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Tsunami-Katastrophe: Was war und was wird sein?

Seit der Tsunami-Katastrophe, die ungefähr 300 000 Menschen das Leben gekostet hat, zeichnen Wissenschaftler ein immer genaueres Bild der Vorgänge, die sich bei dem gigantischen Erdbeben ereignet haben. Der "Mega-Schub" zwischen Myanmar und Sumatra hatte kaum vorstellbare Ausmaße.
Als an Weihnachten 2004 in Südasien die Ede bebte, überschlugen sich die Meldungen zum Ausmaß der Katastrophe, binnen kurzer Zeit mussten insbesondere die Opferzahlen ständig nach oben korrigiert werden. Ersten Angaben zufolge hatte das Beben eine Stärke von neun auf der Richter-Skala. Seth Stein und Emile Okal von der Northwestern Universität in Everston haben den Wert auf eine Magnitude von 9,3 korrigiert [1].

Auf Grund der logarithmischen Richter-Skala war das Beben damit 2,5 Mal stärker als ursprünglich angenommen und somit das zweitstärkste, das jemals in Magnituden aufgezeichnet wurde. Übertroffen wurde es nur vom Chile-Beben 1960, das eine Magnitude von 9,5 aufwies. Auch die Bruchzone, entlang der sich die indische Platte unter die Burma-Mikroplatte geschoben hat, ist mehr als zweimal so lang wie zuerst angenommen. Gleich nach dem Beben hatte man die Länge auf ungefähr vierhundert Kilometer geschätzt.

Das deckt sich mit Erkenntnissen von Sidao Ni und Hiroo Kanamori von der Universität für Forschung und Technik im chinesischen Hefei, die mit ihrer Analyse der seismischen Wellen eine Länge von etwa 1200 Kilometern und eine Magnitude von 9,5 berechneten [2]. Damit erstreckt sich die Bruchzone vom Norden Sumatras über die Nikobaren bis zu den Andamanen und ist wesentlich länger als die des Chile-Bebens.

Das erklärt sich unter anderem durch die tektonischen Verhältnisse, die vor Sumatra gänzlich anders sind als vor Chile. Dort ist die ozeanische Kruste mit einem Alter von 15 Millionen Jahren relativ jung und taucht nahezu senkrecht zum Tiefseegraben unter den südamerikanischen Kontinent ab. Bei Sumatra hingegen wird die subduzierte indische Platte auf 60 Millionen Jahre geschätzt und fällt besonders im Norden schräg zum Graben ein. Unterschiede in den Drift-Geschwindigkeiten und den Materialeigenschaften der Platten beeinflussen maßgeblich das Gleitverhalten, die Länge der Bruchzonen und die Magnituden der Beben.

Innerhalb der nächsten zwei Jahre wird sich zeigen, was die Beobachtungen und Untersuchungen dieses spektakulären Ereignisses der modernen Erdbebenforschung an neuen Erkenntnissen erbracht haben. Satellitenbilder und die genaue Vermessung angehobener und abgetauchter Küstenlinien werden helfen, das räumliche Ausmaß der Bruchzone, die Magnitude und den genauen Ablauf des Gleitvorgangs und des Tsunamis weiter einzugrenzen und zu verstehen. Viele der großen Verwerfungen in der Nachbarschaft der Sumatra-Andaman-Plattengrenze ruhen bereits seit langer Zeit. Daher ist es plausibel davon auszugehen, dass die jüngsten verheerenden Erdbeben und Tsunamis nicht die einzigen bleiben werden.

Tsunami-Frühwarnsysteme können, immerhin bis zu ein paar Stunden vor Eintreffen einer Flutwelle, den Menschen Gelegenheit bieten, sich in Sicherheit zu bringen. Trotz moderner Technologien ist es jedoch nach wie vor nicht möglich, die Bevölkerung vor einem Erdbeben zu warnen. Wie wichtig dies ist, zeigte sich am 28. März, als bei einem erneuten Seebeben vor Indonesien etwa 2000 Menschen ums Leben kamen.

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