Lexikon der Geowissenschaften: Vulkanismus
Vulkanismus, im Gegensatz zum Plutonismus, dessen magmatisches Geschehen sich innerhalb der Erdkruste abspielt, umfaßt der Vulkanismus sämtliche Prozesse und Erscheinungsformen, die mit dem Austritt von Magma an die Erdoberfläche in Zusammenhang stehen. Man unterscheidet dabei das ruhige Ausfließen (Effusion) vom explosiven Herausschleudern (vulkanische Eruption). Beide Prozesse können an der Oberfläche des Festlandes (terrestrischeroder subaerischer Vulkanismus) oder am Boden von Gewässern (subaquatischer Vulkanismus), also am Boden von Seen (sublakustrin) und am Meeresboden (submarin) sowie unter Gletschern (subglazial) stattfinden.
Als Eruptionsformen unterscheidet man phreatomagmatische Eruptionen, bei denen externes Wasser (Grund-, See-, Meer- und Schmelzwasser) eine Rolle spielt, von magmatischen Eruptionen, bei denen Explosion und Fragmentierung durch vom Magma mitgeführte juvenile Volatile verursacht werden. Im Verlauf einer explosiven Eruption können neben den juvenilen Fragmenten, also Magmafetzen und Einsprenglinge des eruptierenden Magmas, auch Gesteinsbruchstücke gefördert werden, die von vulkanischen Produkten vorangegangener Eruptionen oder vom Magma aus dem oberen Mantel oder der Kruste mitgerissen wurden bzw. bei der Explosion aus der oberen Kruste herausgebrochen wurden.
Bei magmatischen Eruptionsformen treten durch die mit dem Magmenaufstieg einhergehende Druckentlastung juvenile Volatile (z.B. H2O, CO2) aus dem Magma aus und bilden Blasen ( Abb. 1). Magmatische Eruptionen werden nach ihrer Explosivität in hawaiianische, strombolianische und plinianischeEruptionen unterteilt ( Abb. 2). Hawaiianische Eruptionensind in der Regel an niedrigviskose basaltische Magmen gebunden, bei denen bis 500 m hohe Lavafontänen und ausgedehnte Lavaströme entstehen können. Demgegenüber neigen SiO2-reichere und entsprechend viskosere Basaltmagmen zu strombolianischer Tätigkeit, bei der große Gasblasen am Top der Magmasäule zerplatzen, die dabei entstandenen Magmafetzen auf ballistischen Bahnen aus dem Vulkan herausfliegen und in der Umgebung zu einem Schlackenkegel aufgeschichtet werden. Es kann auch zur Ausbildung von bis zu 10 km hohen Eruptionssäulen kommen, aus denen Lapilli und Asche herausregnen und zu pyroklastischen Fallablagerungen führen. SiO2-reiche bzw. differenzierte und volatilreiche Magmen neigen zu hochexplosiven plinianischen Eruptionen, in deren Verlauf bis zu 65 km hohe Eruptionssäulen und ausgedehnte Tephra-Decken entstehen können. Im Magma, das zur Erdoberfläche aufsteigt, nimmt die Zahl und Größe der Blasen stetig zu. Bei einem Blasengehalt von 60-70% wird die Zerrfestigkeit der hochviskosen Schmelze überschritten und sie wird fragmentiert ( Abb. 1). Starke, die Zerrfestigkeit überschreitende Fließbewegung der blasenreichen Schmelze dürfte ebenfalls zur Fragmentierung beitragen. Oberhalb des Fragmentierungsniveaus liegt eine 700–900ºC heiße, niedrigviskose Dispersion aus Gas, aufgeschäumten Magmafetzen, Kristallen und ggf. Gesteinsbruchstücken vor, die sich, angetrieben von der Expansion des Gases, unter starker Beschleunigung (bis zu 600 m/s) aus dem Vulkanschlot herausbewegt und eine Eruptionssäule bzw. -wolke aufbaut. Plinianische Eruptionen führen zur Ausbildung von ausgedehnten Fallablagerungen (Tephra); daneben können sich als Folge eines partiellen oder kompletten Kollapses der Eruptionssäule pyroklastische Ströme entwickeln.
Bei phreatomagmatischen Eruptionen spielt neben den magmatischen Eruptionsprozessen externes Wasser eine Rolle. Beispielsweise kann an einer Störung aufsteigendes Magma in einigen Zehner bis Hunderten Meter Tiefe in engen Kontakt mit Grundwasser geraten. Die hieraus resultierenden Explosionen führen zu Druckwellen, die sich mit großer Geschwindigkeit in der Schmelze fortpflanzen. Dadurch wird die Schmelze fragmentiert, und das externe Wasser gelangt in die kurzzeitig vorhandenden Klüfte. Im weiteren Verlauf der phreatomagmatischen Eruption wandelt sich das gespannte oder überkritisch aufgeheizte Wasser in den Klüften unter stark explosiver Volumenzunahme zu Wasserdampf. Durch die heftigen Dampfexplosionen findet eine starke Fragmentierung des Magmas und oft auch des Nebengesteins statt (hoher F-Wert, Abb. 2). Im Verlauf von phreatomagmatischen Eruptionen entstehen häufig Base surges. [CB]
Literatur:[1] Cas, R.A.F., Wright, J.V. (1987): Volcanic successions: Modern and ancient. – London. [2] Fischer, R.V., Schmincke, H.-U. (1984): Pyroclastic rocks. – Berlin. [3] Orton, G.J. (1996): Volcanic environments. In: READING, H.G. (Hrsg.): Sedimentary environments: Processes, facies and stratigraphy. – London. [4] McPhie, J., Doyle, M. Allen, R. (1993): Volcanic textures – A guide to the interpretation in volcanic rocks. University of Tasmania. Centre for Ore Deposit and Exploration Studies. [5] Schmincke, H.-U. (1986): Vulkanismus. – Darmstadt.
Vulkanismus 1: Schema einer subaerischen explosiven Eruption. Vulkanismus 1:
Vulkanismus 2: Klassifikationsschema explosiver Eruptionen anhand der von pyroklastischen Fallablagerungen bedeckten Fläche (D) und des Grades der Tephrazerkleinerung (F). Neben den rein magmatischen Eruptionen unterscheidet man je nach Verfügbarkeit von externem Wasser zwischen gemäßigt phreatomagmatischen (vulkanianischen) und extrem phreatomagmatischen (surtseyanischen und phreato-plinianischen) Eruptionen; D=Fläche, die von der 1%-Tmax-Isopache eingeschlossen wird (Tmax=Maximalmächtigkeit der Ablagerung); F=Gewichtsprozent der Fraktion 1 mm einer Probe, welche an dem Schnittpunkt der 10%-Tmax-Isopache mit der Ausbreitungsachse der Ablagerung genommen wurde. Vulkanismus 2:
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