Lexikon der Mathematik: Spektralkalkül
Funktionalkalkül, das Bilden von Funktionen eines Operators und das Rechnen mitihnen.
Es sei T ein stetiger linearer Operator auf einem komplexen Banachraum. Für gewisse Funktionen f auf dem Spektrumσ(T) von T kann man Operatoren f(T) so erklären, daß der Übergang von f zu f (T) linear und multiplikativ ist, man kann also mit den Operatoren f(T) rechnen wie mit den Funktionen f. Beispielsweise ist, falls T1/2 erklärt ist, (T1/2)2 = T, da ja das Quadrat der Wurzelfunktion die identische Funktion ist; T1/2 verhält sich also wirklich wie eine Wurzel.
Für den Dunfordschen Funktionalkalkül betrachtet man die Algebra \({\mathcal{O}}(T)\) der in einer offenen Umgebung von σ(T) definierten analytischen komplexwertigen Funktionen; der Definitionsbereich Uf von f ∈ \(f\in {\mathcal{O}}(T)\) variiert mit f und braucht nicht zusammenhängend zu sein, und der Definitionsbereich von f + g bzw. fg ist natürlich Uf ∩ Ug. Füreine Funktion \(f\in {\mathcal{O}}(T)\) läßt sich mit Hilfe eines Umlaufintegrals ein Operator f(T) definieren. Dazusei Γ ⊂ Uf \ σ(T) eine endliche Vereinigung geschlossener Kurven (ein Zykel) so, daß die Umlauf-zahl von Γ um jeden Punkt von σ(T) gleich +1 ist („Γ umrundet σ(T) genau einmal im positiven Sinn“). Solche Zykeln existieren stets, können jedoch beliebig kompliziert aussehen, insbesondere, wenn σ(T) unzusammenhängend ist. Man setzt nun
- (1) f(T) = Id für f(z) = 1, f(T) = Tn für f(z) = zn,
- (2) (f + g)(T) = f(T) + g(T) ∀f, g ∈ \({\mathcal{O}}(T)\),
- (3) (fg)(T) = f(T)g(T) ∀f, g ∈ \({\mathcal{O}}(T)\),
- (4) σ(f(T)) = f(σ(T) ∀f ∈ \({\mathcal{O}}(T)\),
- (5) (f ○ g)(T) = f(g(T)) ∀g ∈ \({\mathcal{O}}(T)\), f ∈ \({\mathcal{O}}(T)\).
Die Aussage (4) ist der spektrale Abbildungssatz.
Insbesondere sind Wurzeln oder der Logarithmus eines Operators erklärt, wenn σ(T) etwa in der geschlitzten Ebene ℂ \{z : Re z ≤ 0} liegt.
Es ei λ0 ein isolierter Punkt des Spektrums von T. Durch
Für selbstadjungierte (oder normale) beschränkte Operatoren T auf einem Hilbertraum kann man f(T) sogar für alle stetigen Funktionen auf σ(T) erklären und erhält für diesen „stetigen Funktionalkalkül“ ebenfalls die Eigenschaften (1)–(5). Außerdem ist hier stets
Schreibt man gemäß dem Spektralsatz
Siehe auch Spektraltheorie.
[1] Conway, J.B.: A Course in Functional Analysis. Springer Berlin/Heidelberg/New York, 1985.
[2] Reed, M.; Simon, B.: Methods of Mathematical Physics I: Functional Analysis. Academic Press New York, 2. Auflage 1980.
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