Lexikon der Neurowissenschaft: Hypophyse
Hypophysew [von griech. hypo = darunter, physis = Wuchs], Gehirnanhangdrüse, Glandula pituitaria,Hirnanhangdrüse, Hypophysis cerebri, Pituitaria, Epituitary gland, übergeordnete endokrine Drüse (Hormone) der Wirbeltiere an der Basis des Zwischenhirns (Diencephalon), die mit dem Hypothalamus über einen trichterförmigen Stiel (Infundibulum) verbunden ist und mit ihm zusammen das Hypothalamus-Hypophysen-System bildet. Sie wiegt beim Menschen ungefähr 0,6 g (zum Vergleich: beim Blauwal ca. 35 g) und liegt in der knöchernen Hypophysengrube, bedeckt von einem Stück harter Hirnhaut (Dura mater), durch das der Hypophysenstiel (Infundibulum) zieht. Sie besteht aus entwicklungsgeschichtlich und funktionell unterschiedlichen Teilen ( siehe Abb. 1 ). Die Adenohypophyse (der Hypophysenvorderlappen) entwickelt sich ontogenetisch aus einer Ausstülpung des embryonalen Rachendaches, die als Rathke-Tasche bezeichnet wird. Ihre Reste finden sich mitunter in Form kolloidgefüllter Cysten in der Pars intermedia der Adenohypophyse. Die Neurohypophyse (der Hypophysenhinterlappen) ist ein Teil des Zwischenhirns, der nach unten wächst und sich mit der inzwischen vom Rachendach abgelösten Rathke-Tasche vereinigt. Sie stellt das Neurohämalorgan des Menschen dar. Phylogenetisch hat sich eine Differenzierung von einer (bei Quastenflosser) noch offenen Verbindung zwischen dem Hypophysenvorderlappen und dem Rachendach bis hin zu einer deutlichen Trennung der einzelnen Bereiche (bei Amphibien und Sauropsida) vollzogen ( siehe Abb. 2 ). Die Adenohypophyse ist eine typische Hormondrüse, deren Produkte in der Hauptsache auf nachgeordnete endokrine Drüsen wirken. Die Neurohypophyse besteht dagegen aus Endigungen von Nervenzellfortsätzen neurosekretorischer Zellen (Neurosekretion), deren Zellkörper im Hypothalamus liegen. Sie ist Stapel- und Abgabeort für Hormone, produziert selbst aber keine.
Hypophyse
Abb. 1: Schematische Darstellung der Entwicklung von Neurohypophyse und Adenohypophyse
Hypophyse
Abb. 2: Phylogenetische Differenzierung der Hypophyse:
Bei Crossopterygiern (Quastenflosser, altertümliche Knochenfische) besteht noch eine offene Verbindung zwischen Hypophysenvorderlappen und dem Rachendach; diese wird bei Myxinoidea (Schleimfische) und Selachii (Haie) geschlossen, existiert aber noch als Gang. Teleostier (Echte Knochenfische) besitzen noch Reste des Ganges als Aushöhlungen in der Adenohypophyse. Erst bei Amphibien kommt es zu einer deutlichen Trennung zwischen dem Vorderlappen und den anderen Bereichen. Bei ihnen und den höheren Wirbeltieren ist die Adenohypophyse mit der Eminentia mediana durch Blut-(Portal-)Gefäße verbunden (Pfeile zwischen Em und Pd). Der Hypophysenzwischenlappen (Pars intermedia) ist dann sehr variabel gestaltet: relativ groß z.B. bei Nagetieren, fehlend bei Walen, Gürteltieren und Vögeln, und beim Menschen zu einer rudimentären Zwischenzone reduziert. Bei Säugern ist der Hypophysenhinterlappen am stärksten entwickelt; Sauropsiden (Reptilien und Vögel) haben dagegen einen auffallend entwickelten Hypophysenvorderlappen.
Em Eminentia mediana (dem medialen Hypothalamus als Vorderseite des Infundibulums zugehörig; kurze Portalgefäße – durch Pfeile angedeutet – schaffen Kontakt zur Adenohypophyse). In Infundibulum, Pd Pars distalis (Hypophysenvorderlappen), Pi Pars intermedia (Hypophysenzwischenlappen) – Pd und Pi bilden zusammen die Adenohypophyse –, Pn Pars nervosa (Hypophysenhinterlappen, Neurohypophyse).
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