Lexikon der Optik: Auflösungsvermögen
Auflösungsvermögen, 1) A. optischer Systeme, die durch Beugung an der Blende und die Aberrationen eingegrenzte Fähigkeit eines optischen Systems, zwei eng benachbarte Objektdetails unterscheidbar abzubilden. In der modernen Literatur werden die Termini A und Auflösung als Synonyme verwendet. Das A. bzw. die Auflösung wird gekennzeichnet durch die Angabe entweder einer Länge, nämlich des kleinsten Abstandes der Bilder zweier Objektdetails, z.B. zweier Bildpunkte (Doppelpunktauflösungsvermögen), bei dem die Bilder noch unterschieden werden können, oder einer Ortsfrequenz, nämlich der maximalen Zahl von Linienpaaren pro mm (Lp/mm oder/mm), die sich im Bild eines Sinusgitters noch unterscheiden lassen (Gitterauflösungsvermögen).
Das A. wird durch die Breite des zentralen Maximums der Amplitudenverwaschungsfunktion, d.h. durch das Verhältnis von Vakuumwellenlänge λ0 zu numerischer Bildraumapertur n'sinσ' begrenzt. Außerdem hängt es vom Kohärenz-parameterS, von der Objektstruktur und von dem durch den Bildempfänger vorgegebenen Mindestkontrast ab. Das A. ist nur für die Abbildung identischer, gleich heller Strukturen sinnvoll definierbar. Durch Apodisation verschlechtert sich das A., während es sich durch Zentralabschattung verbessert (Abb. zu Apodisation).
In Abhängigkeit von dem für die Unterscheidung von Bilddetails erforderlichen Bildkontrast K (Kontrast) unterscheidet man: das totale A. mit K=1, bei dem die Verwaschungsfunktionen der Bildintensität zweier abgebildeter Strukturen ein gemeinsames Minimum besitzen (Abb. 1a), das Rayleighsche A. (Rayleigh-Grenze) als visuelles Auflösungsvermögen mit K≈0,15 (Abb. 1b), bei dem das Maximum der Bildintensität der einen Struktur mit dem ersten Minimum der Bildintensität der anderen (gleich hellen) Struktur zusammenfällt (Rayleigh-Kriterium), das Grenzauflösungsvermögen, bei dem die Intensität zwischen den Strukturen der Intensität der Einzelstruktur entspricht (Abb. 1c) und das Sparrow-A. mit K=0 und Verschwinden der 1. und 2. Ableitung der resultierenden Intensitätsverteilung (Abb. 1d).
Das A. für Doppelpunkte ist deren bildseitiger Mindestabstand
. Der Faktor q schwankt für die aberrationsfreie Abbildung bei den verschiedenen Kriterien in Abhängigkeit von S zwischen 0,47 und 1,22 (Tab. und Abb. 2). Bei S=1,46, d.h. bei etwa 1,5facher Überstrahlung der Pupille liegt mit q=0,57 das optimale Rayleigh-A. vor.
Auflösungsvermögen: Auflösungsvermögen für Doppelpunkte und Gitter in Einheiten von λ0/(n'sinσ') für die aberrationsfreie Abbildung durch ein optisches System mit Kreispupille nach verschiedenen Kriterien und für unterschiedliche Kohärenzparameter S.
Das bei kleinem S vom Doppelpunktauflösungsvermögen unterschiedliche A. für Sinusgitter ist durch die (bildseitige) Grenzgitterkonstante gekennzeichnet, bei der der Bildkontrast verschwindet. Die reziproke Grenzgitterkonstante ist die in Linienpaaren pro mm (Lp/mm) angegebene Grenzfrequenz, die bei aberrationsfreier Abbildung zwischen n'sinσ'/λ0 für S=0 und 2n'sinσ'/λ0 für S≥1 schwankt.
In der Mikrophotolithographie wird das Elementauflösungsvermögen 1,5 λ0/(n'sinσ') benutzt, das der Gitterkonstanten eines mit einem Bildkontrast von 0,6 aberrationsfrei abgebildeten Sinusgitters entspricht.
Das A. des Mikroskops ist der kleinste erfaßbare Objektpunktabstand
(mit nsinσ als objektseitiger numerischer Apertur), der sich bei S=0 durch schiefe Beleuchtung (Mikroskopbeleuchtung) unter Verlust der Abbildungstreue maximal um die Hälfte verkleinern läßt. Außer diesem lateralen A. ist beim Mikroskop noch das aus der wellenoptischen Schärfentiefe resultierende Rayleighsche Tiefenauflösungsvermögen
zu beachten.
Das A. des Fernrohres entspricht bei beugungsbegrenzter Abbildung einem Winkel von 1,22λ0/∅EP (Fernrohr). Als Winkelauflösungsvermögen ist es nur vom Eintrittspupillendurchmesser ∅EP, aber nicht von der Apertur des Fernrohrobjektivs abhängig.
Das durch die Netzhautstruktur begrenzte Winkelauflösungsvermögen des Auges ist der physiologische Grenzwinkel von ca. 1'.
Beim Interferenzmikroskop kommt es nicht so sehr auf das laterale, als auf das Tiefenauflösungsvermögen an; dieses kann man hier als Phasenauflösungsvermögen bezeichnen, da die Objektstruktur in Gestalt von Phasenverschiebungen beobachtet wird. Für Auflicht beträgt das Tiefenauflösungsvermögen Δz etwa λ/20 (λ Wellenlänge), für Durchlicht λ/[10(n-1)] (n Brechungsindex), und zwar unabhängig vom lateralen A. Der Informationsgehalt eines Interferogramms bezüglich der Phasenänderungen (Dicken- oder Brechzahländerungen) ist jedoch weit größer und kann durch nachträgliche Photometrierung weiter ausgeschöpft werden, so daß in der Interferenzmikroskopie eigentlich ein um eine Größenordnung höheres A. erreicht wird, etwa λ/200 bzw. λ/[100(n-1)]. Zu dieser Auflösungsgrenze kann man mittels Vielstrahlinterferenzen auch ohne Photometrierung gelangen; die Tiefenauflösung Δz ist hierbei um so geringer, je höher die laterale Auflösung Δy ist. Es gilt die 1953 von E. Ingelstam angegebene Unbestimmtheitsrelation Δy·Δz=const.
2) A. von Spektralapparaten. Dieses ist definiert als das Verhältnis λ/δλ. Dabei ist unter δλ der kleinste Abstand, ausgedrückt als Wellenlängendifferenz, zu verstehen, den zwei monochromatische Komponenten des Lichtes (z.B. Spektrallinien) haben dürfen, damit sie durch den betreffenden Apparat noch getrennt werden können. λ bezeichnet den Mittelwert der Vakuumwellenlängen der beiden Komponenten. Zur Bestimmung von δλ wird üblicherweise das Rayleigh-Kriterium herangezogen, das von Lord Rayleigh zunächst im Hinblick auf Gitterspektrographen vorgeschlagen wurde. Es besagt in diesem Falle, daß zwei Komponenten gleicher Intensität dann gerade noch als aufgelöst anzusehen sind, wenn das Beugungsmaximum der einen Komponente mit dem ersten Beugungsminimum der anderen Komponente zusammenfällt. Die gesamte Intensitätsverteilung in der Auffangebene weist dann in der Mitte zwischen den beiden Maxima eine Einsattelung auf, deren Höhe um den Faktor 8/π2 = 0,811 kleiner als die der Maxima ist. In der letztgenannten Form wird das Rayleigh-Kriterium generell für Spektralapparate benutzt. Auf Linien ungleicher Intensität kann das Sparrow-Kriterium (C.M. Sparrow 1916) angewendet werden, wonach zwei Linien dann gerade noch als aufgelöst zu betrachten sind, wenn die gemeinsame Intensitätskurve I(λ) einen Wendepunkt besitzt, durch den zugleich eine horizontale Tangente verläuft (dI/dλ=0 und d2I/d2λ=0).
Mittels des Rayleigh-Kriteriums läßt sich ein allgemeiner Ausdruck für das theoretische A. eines beliebigen Spektralapparates herleiten: Bringt man in den Weg eines parallelen Strahlenbündels ein dispergierendes Element (Gitter, Prisma o.ä.), so wird der maximale Gangunterschied Δ zwischen den Strahlen, die in einem vorgegebenen Punkte P der Auffangebene zusammentreffen und dort miteinander interferieren, wellenlängenabhängig. Gilt speziell für eine Wellenlänge λ Δ(λ)=2kλ (k ganz) und für eine benachbarte Wellenlänge (λ+δλ) Δ(λ+δλ)=(2k+1)λ, so liegt in P im ersten Falle ein Interferenzmaximum und im zweiten Falle ein -minimum vor. Es wird also gerade das Rayleigh-Kriterium erfüllt. Damit ergibt sich das A. aus der Bedingung
Δ(λ+δλ)-Δ(λ)=δλ·dΔ(λ)/dλ=λ zu
A=λ/δλ=dΔ(λ)/dλ. (1)
In das theoretische A. gehen nicht die Abbildungsfehler der zu dem Spektralapparat gehörigen Optik ein. Allgemein folgt aus (1) für Spektralgeräte, die auf der Interferenz von Teilstrahlen beruhen,
A=λ/δλ=m·q. (2)
Hier bezeichnet m die Interferenz- bzw. die Beugungsordnung und q die Anzahl der miteinander interferierenden Strahlen, vorausgesetzt, daß deren Intensität gleich ist. Dies ist beim Beugungsgitter der Fall, wo q der Zahl der ausgeleuchteten Gitterstriche entspricht.
Falls sich die interferierenden Strahlen in der Intensität unterscheiden, ist die Größe q in (2) als deren effektive Zahl aufzufassen. Speziell für die Lummer-Gehrcke-Platte gilt q=π/(1-R) mit R als Reflexionsvermögen, und für das Fabry-Perot-Interferometer q=0,97·F, wobei die Finesse F gegeben ist durch
.
Für das Dispersionsprisma ergibt die Spezialisierung von (1):
A=d·D. (3)
wobei d die Bündelweite und D die Winkeldispersion (Dispersion) bezeichnen. Daraus folgt bei voller Ausleuchtung des Prismas für symmetrischen Durchgang des Lichtbündels (Minimum der Ablenkung):
A=L·dn/dλ, (4)
mit L als Basislänge des Prismas und dn/dλ als (Material-)Dispersion (n Brechungsindex).
Beim Stufengitter ergibt sich das theoretische A. als eine Kombination zweier Ausdrücke, die den Gleichungen (2) bzw. (3) entsprechen.
Die bisher aufgeführten Formeln für das A. gelten unter der Voraussetzung, daß der Eintrittsspalt des Gerätes unendlich schmal ist. Ein praktisches Arbeiten ist jedoch nur mit einer endlichen Spaltbreite möglich; dies zieht aber nach sich, daß sich das Auflösungsvermögen verschlechtert. Der Kompromiß besteht in der Wahl einer optimalen Spaltbreite (Spalt), die gegeben ist durch S=λf/d mit d als Bündelweite und f als Brennweite des Kollimators. Bei optimaler Spaltbreite ist das A. um den Faktor 0,75 gegenüber dem theoretischen verkleinert. Für Gitter im hochauflösenden Bereich werden Werte für S verwendet, die zwischen 0,5 und 2·λf/d liegen (P.H. van Cittert 1930; P. Jaquinot und C. Dufour 1948). Bei lichtstarken Spektralgeräten wird jedoch das A. stark durch die geometrisch-optischen Aberrationen verschlechtert, die bei der optischen Abbildung auftreten. Bei Konkavgitteraufstellungen (korrigierte Konkavgitter) handelt es sich um die Aberrationen der mit der Lichtwegfunktion bestimmten Wellenflächen. Begrenzung der wirksamen Gitterbreite vermindert die störenden Aberrationen.
Allgemein sind bei der Beurteilung von spektroskopischen Geräten neben dem A. noch der Lichtleitwert, der Streuuntergrund, das Empfängerrauschen, bei zeitlicher Abtastung die Abtastungsgeschwindigkeit u.a. zu berücksichtigen. Güteparameter, die diese Kenngrößen z.T. enthalten, wurden von Jaquinot, W. Eckhardt u.a. angegeben. Eine Möglichkeit, die durch das Gerät übertragene Information zu erfassen, besteht in der Berechnung der Transinformation, d.h. der Sicherheit, mit der von einer spektralen Ausgangsverteilung auf eine vorliegende Eingangsverteilung geschlossen werden kann.
3) photographisches A. Als A. einer photographischen Schicht bezeichnet man den Kehrwert des Abstandes zweier Details, die gerade noch getrennt unterschieden werden können. Da zur Bestimmung des A. meist Rechteckraster mit abgestufter Ortsfrequenz verwendet werden, wird das A. vielfach in der Einheit Linienpaare/Millimeter angegeben. Wegen seiner Anschaulichkeit und leichten Meßbarkeit hat die Charakterisierung eines Photomaterials durch das A. Vorteile. Nachteile sind der subjektive Einfluß bei seiner Bestimmung und die Tatsache, daß ein bestimmtes A. durch ganz unterschiedliche Faktoren zustande kommen kann. So kann z.B. das gleiche A. entweder durch die Körnigkeit des Photomaterials (photographische Körner) oder durch dessen Konturenschärfe (Schärfe) bedingt sein. Für die objektive Charakterisierung der Leistungsfähigkeit eines Photomaterials bezüglich der Wiedergabe kleinster Details ist das p.A. deshalb nur sehr bedingt geeignet.
4) photolithographisches A., Photolithographie.
Auflösungsvermögen 1: Auflösung zweier inkohärent strahlender Punkte. a) totale Auflösung, b) Rayleighsche Auflösung, c) Grenzauflösung, d) Sparrow-Auflösung. G'1(O'1), G'2(O'2) und G'1(O'1)+G'2(O'2) Punktbildverwaschungsfunktionen der Bildpunkte O'1 und O'2 sowie resultierende Verwaschungsfunktion, λ0 Vakuumwellenlänge, n'sinσ' numerische Bildraumapertur.
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