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Lexikon der Biologie: Immun-Krebstherapie

Immun-Krebstherapiew, therapeutische Ansätze, die auf Erzeugung oder Modulation immunologischer Reaktionen des Körpers gegen Tumorzellen (Krebs) basieren. In frühen Versuchen einer Tumorvakzine wurden abgetötete ganze Tumorzellen oder Lysate von diesen mit Bacille-Calmette-Guérin (BCG; BCG-Impfstoff) als Adjuvans vermischt. Bei der Behandlung von Blasenkrebs im speziellen ist BCG ein effizientes Therapeutikum, das den herkömmlich verwendeten Chemotherapeutika (Cytostatika) überlegen ist. In-vitro-Studien zufolge führt die Applikation lebender BCG zur Aktivierung von CD8- und CD56-doppelt-positiven Lymphocyten, sog. NK-T-Lymphocyten, die cytotoxisches Potential besitzen und Blasentumorzellen zerstören können. Makrophagen und Helfer-T-Zellen (Helfer-Zellen) sind für die Aktivierung der NK-T-Lymphocyten erforderlich, haben selbst aber keine cytotoxische Aktivität. Der Wirkungsmechanismus von BCG beruht demnach auf der Aktivierung der zellulären Immunabwehr. Die genetische Modifikation von Tumorzellen bedeutete einen nächsten Schritt in der Tumortherapie. Die Tumorzellen wurden mit Viren infiziert oder mit viralen Genen transfiziert und das Lysat dieser Zellen als Vakzine eingesetzt. Eine Fortführung dieser Strategie, die auf dem Einsatz ganzer Zellen beruhte, bedeutete die Transfektion von Tumorzellen mit der cDNA für verschiedene Cytokine (Interleukine), Wachstumsfaktoren (GMCSF), costimulatorische Moleküle (CD80, CD86; CD-Marker, Costimulation) oder Haupt-Histokompatibilitäts-Antigene der Klassen I und II. Die modifizierten Tumorzellen wurden durch Bestrahlung inaktiviert und den Patienten, aus denen sie ursprünglich entnommen wurden, wieder injiziert. Im Falle der mit Cytokinen ausgestatteten Tumorzellen konnten somit eine lokale Applikation der Cytokine erreicht und die schädlichen Nebenwirkungen einer systemischen Cytokinapplikation vermieden werden. Damit nicht für jeden einzelnen Patienten eine autologe, cytokinproduzierende Tumorzellinie etabliert werden muß – was sehr zeit- und kostenintensiv ist –, können Fibroblastenzellinien (Fibroblasten) etabliert werden, welche die Cytokine produzieren. Alternativ dazu können Cytokine auch durch Mikrosphären appliziert werden. Jedoch zeigte lediglich die Verwendung von GMCSF und Interleukin 2 einen deutlichen Effekt, so daß sie für klinische Studien erfolgversprechend sind. Die Annahme, die Tumorzellen in solchen therpeutischen Ansätzen würden auch als Antigen-präsentierende Zellen fungieren und ihre eigenen Tumorantigene präsentieren, bewahrheitete sich nicht. Diese Aufgabe wird vor allem von den dendritischen Zellen wahrgenommen. Der Vorteil, der daraus gezogen werden kann, ist, daß nicht unbedingt autologe, sondern auch allogene Tumorzellen für eine solche Therapie verwendet werden können. Bedingung ist jedoch, daß beide Tumore – der zu therapierende und der als Vakzine eingesetzte – mindenstens ein gleiches Tumorantigen tragen. Eine Therapie, die nicht auf dem Einsatz ganzer Zellen basiert, sondern auf spezifischen Antigenen, die mit bestimmten Tumoren assoziiert sind, würde eine Standardisierung und eine bessere Kontrolle der antitumoralen Immunantwort ermöglichen. Mit verschiedenen methodischen Ansätzen konnte eine Reihe von Tumorantigenen, vor allem in Melanomen, entdeckt werden. Gegen diese Antigene kann ein Organismus auf verschiedene Weise immunisiert werden (Immunisierung). Vielversprechende Strategien sind: 1) rekombinante, abgeschwächte Viren (Retroviren, Adenoviren; attenuierte Viren), welche die Information für die Tumorantigene in ihrem Genom tragen; 2) abgeschwächte infektiöse Bakterien (Salmonella, Listeria), die mit der genetischen Information der entsprechenden Antigene ausgestattet worden sind und die Antigene entweder selbst produzieren oder die cDNA nur transportieren (genetische Impfung); 3) dendritische Zellen, die aus Vorläuferzellen aus dem Blut des Patienten in vitro generiert worden sind; sie können mit Antigenen in Form von Proteinen oder spezifischen Peptiden beladen, mit Viren transduziert oder mit cDNA transfiziert werden; 4) DNA-Immunisierung (genetische Impfung). Diese Immunisierungsmethoden erlauben eine Optimierung der eingesetzten Antigene und die Coapplikation von immunmodulierenden Molekülen (Immunmodulation). – Der Einsatz monoklonaler Antikörper oder rekombinanter Antikörper in der Tumortherapie scheint nach früheren erfolglosen Versuchen doch erfolgversprechend. Folgende Strategien werden verfolgt: 1) Antikörper gegen Moleküle, die in die Signaltransduktion von Tumorzellen involviert sind, wie z.B. die extrazelluläre Domäne von Her2/neu, der EGF-Rezeptor (epidermal growth factor) oder CD20; 2) bispezifische Antikörper, die Tumorzellen und T-Lymphocyten binden und letztere gleichzeitig aktivieren (z.B. Antikörper, die EGF-Rezeptoren und CD3 bzw. EGF-Rezeptoren und CD28 binden); 3) bifunktionale Antikörper, die Tumorantigene binden und über die Effektorkomponente die Tumorzellen zerstören können (ADEPT). Bei all diesen Strategien ist die Verwendung humanisierter Antikörper notwendig, um eine sog. HAMA-Antwort zu vermeiden, die eine weitere Therapie ineffizient macht. Bei den zur Behandlung von Leukämien (besonders bei akuten Lymphatischen Leukämien, ALL) häufig verwendeten autologen Transplantaten (d.h., dem Patienten werden Knochenmarkszellen vor einer Chemotherapie entnommen und nachher zurückinjiziert) ist das Risiko hoch, daß in den transplantierten Zellen Krebszellen verbleiben. Um diese zu erkennen und zu eliminieren, werden Antikörper gegen Tumormarker und neuerdings auch die sehr empfindliche Polymerase-Kettenreaktion (PCR) benutzt. Die Heilung akuter Leukämien ist bei Kindern durch die angewandten Methoden mittlerweile recht erfolgreich: 2 von 3 Kindern werden geheilt. Bei älteren Patienten sieht die Prognose schlechter aus. Hoffnung wird auf die Behandlung mit CSF (Kolonie stimulierender Faktor) gesetzt. Da die Patienten bei einer Chemotherapie Infektionen schutzlos ausgeliefert sind, soll das Immunsystem durch die Gabe dieses Faktors bald nach der Chemotherapie rasch neu expandieren, so daß auf diese Weise auch die Chancen älterer Patienten verbessert werden. Aber auch eine Gabe kurz vor der Chemotherapie verspricht Erfolge. Die Leukämiezellen werden zur Teilung angeregt und damit anfällig für die Chemotherapie, die nur bei sich teilenden Zellen greift. Für die Transplantation nach einer Chemo- oder einer Strahlentherapie wird auch Nabelschnurblut diskutiert, da dieses noch reich an undifferenzierten Zellen ist und sich dadurch die Abwehrreaktion des Transplantats gegen das fremde Empfänger-Gewebe (Graft-versus-host-Reaktion) verringern läßt. Alternative Strategien der Tumortherapie sind zum einen die Inhibition der Angiogenese mit z.B. Genistein, einem Isoflavonoid, das in vitro die Teilung von Gefäßwandzellen inhibiert, oder zum anderen die Tumorzellen, die oftmals auf einem frühen Entwicklungsstadium arretieren, zur Differenzierung anzuregen. Durch Abkömmlinge des Vitamins A, sog. Retinoide, konnten Krebszellen von Patienten, die an der akuten Promyelocyten-Leukämie (einer Wucherung von Vorläuferzellen der Granulocyten, verbunden mit Störungen der Blutgerinnung) erkrankt waren, durch die Gabe von Retinsäure zur Differenzierung angeregt werden. Danach wurde eine herkömmliche Chemotherapie durchgeführt. Bei dieser Kombinationstherapie kam es viel seltener zu einem Rückfall als nach einer reinen Chemotherapie. Die alleinige Behandlung mit Retinsäure erfordert die dauernde Gabe des Wirkstoffs und birgt die Gefahr in sich, daß der Wirkstoff nach einiger Zeit seine Wirksamkeit verliert. adoptive Immuntherapie, Gentherapie, Tumorimmunologie.

R.We.

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