Neurotheorie: Sehen, was wahrscheinlich ist
Stellen Sie sich vor, sie lesen irgendwo eine Telefonnummer, wollen sie in Ihr Smartphone eingeben – und bemerken prompt, dass die Zahlen im Kopf schneller verblassen, als Ihnen lieb ist. Während Sie die ersten Ziffern noch im Gedächtnis präsent haben, verschwimmen die hinteren vor dem inneren Auge. Wie war das gleich? Kam die Sechs vor oder nach der Acht?
Um Informationen wie einzelne Zahlen zu bearbeiten, müssen sie lange genug im mentalen Speicher bleiben. Dazu bedarf es einer Fähigkeit, die als visuelles Arbeitsgedächtnis bezeichnet wird. Seine Kapazität ist allerdings begrenzt. Seit Jahren debattieren Wissenschaftler über die genaueren Hintergründe: Finden nur ein paar Elemente auf einmal Platz oder mangelt es eher an Detailreichtum? In anderen Worten: Verteilt sich die Fassungskraft unseres Geistes auf einige wenige, dafür aber kristallklare Erinnerungen oder auf eine Vielzahl schemenhafter Fragmente? Wie man heute weiß, sind die neuronalen Signale, die dem Arbeitsgedächtnis zu Grunde liegen, ziemlich verrauscht. Daher sind seine Inhalte zwangsläufig ungewiss. Für diese Unsicherheit haben wir ein Gefühl – wir sind also in der Lage abzuschätzen, welchen Erinnerungen eher zu trauen ist und welchen nicht.
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