Säugetierkunde: Beim Barte des Löwen
Er gilt als der König der Tiere, und tatsächlich wirkt ein männlicher Löwe wahrhaft majestätisch, wenn er mit voller Mähne über der Savanne thront und seinem Harem vorsteht. Doch selbst ihn kann ein profanes Männerschicksal ereilen: Haarausfall.
Zunehmend wird Nobel – so der Fabelname von Panthera leo – zu einem Herrscher ohne Reich, denn Wilderei, Krankheiten und Lebensraumzerstörungen engen seine Verbreitung mehr und mehr ein. Regierte der Löwe noch um Christi Geburt vom Balkan im Westen bis Indien im Osten und vom Atlasgebirge im Norden Afrikas bis zum Kap im Süden, so ist seine Heimat heute auf einen Flickenteppich südlich der Sahara zusammengeschrumpft. Und während noch vor 25 Jahren geschätzte 100 000 der Raubtiere durch Savannen und Halbwüsten streiften, umfasst die heutige Population nur noch ein knappes Viertel davon.
Außerdem galten gerade sie als Musterbeispiel für prächtige Raubkatzen, besaßen sie doch von allen Leos die dunkelste, dichteste und größte Mähne, die bisweilen bis in den Bauchbereich der Männchen reichte. Ganz anders verhält es sich dagegen mit den Artgenossen aus der Tsavo-Region Kenias, die häufig glatzköpfig sind. Unter anderem diese von Region zu Region gewaltigen Unterschiede in der Kopfbehaarung haben die Taxonomen immer wieder zur Benennung neuer Unterarten verleitet.
Recht schnell konnten sie dabei Punkte wie die Ernährung, den Status, die Lebensgeschichte und teilweise sogar genetische Zusammenhänge ausschließen. Wichtiger waren vielmehr die ganz profanen Temperaturunterschiede zwischen den einzelnen Tiergärten: Nach den Erkenntnissen der Forscher zeichnen sie sich bis zu fünfzig Prozent für die Dichte und Länge der Haarpracht verantwortlich – je wärmer es in einer Region im Durchschnitt war, desto lichter und kärglicher sprossen die Haare auf dem Haupte der Männchen.
Entscheidend waren dabei wiederum vor allem die Januar-Werte, sie bestimmten maßgeblich das Mähnenmaß. Nun ist es aber nicht so, dass die Männchen ihren Schmuck als eine Art Schal ausbilden, der sie in kühleren Klimaten vor Erkältungen schützt und deshalb womöglich in heißen Regionen überflüssig wird. Vielmehr kostet seine Ausbildung durch die Bank Energie, er macht die Katzen offensichtlicher für mögliche Beute, bietet Parasiten eine Heimstatt, verkompliziert die Bewegung durch Dickichte und heizt dem König noch zusätzlich ein, sobald es warm wird.
Für die Systematikerzunft bedeutet dies nun, dass sie ihre Artenlisten durchforsten müssen, denn von den insgesamt 23 vorgeschlagenen Subspezies beruhen viele auf äußeren Faktoren wie Mähnenausmaß. Dies war nach letzten genetischen Untersuchungen schon wackelig und dürfte nun vollends nicht mehr länger haltbar sein. Es hat darüber hinaus aber auch noch Konsequenzen für die Einordnung der pleistozänen Höhlenlöwen, die während der Eiszeiten auch zu Deutschlands Bestiarium zählten.
Bislang galten sie ebenfalls als Subspezies von Panthera leo – entweder mit dem Zusatz spelaea oder atrox –, jedoch trugen sie anscheinend keine Mähne. Angesichts der eher kühlen Temperaturen im damaligen Europa und den neuen Erkenntnissen von Bruce Patterson erscheint dies erstaunlich: Vielleicht könnte es sich um eine komplett unabhängige Art gehandelt haben. Europas Fabeln wären dann sogar von einem gänzlich eigenen König Nobel gekrönt.
Während in Asien gerade einmal dreihundert Exemplare der Unterart Panthera leo goojratensis im indischen Gir-Nationalpark überlebten, traf es in Afrika die Kap- und den Berberlöwen am schlimmsten: Sie wurden rund um die letzte Jahrhundertwende ausgerottet. Das ist natürlich nicht nur aus naturschützerischer Hinsicht traurig, sondern auch aus biologischer, denn gerade die Berberlöwen (Panthera leo leo) zeichneten sich durch einige Besonderheiten aus. Im Gegensatz zu ihren Artgenossen lebten sie paarweise, weil ihr karger Lebensraum großen Rudeln nicht genügend Nahrung bot.
Außerdem galten gerade sie als Musterbeispiel für prächtige Raubkatzen, besaßen sie doch von allen Leos die dunkelste, dichteste und größte Mähne, die bisweilen bis in den Bauchbereich der Männchen reichte. Ganz anders verhält es sich dagegen mit den Artgenossen aus der Tsavo-Region Kenias, die häufig glatzköpfig sind. Unter anderem diese von Region zu Region gewaltigen Unterschiede in der Kopfbehaarung haben die Taxonomen immer wieder zur Benennung neuer Unterarten verleitet.
Das aber könnte ein voreiliger Schluss gewesen sein, wenn es nach den neuesten Forschungsarbeiten von Bruce Patterson vom Field-Museum in Chicago und seinen Kollegen geht. Sie haben mit Hilfe von hoch aufgelösten Fotografien das Haarkleid von 19 amerikanischen Zoolöwen aus 17 landesweit verteilten Parks den größten Schmuck der Tiere vermessen und verglichen. Anschließend suchten sie nach den Ursachen für die aufgetretenen Unterschiede.
Recht schnell konnten sie dabei Punkte wie die Ernährung, den Status, die Lebensgeschichte und teilweise sogar genetische Zusammenhänge ausschließen. Wichtiger waren vielmehr die ganz profanen Temperaturunterschiede zwischen den einzelnen Tiergärten: Nach den Erkenntnissen der Forscher zeichnen sie sich bis zu fünfzig Prozent für die Dichte und Länge der Haarpracht verantwortlich – je wärmer es in einer Region im Durchschnitt war, desto lichter und kärglicher sprossen die Haare auf dem Haupte der Männchen.
Entscheidend waren dabei wiederum vor allem die Januar-Werte, sie bestimmten maßgeblich das Mähnenmaß. Nun ist es aber nicht so, dass die Männchen ihren Schmuck als eine Art Schal ausbilden, der sie in kühleren Klimaten vor Erkältungen schützt und deshalb womöglich in heißen Regionen überflüssig wird. Vielmehr kostet seine Ausbildung durch die Bank Energie, er macht die Katzen offensichtlicher für mögliche Beute, bietet Parasiten eine Heimstatt, verkompliziert die Bewegung durch Dickichte und heizt dem König noch zusätzlich ein, sobald es warm wird.
Dennoch investieren die Männchen – mit Ausnahme vieler Tsavo-Löwen – in diese Behaarung. Der Grund: Wie viele derartige Körperausstattungen im Tierreich dient sie als offensichtliches Accessoire in der Brautbeeindruckung und Kontrahenten-Vergrämung – deutet doch eine dichter, voluminöser Pelz auf einen gesunden Er mit vorteilhaften Genen hin. Folglich müssen die Löwen einen geschickten Mittelweg zwischen Aufwand und Nutzen finden, weshalb im trocken-heißen Kenia in einem glatzköpfigen Umfeld schon lichteres Haupthaar einen gewissen Vorteil verspricht, während dies im kühlen Gebirge nicht annähernd ausreichen würde.
Für die Systematikerzunft bedeutet dies nun, dass sie ihre Artenlisten durchforsten müssen, denn von den insgesamt 23 vorgeschlagenen Subspezies beruhen viele auf äußeren Faktoren wie Mähnenausmaß. Dies war nach letzten genetischen Untersuchungen schon wackelig und dürfte nun vollends nicht mehr länger haltbar sein. Es hat darüber hinaus aber auch noch Konsequenzen für die Einordnung der pleistozänen Höhlenlöwen, die während der Eiszeiten auch zu Deutschlands Bestiarium zählten.
Bislang galten sie ebenfalls als Subspezies von Panthera leo – entweder mit dem Zusatz spelaea oder atrox –, jedoch trugen sie anscheinend keine Mähne. Angesichts der eher kühlen Temperaturen im damaligen Europa und den neuen Erkenntnissen von Bruce Patterson erscheint dies erstaunlich: Vielleicht könnte es sich um eine komplett unabhängige Art gehandelt haben. Europas Fabeln wären dann sogar von einem gänzlich eigenen König Nobel gekrönt.
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