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Warkus' Welt: Her mit dem guten Leben?

Nicht nur Philosophen wünschen sich ein gutes Leben. Doch wie sieht ein solches überhaupt aus? Die Antwort auf diese Frage hängt auch von unserem Menschenbild ab.
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Die Ethik, die sich damit beschäftigt, was gut und böse ist, ist sicher die bekannteste Teildisziplin der Philosophie. Das liegt daran, dass es (zumindest in Deutschland) weit wahrscheinlicher ist, in der Schule mit ihr konfrontiert zu werden als mit irgendwelchen anderen Disziplinen; aber auch daran, dass über Themen der angewandten Ethik viel berichtet wird. Dabei verkürzt man die Probleme häufig auf Fragen von Leben und Tod. Es kann der Eindruck entstehen, es gebe kein wichtigeres ethisches Thema als die Frage, welches Leben man mit welchem Tod erkaufen darf beziehungsweise muss.

Doch es gibt mehr als Sein oder Nichtsein. Selbst wenn Mord und Hunger abgeschafft wären, wenn niemand vor seiner Zeit stürbe, könnte es immer noch sein, dass viele Menschen sehr unglücklich wären, zum Beispiel aus politischen oder ökonomischen Gründen. Und selbst wenn alle Menschen glücklich wären, könnte es sein, dass ihr Leben andere Defizite hätte: Stellen Sie sich etwa eine Welt vor, in der niemand mehr Romane liest oder in der es keine andere Musik mehr gibt außer der übelsten Sorte Partyschlager, sich aber alle an die Situation gewöhnt haben. Würden Sie nicht intuitiv vermuten, dass dies ein Problem darstellen könnte? Mit »Fahrenheit 451« von Ray Bradbury und »Schöne neue Welt« von Aldous Huxley gibt es zwei berühmte literarische Visionen einer Welt, in der sich die allermeisten Menschen sehr wohlfühlen, obwohl es keine Hochkultur mehr gibt. Zudem (oder vielleicht genau deswegen?) hat dort auch kaum jemand mehr ein Interesse daran, ein politisch selbstbestimmtes Leben zu führen; die Mehrheit ist zufrieden, aber unfrei.

Die Fragen um solche Überlegungen herum fasst man gerne unter dem Schlagwort des »guten Lebens« zusammen. Viele erhoffen sich von der Philosophie Rat dazu, wie sie selbst ein gutes Leben erlangen können. Doch hat das Leben so viele Aspekte, dass man sich in endlosen Abwägungen verheddern kann. Recht klar scheint es, dass nicht nur Glück, sondern auch Moral eine Rolle spielt: dass ein stets böse handelnder Mensch kein gutes Leben hat, ganz gleich, wie er sich fühlt. Ist das gute Leben also eines, in dem man das eigene Glück völlig zurückstellt, um möglichst gut zu sein? Wenn das alle täten, wer hätte dann noch etwas davon, dass so viel Gutes getan wird?

Was ist Glück?

Und schlimmer: Schon darüber, was Glück eigentlich bedeutet, besteht kaum Klarheit. Ist sinnliche Befriedigung das Wichtigste? Dann sollte die Menschheit alle Anstrengungen darauf lenken, Maschinen zu entwickeln, die über Gehirnstimulation oder Ähnliches jedes sinnliche Erlebnis simulieren können, damit wir das leidige reale Leben einstellen können. Ist es die Erfüllung von Wünschen? Was ist mit guten Lebensweisen, die man sich nie wünschen würde, weil man nie auf die Idee käme? Von Ephraim Kishon, einem der bekanntesten und erfolgreichsten Humoristen des 20. Jahrhunderts, stammt das Zitat: »Ich habe als Kind niemals davon geträumt, ein Humorist zu werden, so wenig, wie jemand davon träumt […], tiefgekühltes Geflügel zu importieren.« Hatte er ein schlechtes Leben?

Auf Aristoteles geht die Vorstellung zurück, dass ethische Fragen aller Art durch Finden der Mitte zwischen Extremen entschieden werden sollten (was dabei längst nicht immer der mathematische Mittelwert sein muss). Kann aber nicht gerade auch ein extremes Leben ein gutes sein? Können nicht eine Kriegsreporterin oder ein in mönchischer Askese ganz für seine Kunst lebender Keramiker auch ein gutes Leben haben?

Was ist nun also ein gutes Leben? Wie so viele Fragen ist diese von der großen Frage »Was ist der Mensch?«, in der zumindest Immanuel Kant alle philosophischen Themen zusammenlaufen sah, nicht zu trennen. Wenn wir den Menschen als Tier definieren, das auf seinen Hinterbeinen geht, hochgestochene Vorstellungen von seiner eigenen Bedeutsamkeit hat, aber eigentlich doch nur fressen und sich paaren will, werden wir zu einem anderen Ergebnis kommen, als wenn wir »den Menschen« als Angehörigen von etwas definieren, das dadurch ausgezeichnet ist, dass es die Werke von zum Beispiel Ovid, Virginia Woolf, Beethoven oder Jimi Hendrix hervorgebracht hat.

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