Lexikon der Biologie: Exotoxine
Exotoxine [von *exo- , griech. toxikon = Gift], Ektotoxine, bakterielle Toxine (Bakterientoxine), die im Cytoplasma vor allem grampositiver sowie einiger gramnegativer Bakterien synthetisiert und normalerweise während des (exponentiellen) Wachstums im allgemeinen von der intakten Bakterienzelle abgegeben werden. Exotoxine sind Proteine; sie weisen Enzymaktivität (z.B. Proteasen, Phospholipasen) auf und zeigen bereits in geringen Konzentrationen eine spezifische, in einigen Fällen extrem toxische Wirkungen auf die entsprechende Wirtszelle oder Zellfunktion ( vgl. Tab. ). (Die letale Dosis von Botulinustoxin auf Mäuse beträgt z.B. 0,8·10–8 mg, von Strychnin 3·10–6 mg, von Endotoxinen 3·10–7 mg.) Exotoxine sind hochspezifisch für ihren Wirkort und ihre Wirkungsweise. Die Bezeichnungen Enterotoxine, Neurotoxine, Cytotoxine, Leukozidine oder Hämolysine werden oft zur Kennzeichnung des Wirkorts einiger Toxine angewandt. Einige Toxine greifen nur bestimmte Zelltypen an (spezifische cytotoxische Aktivität; cytotoxisch, Cytotoxizität), z.B. Tetanustoxine oder Botulinustoxin, oder es werden verschiedene Zelltypen angegriffen (breite cytotoxische Aktivität), so daß sogar ausgedehnte Nekrosen entstehen können, z.B. durch einige Staphylococcus- (Staphylococcus) und Streptococcus-Toxine (Streptococcus). Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. ein Enterotoxin von Escherichia coli) lassen sich Exotoxine durch Hitze inaktivieren. Durch eine derartige Hitzebehandlung oder auch durch Chemikalien (z.B. Formalin; Formaldehyd) ist es möglich, Exotoxine grampositiver Bakterien in Toxoide umzuwandeln, da die Exotoxine durch die Inaktivierung zwar ihre Toxizität, nicht aber ihre Antigeneigenschaften (Antigene) verlieren. Toxoide stimulieren die Produktion von Antikörpern und haben Bedeutung als immunisierende Agenzien, besonders zur Bekämpfung von Diphtherie (Diphtherietoxin) und Wundstarrkrampf (aktive Immunisierung). – In einer früheren Einteilung der Bakterientoxine nach M. Raynaud und J.E. Alouf wird die Klasse der Exotoxine (B) in 2 Gruppen unterteilt: a) (Gruppe III), die „echten“ Exotoxine grampositiver Bakterien (z.B. Diphtherietoxin, Staphylococcus-Toxine), und b) (Gruppe IV), Toxine, die während des logarithmischen Wachstums (mikrobielles Wachstum) sowohl innerhalb als auch außerhalb der Zellen nachgewiesen werden können (z.B. Botulinustoxin und viele andere Clostridientoxine; Clostridiencytotoxine, Clostridienneurotoxine). Nach dieser Einteilung werden Proteintoxine, die erst nach Lyse der Zellen frei werden, bei den Endotoxinen (i.w.S., Gruppe I) eingeordnet. Viele Exotoxine, die intrazellulär in Wirtszellen wirksam sind, besitzen 2 Typen an Untereinheiten, A und B. A ist für die toxische Aktivität verantwortlich, B zur Bindung an einen spezifischen Rezeptor der Wirtszelle. Es gibt verschiedene Formen der Bildung und Bindung der beiden Komponenten: A + B bedeutet, daß beide Komponenten des Toxins separat synthetisiert und ausgeschieden werden, ehe sie an der Zielzelle zusammen wirksam werden. A–B oder A–5B bedeutet, daß die beiden Komponenten separat synthetisiert, aber beim Freisetzen durch eine nicht-kovalente Bindung assoziiert werden. (5B zeigt an, daß die B-Komponente aus 5 gleichen Untereinheiten zusammengesetzt ist; A/B bedeutet, daß das Toxin als ein einziges Protein synthetisiert und erst später in der Wirtszelle in die 2 Fragmente [A und B] geteilt wird, z.B. durch eine proteolytische Spaltung.) Der spezifische Rezeptor für die B-Untereinheit an der Zielzelle oder im Gewebe sind normalerweise Sialoganglioside (Sialoglykoproteine), die als G-Proteine bezeichnet werden. Die genetische Information zur Synthese der Exotoxine ist meist auf Plasmiden (z.B. Staphylococcus-Enterotoxin und -Exfoliatin, E.coli-Enterotoxine) oder lysogenen (temperenten) Bakteriophagen (z.B. Scharlach–Diphtherie, Botulinustoxin) lokalisiert. Nahrungsmittelvergiftungen.
G.S.
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