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Lexikon der Chemie: Desaminierung

Desaminierung, die Eliminierung einer Aminogruppe aus einer organischen Verbindung. Die wichtigste synthetische Methode der D. ist die Diazotierung primärer Amine bzw. Amide und anschließende Stickstoffabspaltung. Das zurückbleibende instabile Carbenium-Ion reagiert in Abhängigkeit von den Reaktionsbedingungen unter Bildung stabiler Reaktionsprodukte. In Gegenwart von Reduktionsmitteln, z. B. Alkohol und Kupfer(I)-oxid, unterphosphoriger Säure, Formaldehyd oder Zinn(II)-Verbindungen, können aromatische primäre Amine über die Diazoniumsalze in die desaminierten unsubstituierten Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden. Bei der Zersetzung von Diazoniumsalzen in Wasser entstehen die jeweiligen Alkohole. Durch Abspaltung eines Protons aus dem Carbenium-Ion bilden sich in einer Konkurrenzreaktion Alkene:



Carbonsäureamide werden unter diesen Bedingungen unter Bildung von Carbonsäuren desaminiert. Arendiazoniumsalze können in analoger Weise in Phenole umgewandelt werden. In Gegenwart von Kupfer(I)-Salzen oder Kupferpulver kann die Diazoniumgruppe auch durch andere Anionen, z. B. Chlorid, Bromid, Cyanid, Rhodanid und Nitrat, im Sinne der Sandmeyer-Reaktion substituiert werden. Bei der Umsetzung von α-Aminosäureestern und α-Aminoketonen mit salpetriger Säure bei tiefen Temperaturen entstehen mesomeriestabilisierte α-Diazoester und α-Diazoketone. Die D. tritt bei diesen Verbindungen erst bei höherer Temperatur bzw. in Gegenwart verd. Säuren ein. Biologisch wichtig ist die oxidative D. von α-Aminosäuren. Dabei bilden sich zunächst unter dem Einfluß von Flavinenzymen α-Iminocarbonsäuren, die hydrolytisch unter Abspaltung von Ammoniak in α-Ketocarbonsäuren übergeführt werden: R-CH(NH2)-COOH → R-C(=NH)-COOH → R-CO-COOH. Bezogen auf die α-Aminosäure findet bei der Transaminierung mit einer α-Ketosäure ebenfalls eine D. statt.

Der bei der D. primärer Amine oder Amide mit salpetriger Säure frei werdende Stickstoff wird nach der Methode von van Slyke zur quantitativen Bestimmung dieser Verbindungen ausgenutzt.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
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Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
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Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
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Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
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Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
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Fachkoordination:
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Redaktion:
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