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Bonanza-Lagerstätten: »Unmögliche« Goldadern entstehen durch Meerwasser

Manche Goldlagerstätten sind so reich, dass sie eigentlich nicht existieren dürften. Nun klärt sich langsam das Geheimnis ihrer Entstehung. Wichtigste Zutat: Meerwasser.
Bergleute halten einen mit Gold überzogenen Erzbrocken in die Kamera.
In den meisten Goldminen ist das Edelmetall sehr fein verteilt und schwer zu gewinnen. Lagerstätten mit hohem Metallgehalt sind deswegen begehrt.

Die reichhaltigsten Goldminen sind auch die rätselhaftesten. Lagerstätten vom »Bonanza«-Typ zeichnen sich dadurch aus, dass sie große Mengen Gold enthalten. Es überzieht das Gestein mit einem durchgehenden Goldfilm, statt bloß vereinzelte Blättchen auf der Oberfläche von Quarz zu bilden. Doch eigentlich dürften solche unterirdischen massiven Goldadern gar nicht existieren: Wasser kann gar nicht so viel Gold enthalten, wie nötig wäre, um die Gänge mit massivem Metall zu füllen. Nun präsentiert eine Arbeitsgruppe um Duncan F. McLeish von der McGill University in Vancouver die wahrscheinliche Lösung des Rätsels. Wie das Team in der Fachzeitschrift »PNAS« berichtet, ist eindringendes Meerwasser der entscheidende Schritt, der die Supergoldadern entstehen lässt. Das legt nahe, dass sich solche Lagerstätten bevorzugt am Meeresboden bilden – und unter den Ozeanen noch enorme Goldfunde warten.

Erze lagern sich im Untergrund ab, wenn heiße Flüssigkeiten in der Tiefe der Erdkruste Metalle aus dem Gestein lösen, nach oben steigen und, ausgelöst zum Beispiel durch eine Druck- oder Temperaturveränderung, ihre Fracht in einem eng umgrenzten Bereich konzentriert ablagern. Im Prinzip wie Kalk in Rohrleitungen. Gold ist als Edelmetall jedoch nur sehr schlecht in Wasser löslich. Deswegen enthalten die meisten auf diese Weise entstandenen Lagerstätten nur sehr fein verteiltes Gold, etwa zwei bis drei Gramm pro Tonne Gestein. Das Erz muss aufwändig aufbereitet werden, um das Metall zu gewinnen, was nicht nur teuer ist, sondern auch sehr umweltschädlich. Deswegen rätseln Fachleute schon seit geraumer Zeit, wie die vergleichsweise raren Superlagerstätten des Bonanza-Typs entstehen, die zehn oder gar mehr Gramm Gold pro Tonne Gestein liefern.

Fachleute vermuteten bereits, dass das Gold nicht im Wasser gelöst sein muss – es kann auch ein so genanntes Kolloid bilden, fein in Wasser verteilte Nanopartikel. Diese sind negativ geladen, stoßen sich gegenseitig ab uns verklumpen deswegen nicht. In Form dieser nur wenige Nanometer großen Partikel kann das Wasser viel mehr Gold enthalten als mit gelösten Goldsalzen. Doch warum fallen die Partikel plötzlich konzentriert aus der Lösung? Um diese Frage zu klären, untersuchte das Team um McLeish die Brucejack-Mine in Kanada, in der Gold aus einer Bonanza-Lagerstätte abgebaut wird. Die Arbeitsgruppe entschlüsselte die genauen Bedingungen, unter denen sich das massive Metall ablagerte, mit Hilfe des Minerals Pyrit. Spurenelemente und Schwefelisotope darin verraten die Chemie in den heißen Kluftwassern im entscheidenden Zeitraum.

Dabei zeigen die chemischen Spuren, dass sich im Kluftsystem drastische Veränderungen abspielten. Zuerst nämlich begann das unter Druck stehende Wasser, immer wieder zu sieden. Die Fachleute vermuten, dass das mit Erdbeben zusammenhing, ein als seismisches Pumpen bezeichneter Prozess, der große Mengen Flüssigkeit durch die Erdkruste transportiert und erklären könnte, wie so viel Gold überhaupt in die Zone der Lagerstätte gelangte. Der entscheidende Punkt sei aber, dass plötzlich Meerwasser im Kluftsystem auftauchte, berichtet die Arbeitsgruppe. Denn Meerwasser enthalte positiv geladene Teilchen, die sich an die Goldnanopartikel anlagerten und sie ausflocken ließen – etwa wie Zitronensaft, den man in Milch kippt. Dieser Mechanismus der Erzbildung deutet nach Ansicht der Fachleute darauf hin, dass man die Bonanza-Lagerstätten bislang falsch verstanden hat. Die besten Bedingungen für derartige Ablagerungen findet man demnach an den Rändern vulkanischer Inselbögen oder in Tiefseegräben – oder natürlich deren uralten Resten.

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  • Quellen
McLeish, D. et al., PNAS 121 (21) e2402116121, 2024.

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