Lexikon der Biologie: TGF
TGF, Abk. für transforming growth factor, transformierender Wachstumsfaktor, in der älteren Literatur auch als sarcoma growth factor (Abk. SGF, Mischung aus TGFα und TGFβ) bezeichnet. 1)TGFα (Synonyme vgl. Infobox 1 ): u.a. im Zentralnervensystem ( vgl. Infobox 2 ) vorkommendes und in Urin und Plasma nachweisbares, vor allem von transformierten Zellen gebildetes Cytokin, das nahe mit EGF (epidermal growth factor) verwandt ist und auch an den EGF-Rezeptor bindet. TGFα fördert u.a. die Angiogenese vor allem in Tumoren (Krebs), wirkt mitogen (Mitose) auf Endothelzellen, Keratinocyten, Tumorzellen und Epidermiszellen (Epidermis), fördert die Knochenneubildung (Knochen), den Knochenumbau und die Knochenreparatur und ist an der Regeneration von Lebergewebe (Leber) beteiligt. In großen Mengen findet sich TGFα in der Haut von Patienten mit Schuppenflechte (Psoriasis). Eine Beteiligung von TGFα an der Entstehung dieser Krankheit wird derzeit diskutiert. Die biologische Wirkung von TGFα wird über den EGF-Rezeptor vermittelt. TGFα wird zur Herstellung von Cytokin-gekoppelten Toxinen verwendet. Man hofft, solche TGFα-Toxine zur Krebsbehandlung einsetzen zu können. Außerdem für die Tumortherapie diskutiert werden TGFα-Hemmstoffe, um die Angiogenese fördernde Wirkung von TGFα (Angiogenesefaktoren) im Tumorbereich zu unterbinden (Angioinhibine). 2)TGFβ (Synonyme vgl. Infobox 1 ): vor allem von Thrombocyten, Knochen- und Milzgewebe (Milz), aber auch von vielen anderen embryonalen, adulten, transformierten und normalen Zellen gebildete Gruppe von Cytokinen ( vgl. Infobox 2 ), deren Freisetzung u.a. durch EGF, Nerve growth factor, Il-1 (Interleukine) und Vitamin D3 (Calciferol) stimuliert und durch Glucocorticoide, FSH (follikelstimulierendes Hormon), Calcium, EGF, fibroblast growth factor und TGFβ selbst inhibiert werden kann. TGFβ1 wird u.a. von Endothelzellen, Knorpelzellen (Knorpel), Leukämiezellen (Leukämie), Lymphocyten und Makrophagen, TGFβ2 von Glioblastoma-, Granulosa-Zellen und Keratinocyten gebildet und liegt zum Teil komplexiert mit Proteoglykanen der extrazellulären Matrix als inaktive Depotform vor. Die TGFs der β-Gruppe wirken nicht Spezies-spezifisch und haben ähnliche biologische Effekte. TGFβ ist ein potenter Wachstumsinhibitor für eine Vielzahl von Zellen (Epithelzellen, Endothelzellen, Fibroblasten, Blutzellen, Keratinocyten), wobei TGFβ je nach Zelltyp eine partielle bis totale Hemmung der Proliferation bewirken kann. Auch der mitogene Effekt anderer Cytokine kann abgeschwächt oder sogar aufgehoben werden. Bei bestimmten Tumorzellen und einigen anderen Zellen wirkt TGFβ allerdings auch als autokrines Mitogen. Dieser Effekt scheint über eine Induktion von PDGF zu verlaufen. Außerdem spielt TGFβ eine wichtige Rolle bei der Bildung der extrazellulären Matrix, bei der Metastasierung von Tumoren, bei der Unterdrückung von Immunreaktionen (Hemmung der Antikörper- und Akutphasenprotein-Produktion [Akutphasenreaktion, Antikörper], der Proliferation von T-Lymphocyten und B-Lymphocyten), bei der Wundheilung und der Heilung von Knochenbrüchen und wirkt stark chemotaktisch (Chemotaxis) auf neutrophile Granulocyten und Makrophagen. Die TGFs der β-Gruppe (TGFβ1–5) sind Homodimere, deren hitze- und säurestabile Untereinheiten über Disulfidbindungen miteinander verknüpft sind. Die TGFβ-Cytokine weisen untereinander hohe Homologie, mit TGFα aber keine Ähnlichkeit auf. Fast alle TGFβ-Varianten werden als biologisch inaktive Faktoren freigesetzt und an α2-Makroglobulin gekoppelt im Plasma transportiert. Die Varianten von TGFβ gehören zu einer Super-Genfamilie, der auch die Activine, BMP und dpp angehören. Die biologische Wirkung der TGFs der β-Gruppe wird über spezifische Rezeptoren vermittelt, deren Dichte auf der Zelloberfläche u.a. durch den fibroblast growth factor moduliert werden kann. Über den Mechanismus der Signaltransduktion ist noch relativ wenig bekannt. Der Transkriptionsfaktor CREB (cAMP responsive element binding protein) scheint jedoch eine Rolle zu spielen. Die Verwendung von TGFs der β-Gruppe zur Beschleunigung der Heilung von Wunden und Knochenfrakturen wird derzeit diskutiert. Zum Nachweis von TGFβ werden in der Cytokin-Forschung CCL-64-Zellen verwendet.
S.G.
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