mosaikstein hinzu: Auch bei der Paarerhaltung spielt Dopamin eine wichtige Rolle – indem es verhindert, was es selbst bewirkt.
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass insbesondere eine Gruppe der Dopamin-Rezeptoren mit dem Namen D2 für die Paarbindung verantwortlich ist. Bei einer Blockade dieser Rezeptoren ließen Präriewühlmäuse ein Weibchen trotz Kopulation später links liegen; die künstliche Stimulierung der Rezeptoren mit dem Agonisten Quinpirol sorgte jedoch für Paargefühle, selbst wenn es zwischen den Mäusen gar nicht zu Sex gekommen war.
Um diese Wirkung zu entfalten, musste der Agonist allerdings an eine ganz bestimmte Stelle im Gehirn appliziert werden: im Nucleus accumbens, einer Kernstruktur des basalen Vorderhirns, der eine besondere Rolle im Belohnungssystem des Gehirns und bei der Entstehung von Sucht zugesprochen wird. Sind Präriewühlmäuse also süchtig aufeinander? Viele Wissenschaftler vermuten es.
Das Team von Aragona wollte nun herausfinden, was diese Sucht aufrechterhält – oder mit anderen Worten: Warum sind liierte Präriewühlmausmännchen gegenüber fremden Weibchen so aggressiv? Hierzu untersuchten sie die zweite Dopamin-Rezeptorgruppe D1, die ebenfalls im Nucleus accumbens anzutreffen ist. Die Wissenschaftler aktivierten bei Präriewühlmausmännchen sowohl die D1- als auch die D2-Rezeptoren und ließen sie mit einem Weibchen allein: Trotz sexueller Kontakte blieb die erwartete Paarbindung aus. Die aktivierten D1-Rezeptoren hatten die dopamingesteuerte Liebesbeziehung im Keim erstickt.
In einer zweiten Untersuchungsreihe unterzogen Aragona und seine Kollegen die Tiere einer Autoradiografie, mit der die Bindung der jeweiligen Rezeptoren im Gehirn sichtbar gemacht werden kann. Und siehe da: Waren die Mäuseriche eine Weile liiert, entstanden in ihrem Nucleus accumbens vermehrt Bindungen der D1-Rezeptoren. Und waren viele D1-Rezeptoren aktiviert, wurden die Nagermännchen gegenüber fremden Weibchen zunehmend uncharmant. Die D1-Rezeptoren verhinderten also eine zweite Paarbindung, indem sie die Funktion der D2-Rezeptoren nach einmaliger Liäson unterdrückten.
Dopamin erfüllt bei Präriewühlmäusen demnach eine zweifache Funktion: Zum einen ermöglicht es eine enge Bindung an die erste große Liebe, zum anderen aber kettet der Neurotransmitter die Liebenden auch aneinander – auf Gedeih und Verderb. Selbst verwitwete Mäuse können ihrem dopamingesteuerten Schicksal nicht entrinnen. Sie bleiben einsam bis zu ihrem Tod.
Angestachelt wird die Wissbegierde der Forschergemeinde von einem weiteren Detail des mäusischen Verhaltens: Ist ein männlicher Nager einmal eine Bindung eingegangen, lässt er sich in seiner Treue von keiner anderen Mäusedame mehr abbringen. Im Gegenteil: Fremden Weibchen begegnen liierte Präriemausmännchen mit unverhohlener Aggression. Eine sehr effektive Methode, denn unfreundliches Verhalten verdirbt selbst der offenherzigsten Mäusedame die Lust auf ein kleines Abenteuer.
Dabei liegt das abweisende Verhalten keineswegs in der Familie: Viele Vettern der Präriewühlmaus sind als richtige kleine Casanovas bekannt. Die Wiesenwühlmaus etwa bricht nach Lust und Laune die Herzen der Damen und hat nicht den geringsten Hang zu beständigem Leben.
Diese nahezu paradiesischen Untersuchungsbedingungen haben eine Vielzahl Forscher dazu animiert, die biochemischen Mechanismen zu entschlüsseln, die zur tapfer verteidigten Monogamie der Präriewühlmaus beitragen. Schnell stand die DNA im Verdacht, die enge Paarbindung zu steuern. Und tatsächlich: 2001 fanden Wissenschaftler der Emory-Universität heraus, dass das Hormon Vasopressin für die monogame Lebensweise mitverantwortlich ist. Später wurde in diesem Zusammenhang auch die Rolle der Mikrosatelliten-DNA diskutiert.
Auch Dopamin stand auf der Liste der Monogamie befördernden Substanzen. Und nun fügen Brandon Aragona und seine Kollegen von der Florida State University und dem National Institute of Mental Health dem Puzzle einen weiteren Mosaikstein hinzu: Auch bei der Paarerhaltung spielt Dopamin eine wichtige Rolle – indem es verhindert, was es selbst bewirkt.
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass insbesondere eine Gruppe der Dopamin-Rezeptoren mit dem Namen D2 für die Paarbindung verantwortlich ist. Bei einer Blockade dieser Rezeptoren ließen Präriewühlmäuse ein Weibchen trotz Kopulation später links liegen; die künstliche Stimulierung der Rezeptoren mit dem Agonisten Quinpirol sorgte jedoch für Paargefühle, selbst wenn es zwischen den Mäusen gar nicht zu Sex gekommen war.
Um diese Wirkung zu entfalten, musste der Agonist allerdings an eine ganz bestimmte Stelle im Gehirn appliziert werden: im Nucleus accumbens, einer Kernstruktur des basalen Vorderhirns, der eine besondere Rolle im Belohnungssystem des Gehirns und bei der Entstehung von Sucht zugesprochen wird. Sind Präriewühlmäuse also süchtig aufeinander? Viele Wissenschaftler vermuten es.
Das Team von Aragona wollte nun herausfinden, was diese Sucht aufrechterhält – oder mit anderen Worten: Warum sind liierte Präriewühlmausmännchen gegenüber fremden Weibchen so aggressiv? Hierzu untersuchten sie die zweite Dopamin-Rezeptorgruppe D1, die ebenfalls im Nucleus accumbens anzutreffen ist. Die Wissenschaftler aktivierten bei Präriewühlmausmännchen sowohl die D1- als auch die D2-Rezeptoren und ließen sie mit einem Weibchen allein: Trotz sexueller Kontakte blieb die erwartete Paarbindung aus. Die aktivierten D1-Rezeptoren hatten die dopamingesteuerte Liebesbeziehung im Keim erstickt.
In einer zweiten Untersuchungsreihe unterzogen Aragona und seine Kollegen die Tiere einer Autoradiografie, mit der die Bindung der jeweiligen Rezeptoren im Gehirn sichtbar gemacht werden kann. Und siehe da: Waren die Mäuseriche eine Weile liiert, entstanden in ihrem Nucleus accumbens vermehrt Bindungen der D1-Rezeptoren. Und waren viele D1-Rezeptoren aktiviert, wurden die Nagermännchen gegenüber fremden Weibchen zunehmend uncharmant. Die D1-Rezeptoren verhinderten also eine zweite Paarbindung, indem sie die Funktion der D2-Rezeptoren nach einmaliger Liäson unterdrückten.
Dopamin erfüllt bei Präriewühlmäusen demnach eine zweifache Funktion: Zum einen ermöglicht es eine enge Bindung an die erste große Liebe, zum anderen aber kettet der Neurotransmitter die Liebenden auch aneinander – auf Gedeih und Verderb. Selbst verwitwete Mäuse können ihrem dopamingesteuerten Schicksal nicht entrinnen. Sie bleiben einsam bis zu ihrem Tod.
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