Genetik: Gefürchtete Nervenkrankheit
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist ebenso heimtückisch wie unheilbar. Die Krankheit lässt Nervenzellen verkümmern, die für Muskelbewegungen verantwortlich sind, und führt meist binnen weniger Jahre zum Tod. Anfangs verläuft sie schmerzfrei, mit zunächst subtilen Symptomen wie Stolpern, zunehmender Ungeschicklichkeit und undeutlicher Aussprache. Oft messen die Betroffenen dem keine große Bedeutung bei. Doch unaufhaltsam schreitet der Muskelabbau fort, und hinzu kommen Spastik, Krämpfe und Lähmungen.
Lange Zeit war die Krankheit in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Erst Schicksale wie die von Lou Gehrig lenkten den Blick darauf. Der Baseballspieler, einer der erfolgreichsten der Geschichte, begann eines Tages, Bälle zu verlieren und aus unerfindlichen Gründen auf dem Spielfeld zusammenzubrechen. Der als "Stahlross" bezeichnete Sportler, der in 14 Jahren nicht weniger als 2130 Spiele bewältigt hatte, erhielt im Juni 1939 die Diagnose ALS. Nur einen Monat später bereitete ihm die Sportwelt einen tränenreichen Abschied im New Yorker Yankee Stadium. Seine motorischen Fähigkeiten verfielen dermaßen schnell, dass er bereits im Dezember zu schwach war, um seiner Aufnahme in die Ruhmeshalle der größten US-Baseballspieler (Baseball Hall of Fame) beizuwohnen. Die Krankheit, die nach ihm "Lou-Gehrig-Syndrom" benannt wurde, fesselte ihn ans Bett, und im Juni 1941 starb er im Alter von 37 Jahren.
Heute leiden 3 bis 8 von 100 000 Einwohnern an ALS; jährlich erkranken etwa 2 von 100.000 neu daran. Diese Häufigkeit gilt weltweit vergleichbar und bedeutet in den USA bis zu 25 000, in Deutschland bis zu 6500 Betroffene. Das Leiden tritt meist zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr auf, kann sich aber auch schon zwischen 20 und 30 manifestieren. Es macht sich bemerkbar, wenn bestimmte Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark, so genannte Motoneuronen, abzusterben beginnen. Weil sie dafür verantwortlich sind, Nervensignale zu den Muskeln weiterzuleiten, führt ihr Verlust zu einer verminderten Beweglichkeit und Geschicklichkeit ebenso wie zu einem eingeschränkten Sprechvermögen und Schluckstörungen. Die höheren Hirnfunktionen bleiben dagegen meist unangetastet – ALS-Patienten müssen daher ihren fortschreitenden körperlichen Verfall bei vollem Bewusstsein miterleben. Sie sind schon bald auf den Rollstuhl angewiesen und später bettlägerig. Am Ende können sie nicht einmal mehr eigenständig atmen, geschweige denn kommunizieren oder essen. Die meisten sterben binnen 3 bis 5 Jahren an Lungenversagen. Der einzige Arzneistoff, den die US-Arzneimittelbehörde FDA zur Behandlung von ALS zugelassen hat, ist der Natriumkanal-Blocker Riluzol. Er verlängert die Überlebenszeit der Patienten im Mittel um drei Monate. Eine Heilung gibt es nicht ...
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