Aids: Verändertes Hüllprotein macht Affenvirus gefährlich
Das aus Afrika stammende HI-Virus ist im Lauf seiner Evolution mindestens viermal auf den Menschen übergesprungen: Verschiedene in Rhesusaffen, Schimpansen, Gorillas oder Mangaben zirkulierende Affenvarianten entwickelten sich nach ihrem Sprung über die Artgrenze zu den verschiedenen Untergruppen des menschlichen Immunschwächevirus. Mediziner interessieren sich vor allem für die Veränderungen zwischen der für Menschen fast immer harmlosen Affenform SIV (Simian Immunodeficiency Virus) und den aus ihnen abgeleiteten Untergruppen der heute virulenten HIV. Nun berichtet ein internationales Forscherteam, dass der Unterschied zwischen Affenviren und seinem wichtigsten menschlichen Ableger so subtil wie weit reichend ist.
Die Forscher um Frank Kirchhoff von der Universität Ulm haben zunächst untersucht, warum das Schimpansenvirus SIVcpz Menschen nicht gefährlich wird – SIVcpz ist der nächste Verwandte des HIV-1-M-Subtyps, dem Hauptverantwortlichen für die weltweite Aids-Pandemie. Tatsächlich, so die Forscher, vermehrt sich auch SIVcpz in menschlichen Zellen durchaus, wenn auch sehr ineffizient und langsam. Dramatisch effizienter gestaltet sich die Replikation aber in gentechnisch minimal veränderten SI-Viren, bei denen eine einzelne Methionin- oder Leucin-Aminosäure des viralen Gag-Proteins durch ein Arginin oder Lysin ausgetauscht wurde: Die so veränderten SIVcpz konnten sich nun allerdings nur noch in menschlichen, aber nicht länger effizient in Affenzellen replizieren.
Die im Experiment von Kirchhoff und Co ausgetauschte Aminosäure war als ein typischer Unterschied zwischen SIVcpz und HIV-1 Subtyp M schon früher ins Visier von HIV-Forschern geraten. Die Versuche bestätigen nun, dass der Aminosäureaustausch auch tatsächlich einen relevanten Unterschied für die artspezifische Infektiosität der Virentypen bewirkt. Warum dies so ist, muss indes noch geklärt werden. Das Gag-Protein ist ein wichtiges Strukturprotein in der Virenhülle, es beteiligt sich aber auch an verschiedenen anderen Prozessen im Replikationszyklus des Virus.
Zudem sind die gentechnisch veränderten SIV-Viren in menschlichen Zellen nicht so infektiös wie ihre nahen HIV-1-Verwandten. Es waren also noch weitere Veränderungen notwendig, um in der Evolution aus dem Affenvirus das gefährliche Menschenvirus entstehen zu lassen. Der Aminosäureaustausch im Gag-Protein war aber vermutlich ein Schlüsselereignis, das mit einer dramatisch erhöhten Fitness der Viren in menschlichen Zellen einherging – und die spätere für menschliche Patienten fatale Effizinzoptimierung des Erregers erst möglich gemacht hat, glauben die Forscher.
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