Lexikon der Neurowissenschaft: Augenbewegungen
Augenbewegungen, Augenmotorik, E eye movements, Bewegungen der Augen in der Schädelhöhle. Der Prozeß des Sehens besteht nicht nur in einer Abbildung der Umwelt durch den optischen Apparat des Auges, das Sehfeld (Gesichtsfeld) wird damit ständig abgetastet. Beim Menschen finden pro Sekunde etwa 3 Fixationsphasen statt, die durch Blicksprünge miteinander verbunden werden. Die ständige Bewegung der Augen wird uns nicht bewußt, ist aber notwendig für die Bildwahrnehmung. Wenn die Bewegung künstlich unterbunden wird, indem das Bild, das auf der Netzhaut gebildet wird, stabil gehalten wird, verschwindet dieses Bild in Sekunden aus unserer Wahrnehmung, und es bleibt der subjektive Eindruck eines merkmallosen grauen Feldes zurück. Man unterscheidet fünf verschiedene Typen von Augenbewegungen, deren Existenz das Sehen als einen aktiven Prozeß kennzeichnen. a) Der optokinetische Nystagmus wird bei Bewegungen des visuellen Feldes gegenüber dem Körper ausgelöst, um das Bild auf dem Augenhintergrund zu stabilisieren. b) Der vestibuläre Nystagmus dient der Stabilisierung der Blickrichtung gegenüber der Umwelt, nur wird er von Signalen des Gleichgewichtsorgans bei Bewegung des Kopfes gesteuert, was auch in Dunkelheit geschehen kann. c) Mit Augenfolgebewegungen halten wir einen bewegten Gegenstand mit unserem Blick fest. Diese Bewegungen können bis 100°/s schnell sein, ihre Präzision nimmt mit dem Grad der Müdigkeit, bei Ablenkung und unter dem Einfluß von Alkohol und anderen Drogen ab. d) Saccaden sind bis 900°/s schnelle Blicksprünge, die Blick-Fixationen miteinander verbinden. e) Außer den genannten Bewegungstypen, bei denen sich die beiden Augen gleichsinnig (konjugiert) bewegen, gibt es die Vergenzbewegungen, mit denen wir die Augen gegeneinander bewegen, um Gegenstände in verschiedenen Tiefenebenen beidäugig anschauen (fixieren) zu können. – Augenbewegungen dienen auch dazu, charakteristische Schlafphasen zu unterscheiden. Schnelle Augenbewegungen (rapid eye movements, REM) werden in bestimmten Schlafphasen durch eine phasische Aktivierung der äußeren Augenmuskeln erzeugt. Solche Phasen von REM-Schlaf werden bei allen Säugetieren beobachtet. – Die Bewegung der Augen erfolgt durch jeweils sechs äußere Augenmuskeln. Diese werden von Motoneuronen in drei Kerngebieten des Hirnstamms innerviert: den Kernen des Oculomotorius, des Trochlearis und des Abducens. Diesen motorischen Kerngebieten übergeordnet sind verschiedene Blickzentren im Hirnstamm und das obere Mittelhirndach (Colliculi superiores). Obwohl der Mensch Augenbewegungen ebenso frei steuern kann wie etwa die Bewegung der Hand, scheint es kein Gebiet der Großhirnrinde zu geben, die dem okulomotorischen System in einer Weise übergeordnet ist wie der Motorcortex dem Rückenmark. Bewegungssehen, Bildwahrnehmung, Blickfeld, Nystagmus.
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