Gedächtnis: Vom Wo zum Was
Gedächtnistrainer wissen: Wer sich einen Einkaufszettel merken möchte, sollte jedes Produkt mit dessen Platz im Supermarkt verknüpfen. Das Gehirn nutzt eine ähnliche Strategie offenbar zum Speichern von Erinnerungen: Laut Forschern aus Deutschland und den USA feuern die gleichen Nervenzellen, wenn wir uns an einem bestimmten Ort befinden oder wenn wir an Objekte denken, die wir mit diesem Ort verbinden.
Ärzte um Andreas Schulze-Bonhage vom Universitätsklinikum Freiburg setzten Epilepsiepatienten vor ein Computerspiel. Den schwer Erkrankten waren aus medizinischen Gründen zuvor Elektroden ins Gehirn implantiert worden. So konnten die Wissenschaftler nun die Feuerraten einzelner Neurone während des Spiels aufzeichnen. Im virtuellen Szenario lieferten die Patienten als Kuriere Waren an verschiedene Geschäfte aus. Sobald sie eines erreichten, erschien das ausgelieferte Produkt auf dem Bildschirm, oder der Name ertönte über den PC. Am Ende des Arbeitstags sollten die Patienten alle ausgelieferten Waren aufzählen, an die sie sich noch erinnerten.
Die Forscher konnten über 90 so genannte Platzzellen im Hippocampus, einem für die Erinnerung besonders wichtigen Areal, sowie in umliegenden Hirnstrukturen aufspüren. Diese Neurone feuerten vermehrt bei einer bestimmten Position im Raum. Die Platzzellen zeigten das gleiche Feuermuster auch bei der Erinnerung an ein Objekt, das die Patienten an diesem Ort ausgeliefert hatten. Je weiter der Bestimmungsort des Produkts von der neuronal kodierten Position entfernt lag, desto mehr unterschied sich die Aktivität der betreffenden Nervenzelle.
Demnach signalisieren Platzzellen nicht nur, wo wir uns befinden – sie helfen offenbar auch bei der Gedächtnisbildung: Beim Erinnern wird über die spezialisierten Zellen der räumliche Kontext reaktiviert.
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