Lexikon der Ernährung: Jodmangel
Jodmangel, Eiodine deficiency, v. a. in küstenfernen Gebieten durch geringen Jodgehalt der Lebensmittel oder durch allgemeine Mangelernährung ausgelöste Unterversorgung mit Jod (alimentärer Jodmangel). Auch der Einfluss von sog. antinutritiven Substanzen (Goitrogene, pflanzliche Inhaltsstoffe z. B. in Kohl, Senf oder v. a. in Entwicklungsländern Cassava / Maniok) kann die Verwertung von Jod im Organismus verhindern. Das Krankheitsbild des Jodmangels wird international als Iodine Deficiency Disorders (IDD) bezeichnet. Hauptsymptom der IDD ist die endemische Struma, auch als Jodmangelkropf bezeichnet. Es kann weiterhin zu vielfältigen Stoffwechsel- und Entwicklungsstörungen auf der Grundlage einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreodismus) kommen (Tab. 1).
Nach Ergebnissen des Jod-Monitorings für Deutschland nehmen nur ca. 1,2 % der Bevölkerung ausreichend bzw. reichlich Jod auf (bis 300 µg / d), während die Jodzufuhr bei Erwachsenen durchschnittlich 111–126 µg / d und damit etwa 30–40 % weniger als die Empfehlung (Jod, Tab.) beträgt. Damit herrscht in Deutschland gemäß WHO-Kriterien (Tab. 2) ein verbreiteter Jodmangel Grad I (Jodmangelgebiete). Das Zufuhrdefizit bei Schwangeren und Stillenden ist ohne Jodid-Tabletteneinnahme deutlich höher (mehr als 50 %), entsprechend zählen Neugeborene und voll gestillte Säuglinge ebenfalls zu den Risikogruppen. Etwa 48 % der Neugeborenen haben nach WHO-Kriterien einen Jodmangel Grad II und damit ein Risiko für eine Unterversorgung mit Schilddrüsenhormonen. Weitere Problemgruppen gemäß Jod-Monitoring sind Wehrpflichtige und ältere Menschen.
Die schwerwiegendste Folge der IDD ist das Krankheitsbild des Kretinismus. Aufgrund intrauterinen Jodmangels kommt es hierbei zu Taubstummheit und irreversibler mentaler Retardation. Welternährunglage.
Jodmangel: Tab. 1. Jodmangelbedingte Entwicklungs- und Stoffwechselstörungen.
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Fetus | Anstieg der Rate von Aborten und Totgeburten sowie von MissbildungenKretinismus | |
Neugeborene | Neugeborenenkropf (Struma neonatorum)Störungen der Gehirnreifung (EEG-Retardierung) und des Wachstums, mangelhafte Reifung des Skelettsystems (Ossifikation)HördefekteAtemnotsyndrom | |
Pubertät | juveniler KropfStörungen der Hirnentwicklung mit Lern- und Merkschwierigkeitengesteigertes Risiko für ArterioskleroseStrukturveränderungen der Schilddrüse | |
Erwachsene | Kropf und Strukturveränderungen der Schilddrüse (heiße / kalte Knoten)Stoffwechselstörungen durch Hypothyreosegesteigertes Risiko für Arteriosklerosegestörte Fruchtbarkeit bei Mann und Frau |
Jodmangel: Tab. 2. Klassifikation gemäß WHO.
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0 | Mehr als 100 | ausreichende Jodversorgung | |
I | 50–100 | endemisches Strumagebiet, aber ausreichende Bildung von Schilddrüsenhormonen | |
II | 25–50 | endemisches Strumagebiet, erhöhtes Hypothyreoserisiko, aber kein offenkundiges Kretinismusrisiko | |
III | weniger als 25 | endemisches Strumagebiet, hohes Kretinismusrisiko |
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