Kompaktlexikon der Biologie: Mikroskop
Mikroskop, ein optisches Gerät, mit dem kleine, mit dem bloßen Auge nicht sichtbare Objekte und Strukturen vergrößert abgebildet und betrachtet werden können. Beim Lichtmikroskop wird sichtbares Licht zur Bilderzeugung verwendet, beim Elektronenmikroskop kommen zu diesem Zweck hochbeschleunigte Elektronen zum Einsatz (Kathodenstrahlung). Sowohl bei der Licht- als auch bei der Elektronenmikroskopie existieren eine Reihe von technischen Modifikationen, mit deren Hilfe Objekte auf unterschiedliche Weise untersucht werden können. (Sonderartikel Methoden: Mikroskopie)
Lichtmikroskop. Beim heute gebräuchlichen Lichtmikroskop erfolgt die Bilderzeugung in zwei Stufen (zusammengesetztes M.) durch Absorption, Brechung, Reflexion und Beugung von Lichtwellen an Strukturelementen des zu betrachtenden Objektes, wobei das dem Objekt zugewandte Linsensystem (Objektiv) in einer Zwischenbildebene ein umgekehrtes, reelles Objektabbild entwirft, welches durch das zweite, dem Auge zugewandte Linsensystem (Okular) wie bei einer Lupe nachvergrößert wird. Die Gesamtvergrößerung ist folglich das Produkt aus der primären Objektiv- und der sekundären Okularvergrößerung. Sie ist prinzipiell unbegrenzt, jedoch nur so lange von Nutzen, wie vorhandene Strukturen durch das menschliche Auge wahrnehmbar sind. Nicht die Endvergrößerung, sondern die Auflösung ist deshalb entscheidend für die Qualität des Lichtmikroskops, d.h. der geringst mögliche Abstand zweier Objektpunkte dmin, der in der Vergrößerung noch als zwei getrennte Punkte dargestellt werden kann. Dieser hängt nach Berechnungen, die von E. Abbe und M. Berek bereits im 19. Jh. durchgeführt wurden, von der Wellenlänge des einstrahlenden Lichtes λ und dem halben Öffnungswinkel α des Objektivs ab, wobei letzterer als der größte Winkel bezeichnet wird, den ein Strahl zur optischen Achse einnehmen kann, um vom Objektiv gerade noch aufgenommen zu werden:
dmin = λ/(n x sin α)
mit n als dem Brechungsindex des das Objektiv umgebenden Mediums, indem der Öffnungswinkel gemessen wird. (n x sin α) wird auch als so genannte numerische Apertur bezeichnet und stellt somit ein Maß für die Auflösungskraft eines Objektives dar. Durch die Verwendung von hochbrechenden Immersionsölen, deren Brechungsindices die von Glas erreichen oder übertreffen, besitzen so genannte Immersionsobjektive numerische Aperturen von 1,2 bis 1,4, wohingegen Trockenobjektive Werte unter 1 besitzen. Für sichtbares Licht beträgt dmin bei einer Verwendung von Immersionsobjektiven 0,2 μm. Das durch die numerische Apertur begrenzte Auflösungsvermögen eines Objektivs spiegelt sich auch in der förderlichen Vergrößerung wieder, d.h. die durch das Okular erfolgende Nachvergrößerung, mit der das Zwischenbild durch das menschliche Auge verarbeitet werden kann. Bei zu geringer Nachvergrößerung kann das Informationsangebot des Objektivs nicht voll genutzt werden, wohingegen eine zu starke Nachvergrößerung zu unscharfen und kontrastarmen Bildern führt. Als Faustregel gilt, dass die förderliche Vergrößerung eines Lichtmikroskops zwischen dem 500fachen und 1000fachen der numerischen Apertur liegt. Für ein Immersionsobjektiv mit einer Vergrößerung von 100 und einer numerischen Apertur von 1,3 erscheinen Okularvergrößerungen des Zwischenbildes von 6,3x bis 12,5x sinnvoll. ( vgl. Abb. )
Aufbau des Lichtmikroskops. Okular und Objektiv sind über einen häufig schräggestellten Tubus definierter Länge miteinander verbunden und am Stativ befestigt, wobei eine als Objektivrevolver bezeichnete Drehscheibe das bequeme Austauschen von Objektiven zum Vergrößerungswechsel gestattet. Im niedrigen bis mittleren Vergrößerungsbereich werden häufig auch Stereolupen (Binokulare) oder Stereomikroskope eingesetzt, die für eine größere Tiefenschärfe sorgen. Sie beruht auf der Überlagerung von zwei geringfügig verschiedenen Bildern desselben Objektes, die durch zwei Strahlengänge erzeugt werden. Anstelle des menschlichen Auges können Kamerasysteme treten, für die bestimmte Tubussysteme existieren. ( vgl. Abb. )
Die Objekte befinden sich i.d.R. auf einem als Objektträger bezeichneten Glasplättchen und sind von einem 0,17 mm dünnen Deckglas abgedeckt. Sie werden auf einem Objekttisch befestigt, der zum Scharfstellen über einen Grob- und Feinzahntrieb in seiner Höhe verstellt werden kann. Zur Beleuchtung kann im einfachsten Fall ein Spiegel für Tageslicht dienen. Die meisten Mikroskope besitzen jedoch ein aus Lichtquelle und Kondensor bestehendes Beleuchtungssystem. Als Licht sammelndes Linsensystem sorgt der Kondensor für eine gleichmäßige Ausleuchtung des Objektes. Entscheidend für die Qualität eines M. ist vor allem die Güte der Objektive und Okulare, da sich physikalisch-technisch bedingte Linsenfehler sofort bemerkbar machen. Durch die Kombination von verschiedenen Glasmaterialien und einer geeigneten Linsengeometrie (Sammel- und Zerstreulinsen) können bei bestimmten Objektivtypen (Achromat, Apochromat) solche Beeinträchtigungen der Bildqualität z.B. durch als monochromatische Bildfehler bezeichnete Farbfehler oder durch Verzeichnung entstandene Verzerrungen von Strukturen mehr oder weniger gut vermieden werden. Die Verwendung besonderer Okulare kann in Verbindung mit bestimmten Objektiven ebenfalls zu einer Verbesserung des mikroskopischen Bildes führen.
Elektronenmikroskop. Durch die Verwendung von Elektronenstrahlen im Vakuum ist es möglich, dmin zu verkleinern, weil die Wellenlänge der beschleunigten Elektronen um den Faktor 10-5 kleiner ist, als beim im Lichtmikroskop verwendeten Licht mit Wellenlängen zwischen 360 und 780 nm. Der durch einen im Hochspannungsfeld zwischen 20 und 100 kV erzeugte Kathodenstrahl verhält sich wie Licht und wird an den Oberflächenstrukturen eines Objektes gebeugt. Da Elektronenstrahlen im elektrischen und magnetischen Feld abgelenkt werden, ist es möglich, in Analogie zum Lichtmikroskop elektromagnetische Linsen und Blenden zu verwenden, sodass sich die Vergrößerung durch Veränderungen der Linsenströme bzw. der daraus resultierenden Feldstärken variieren. Die Wellenlänge lässt sich anhand der Broglie-Beziehung λ = h/(m × v)
mit h = Plancksches Wirkungsquantum, m = Elektronenmasse und v = Elektronengeschwindigkeit ermitteln. Bei biologischen Präparaten kann eine Auflösungsgrenze von 1 – 3 nm erzielt werden, die unter der theoretisch zu erwartenden Auflösungsgrenze liegt, weil mit sehr kleinen Aperturen gearbeitet werden muss. ( vgl. Abb. ) Die Vergrößerung eines Elektronenmikroskops liegt weit über der des Lichtmikroskops im Bereich von bis zu einer Millionenfachen Vergrößerung. Allerdings kann der Elektronenstrahl nur äußerst dünne Schichten im Bereich von 70-100 nm Dicke durchdringen, ohne dabei die für die Bilderzeugung erforderliche Energie zu verlieren. In der Elektronenmikroskopie können prinzipiell zwei unterschiedliche M.-Typen unterschieden werden, das Transmissionselektronenmikroskop (TEM) und das Rasterelektronenmikroskop (REM), mit denen sich Objekte in unterschiedlicher Weise betrachten lassen. Im Unterschied zur Lichtmikroskopie müssen elektronenmikroskopische Präparate zuvor mit kontrastierenden Agentien behandelt werden (Gefrierätztechnik).
Transmissionselektronenmikroskop. ( vgl. Abb. ) Mit Hilfe dieses M. können ultradünne Zell- und Gewebeschnitte untersucht werden. Der Aufbau des TEM ähnelt, was den Strahlengang betrifft, dem des Lichtmikroskops. Als „Lichtquelle“ dient eine haarnadelförmige Glühelektrode aus Wolframdraht, die beim Aufheizen auf 2000 bis 2500 °C eine Elektronenwolke aussendet, die von der Anode angezogen und somit beschleunigt wird. Das Präparat wird auf einem als Objektträger fungierenden Kupfernetz durch eine Vakuumschleuse in den Tubus eingeführt und kann als vergrößertes Bild auf einem fluoreszierenden Leuchtschirm bzw. auf einem Fotopapier abgebildet werden.
Die meisten Bausteine organischer Verbindungen sind wenig elektronendicht. Dies hat zur Folge, dass biologische Präparate elektronenmikroskopisch durchsichtig erscheinen. Durch Behandlung mit elektronendichten Schwermetallsalzen wie Osmiumtetroxid oder Bleicitrat, die sich an Membranen oder Nucleinsäuren anlagern, wird der nötige Kontrast geschaffen (Negativkontrastierung). Die bereits erwähnte geringe Schichtdicke, die im TEM betrachtet werden kann, macht es erforderlich, das zu untersuchende Material vor dem Schneiden mit dem Ultramikrotom einzubetten. Zur Strukturerhaltung findet deshalb zuvor eine Fixierung und Entwässerung statt, da die Objekte wegen des Hochvakuums wasserfrei sein müssen.
Rasterelektronenmikroskop. ( vgl. Abb. ) Das REM dient nicht der Erzeugung eines unmittelbar zu betrachtenden Simultanbildes des Objektes, sondern erzeugt ein Oberflächenbild, das durch zeilenweises Abrastern der Oberfläche mit einem Primärelektronenstrahl entsteht. Die dabei gebildeten Sekundärelektronen werden von einem Detektor erfasst und über einen Verstärker an einen Bildschirm oder einen Film weitergeleitet. Zu diesem Zweck müssen die Präparate zunächst durch so genanntes Sputtern mit einer dünnen leitenden Schicht aus Gold oder einem anderen Edelmetall überzogen werden. Der Bildkontrast wird durch die Anzahl der vom Detektor erfassten Sekundärelektronen bestimmt, sodass der Eindruck entsteht, das betrachtete Objekt sei vom Detektor her beleuchtet worden. Das Auflösungsvermögen des REM hängt von der Dicke des Primärelektronenstrahls ab und liegt i.d.R. zwischen 5 und 10 nm. Mit Hilfe des REM sind Vergrößerungen von 50fach bis 100000fach möglich. Aus diesem Grund kommt das REM in den unterschiedlichsten biologischen Teildisziplinen, aber auch in der Materialforschung zum Einsatz. ( vgl. Bildtafel )
Mikroskop: Aufbau eines Lichtmikroskops, Strahlengang bei Durchlichtbeleuchtung (Köhler'sche Beleuchtung)
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