Lexikon der Neurowissenschaft: Östrogene
Östrogene [von griech. oistros = Pferdebremse, Leidenschaft, gennan = erzeugen], Estrogene,Follikelhormone, Eestrogens, Gruppe von Sexualhormonen der Wirbeltiere und des Menschen, die in den Graafschen Follikeln und dem Gelbkörper des Ovars, während der Schwangerschaft zu einem großen Teil in der Placenta und in geringen Mengen auch in der Nebennierenrinde (Nebenniere) und den Hoden gebildet werden. Bildung und Freisetzung der Östrogene werden durch Hormone der Adenohypophyse reguliert. Man unterscheidet die drei Steroidhormone Östron, Östriol undÖstradiol. Östrogene sind typische weibliche Geschlechtshormone (Hormone), die für die Ausbildung der sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale verantwortlich sind und bei der Koordination der Sexualzyklen eine Rolle spielen (Menstruationszyklus). Da Östrogene gut lipidlöslich sind, können sie die Zell-Membran durchdringen. Im Plasma werden sie an spezifische Rezeptoren gebunden und in den Zellkern transportiert, wo sie mit definierten Strukturen auf der DNA in Wechselwirkung treten und damit zur Expression der betroffenen Gene führen. – Zentralnervös finden sich Östrogenrezeptoren in verschiedenen Kernen des Hypothalamus (präoptische Region, Nucleus periventricularis) und in limbischen Strukturen. Die Östrogenwirkungen im Gehirn interferieren mit dem Metabolismus verschiedener niedermolekularer Neurotransmitter (z.B. der Catecholamine). So soll durch Östrogene über einen aktivierenden Einfluß des noradrenergen Transmittersystems (Noradrenalin) die Erregbarkeit des Neocortex generell gesteigert werden. Im Tierversuch wurde eine fördernde Funktion von Östrogenen auf reproduktive Verhaltensweisen nachgewiesen. Östrogene sind auch an der geschlechtsspezifischen Differenzierung der Gehirnentwicklung beteiligt (Geschlechtsunterschiede aus neurowissenschaftlicher Sicht). Bei menopausalen Frauen können Östrogenbehandlungen stimmungsstabilisierend wirken. Langdauernde Östrogenbehandlungen bei postmenopausalen Frauen führen zu einem verminderten altersbedingten Abfall kognitiver Leistungen. Östrogene scheinen ferner nach neueren Erkenntnissen auch eine antioxidative und neuroprotektive Wirkung zu besitzen, die von der Anwesenheit einer phenolischen Gruppe abhängt und von einer Aktivierung der Östrogenrezeptoren unabhängig ist.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.