Lexikon der Biologie: Fucales
Fucales [von Fucus], Ordnung der Braunalgen mit über 300 Arten in 36 Gattungen; plektenchymatischer Thallus sehr unterschiedlich gestaltet, bis 2 m lang. Sexuelle Fortpflanzung durch Oogamie; haploide Phase der Ontogenie ist auf die Gameten beschränkt. Alle Fucales sind Bewohner der Gezeitenzone. Die Gattung Fucus kommt mit ca. 15 Arten auf der nördlichen Hemisphäre vor; der Thallus ist bandförmig verzweigt, mit deutlicher Mittelrippe; die Geschlechtsorgane liegen in Thallushöhlungen (Konzeptakel). Fucus spiralis, der „Kleine“ Blasentang, wird bis 50 cm lang; die Konzeptakel liegen in blasig angeschwollenen Thallusenden; diese Alge ist monözisch. Fucus vesiculosus, der „Große“ Blasentang ( vgl. Abb. 1/1 ), wird bis 1 m groß, der Thallus besitzt neben blasigen Thallusenden noch paarig angeordnete Schwimmblasen an den Verzweigungen im Thallussaum; er ist diözisch. Zur Fortpflanzungszeit werden seine Gameten ins Wasser entlassen. Wie bei anderen Makroalgen auch, ist die Freisetzung der Spermatozoiden und Eizellen offenbar lunarperiodisch gesteuert (mit 14tägigen Maxima bei Voll- und Neumond; Lunarperiodizität). Das Zusammenfinden der Gameten wird durch Lockstoffe (Pheromone; Algen) vermittelt. Dabei war lange unklar, wie trotz der spezifischen Pheromonwirkung der Fortpflanzungserfolg in einem zeitweise stark turbulenten Lebensraum gewährleistet werden kann. Neuere Experimente hierzu zeigten, daß die Gametangienentleerung nur bei ruhigem Wetter unter Stillwasserbedingungen erfolgt (Schwellenwert der Anströmgeschwindigkeit etwa 0,2 m/s). Als Maß für die Intensität der Turbulenzen wird dabei von der Alge wahrscheinlich die Kohlendioxid-Konzentration an der Grenzschicht zwischen Thallus und Meerwasser registriert. Der nächste Entwicklungsschritt, das Auskeimen der Zygote, gilt als eines der klassischen Systeme der pflanzlichen Entwicklungsbiologie, an dem – vor allem für die Gattungen Fucus und Pelvetia – die Entstehung von Polarität intensiv studiert wurde. Die erste Teilung der Zygote trennt die Vorläuferzelle des Thallus von der Vorläuferzelle des Rhizoids und wird durch Umweltsignale ausgerichtet (formative Teilung). Neben Blaulicht (Blaulichtrezeptor), elektrischen Feldern, Ionen-Gradienten und Schwerkraft (Gravitationsbiologie) kann auch die Nähe einer anderen Zygote über ein noch nicht identifiziertes Pheromon wahrgenommen und eine entsprechende Zellpolarität umgesetzt werden. Für die lichtinduzierte Polarität konnte gezeigt werden, daß Calciumkanäle zum künftigen Rhizoidpol hin verschoben werden, so daß es dort zu einem Einstrom von Calcium kommt, während der künftige Thalluspol zunehmend an Calciumkanälen verarmt. Es entwickelt sich dadurch ein sich selbst verstärkender Calciumstrom vom Rhizoid- zum Thalluspol (sog. Selbstelektrophorese). Diese Polarität ist zunächst noch labil und kann durch entgegengerichtete Reize noch gedreht werden. Nach einigen Stunden werden die Kanäle jedoch durch Actinfilamente verankert, so daß nun die Polarität festgeschrieben ist. Der ökologische Sinn dieser Flexibilität liegt vermutlich darin, daß die Zygote so zufällige Schwankungen der Lichtverteilung ignorieren kann und nur auf dauerhafte Gradienten reagiert, wie sie etwa bei Beschattung durch Nachbarpflanzen bewirkt werden. – Eine weitere häufige Art ist Fucus serratus, der Sägetang ( vgl. Abb. 1/2 ). Die Gattung Pelvetia ähnelt Fucus, besitzt aber keine Mittelrippe. Himanthalia elongata, der Riementang ( vgl. Abb. 1/3 ), besitzt einen riemenförmigen, dichotom verzweigten, bis zu 2 m langen Thallus mit becherförmigem Basalteil. Die 60 Arten der Gattung Cystoseira sind vor allem in wärmeren Meeren verbreitet; ihr Thallus ist rund oder flach, mit achsenständigen Luftblasen. Halydris siliquosa, der Schotentang, mit büscheligem, wechselseitig verzweigtem, bis 80 cm langem Thallus, fällt vor allem durch langgestreckte, gekammerte Schwimmblasen an den Seitentrieben auf. Ascophyllum nodosum, der Knotentang ( vgl. Abb. 1/4 ), mit über 1 m großem, dichotom verzweigtem Thallus, besitzt große Schwimmblasen längs der Hauptachse. Die 250 Arten der Gattung Sargassum (Beerentang, Golfkraut, Sargassokraut; vgl. Abb. 2 ) kommen bevorzugt in wärmeren Meeren der Südhalbkugel vor; monopodial verzweigter Thallus mit flachen, blattartigen Phylloiden und gestielten Schwimmblasen; wachsen in der Gezeitenzone, z.B. Sargassum linifolium. Sargassum natans und Sargassum fluitans in der Sargassosee vermehren sich vegetativ. Ihre Gesamtmasse wird auf 4–10 Millionen Tonnen Frischgewicht geschätzt. Sargassum muticum, vermutlich durch Zuchtaustern aus Japan eingeschleppt, breitet sich im Ärmelkanal und um die Westfriesischen Inseln aus. Aerocyste, asexuelle Fortpflanzung.
R.B./P.N./A.Se.
Fucales
Abb. 1: 1 Blasentang (Fucus vesiculosus),2 Sägetang (Fucus serratus),3 Riementang (Himanthalia elongata), 4 Knotentang (Ascophyllum nodosum)
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