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Energieverbauch: Smarter regulierte Speicher

Die private Stromerzeugung ist ein wichtiger Baustein der Energiewende, stellt Netzbetreiber aber vor Herausforderungen. Fachleute fordern dringend smartere Lösungen für Einspeisung und Eigenverbrauch, um die Last besser zu steuern.
Im Vordergrund sieht man hohe Strommasten, im Hintergrund eine große beleuchtete Stadt im Abendlicht, ein Stromnetz ist als Illustration in türkis darübergelegt.

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Wer die Klimakrise stoppen will, muss in hohem Tempo die erneuerbaren Energien ausbauen und den Energieverbrauch in den Griff bekommen. Viele Privathaushalte beteiligen sich daran, teils aus ideologischer Überzeugung, teils aus wirtschaftlichen Erwägungen. Die meisten setzen dabei auf Fotovoltaik, einige wenige auf Kleinwindanlagen.

Doch unabhängig ob Sonne oder Wind, auch im Privatbereich passen die Zeiten der Stromerzeugung und des Stromverbrauchs selten gut zusammen. Der maximale Solarertrag fällt um die Mittagszeit an, der Bedarf hingegen ist am Abend am höchsten. Dazu kommt ein weiteres grundsätzliches Problem; ein Versäumnis, das weniger technisch als regulatorisch begründet ist. Die Stromversorger berücksichtigen selten, dass immer mehr Haushalte zugleich Erzeuger und Verbraucher sind, so genannte Prosumer. Dies kostet die Allgemeinheit Geld und gefährdet mittelfristig die Netzstabilität. Gegen beide Probleme würden zwei Lösungen helfen: speichern und steuern.

Stromspeicher – meist Batterien – sind bei den Stromerzeugern in Privathaushalten längst etabliert und ihre Preise stark gefallen. Und so wird heute mehr als jede zweite private PV-Anlage mit einer Batterie kombiniert, berichtet Gerhard Stryi-Hipp, der beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) die Forschungsgruppe »Smart Cities« leitet. Allerdings ist der Einsatz eines Stromspeichers längst nicht in jedem Fall kostenneutral oder profitabel, er wird es nur bei einem deutlichen Unterschied zwischen Einspeisevergütung und Strompreis. »Wenn Strom nachts teurer ist, weil er tagsüber solar und nachts fossil erzeugt wird, dann kann sich ein privater Speicher rechnen«, sagt Stryi-Hipp. Kostet Strom aber immer gleich viel, bringe der Speicher keinen ökonomischen Vorteil.

»Um das Stromnetz zu entlasten, braucht man Speicher«
Gerhard Stryi-Hipp, Energiesystemforscher

»Es hängt von der Regulatorik und dem Preisregime ab, dass bislang nur die kleinen, dezentralen Stromspeicher finanziell attraktiv sind«, resümiert der Fraunhofer-Forscher. Denn »große Stromspeicher, die wir bei steigenden Anteilen von Solar- und Windstrom benötigen, werden erst dann in größerem Umfang gebaut, wenn die Bereitstellung von Regelenergie zum Ausgleich von Netzschwankungen anders vergütet wird«. Man brauche aber Speicher, um das Stromnetz zu entlasten, sagt Stryi-Hipp. Welche könnten das sein?

Batteriespeicher für Sonnenstrom | Dezentrale Stromspeicher können Ökostrom zwischenlagern. Diese 2013 fotografierten Batterien zapfen tagsüber eine 335-Kilowatt-Solaranlage auf der Insel Bunaken bei Manado in Indonesien an und versorgen dann nachts zwischen drei und sechs Uhr rund 760 Hauhalte.

Ein Ansatz wäre vielleicht eine andere Art dezentraler Speicher: die Batterien von Elektroautos. Sie könnten zu Zeiten überschüssiger Stromerzeugung geladen werden und in Zeiten hohen Strombedarfs Strom ins Netz abgeben. Da diese Akkus weit größer sind als der übliche Haushaltsspeicher, würden Letztere dadurch für viele Haushalte sogar überflüssig.

Die Autobatterie als Puffer

Doch es lauern technische Herausforderungen: »Dafür braucht es aber ein regelbares Be- und Entladen«, sagt Stryi-Hipp. »Fahrzeug und Ladesäule müssen das können, und die Ladeinfrastruktur muss wissen, wann das Auto wie voll geladen sein muss und welche Kapazität zur Verfügung steht.« Dabei gibt es tatsächlich schon Wallboxen mit den nötigen Fähigkeiten; und auch der in Fahrzeugen aus asiatischer Produktion verbaute Chademo-Stecker kann bidirektional laden. Volkswagen hat ab 2022 für seine Elektrofahrzeuge eine entsprechende Vorrüstung angekündigt.

Themenwoche: Wie die Energiewende klappen kann

Deutschland hat einiges zu tun, damit die Energiewende hin zu einer klimaneutralen Versorgung bis 2045 gelingt. Auf Grund des Krieges in der Ukraine ist die Energieversorgung noch unsicherer geworden. Wie lässt sich die Versorgung ohne russische Energieimporte gewährleisten? Sind erneuerbare Energien schon so weit, dass man auf Kohlekraft verzichten kann? Diese und weitere Fragen behandelt »Spektrum.de« in der Themenwoche »Energiewende«.

Es hapert allerdings wieder einmal vor allem an der regulatorischen Seite: Aktuell ist es gar nicht erlaubt, aus der Batterie ins allgemeine Netz einzuspeisen. »Und wenn ich damit nur geringe Erlöse erzielen kann, dann macht das ökonomisch nur wenig Sinn«, betont der Fraunhofer-Experte Stryi-Hipp.

Aber eins steht fest: Man werde dieses Problem ohnehin angehen und lösen müssen, um den Ausbau der E-Mobilität wie geplant voranzutreiben. Das sei nicht zuletzt schon deswegen nötig, damit viele Autos in einer Straße geladen werden können, sagt Stryi-Hipp. »Die Steuerung könnte dann die Beladung drosseln und zeitlich so steuern, dass morgens alle Fahrzeuge wieder geladen sind – aber eben nicht alle gleichzeitig am Abend geladen werden.« Nicht vergessen werden dürfe zudem, dass durch die Be- und Entladevorgänge der Akku schneller verschleiße.

Mehr als technische Herausforderungen

Auf ein ganz anderes, grundsätzliches Problem verweist Bundesnetzagentur-Experte Stratmann: Energieversorger planen derzeit ihren Stromeinkauf für ein ganzes Jahr im Voraus, für jede Viertelstunde des Jahres wird der erwartete Bedarf vom Netzbetreiber prognostiziert. Das Standardlastprofil beruht auf dem durchschnittlichen Verhalten der Haushaltskunden. Auf dem Day-Ahead-Markt werden vom Stromerzeuger dann Einkäufe getätigt, um die prognostizierten Strommengen bereitstellen zu können. Wenn nun Fotovoltaiknutzer ihren eigenen Strom verbrauchen, hat der Stromversorger auf Grund der Standardlastprofile zu viel Strom eingekauft und ins Netz eingespeist. Die Strommenge ist doppelt im System vorhanden. Aktuell sind das rund fünf Terawattstunden pro Jahr.

»Um das auszugleichen, fährt dann aktuell ein fossiles Kraftwerk herunter«, erklärt Peter Stratmann von der Bundesnetzagentur. Komplexe Zusammenhänge würden erfordern, dass dieses Kraftwerk zuvor mehr Strom erzeugt, und unter dem Strich entsteht sogar mehr CO2. »Der Prosumer kann durch den Eigenverbrauch seine Stromrechnung etwas senken, aber überlässt das Lösen der Probleme dem Markt.« Ein höherer Eigenverbrauch durch Speicher würde dieses Problem sogar verschärfen, sagt Stratmann.

Die Bundesnetzagentur habe daher vorgeschlagen, dass Prosumer einen Lieferanten finden müssten, der sie individuell profiliert, versorgt und abrechnet. Diese Kunden würden dann aus dem Standardlastprofil verschwinden. So würde die Doppelstromversorgung vermieden, aber auch die Verantwortung dafür richtig zugeordnet. »Alternativ könnte der erzeugte Strom komplett eingespeist werden, ohne Eigenverbrauch«, sagt Stratmann.

Dazu müsse sicherlich die Einspeisevergütung wieder etwas angehoben werden. Von einer Anpassung des Standardlastprofils hingegen halte er nichts. »Dafür ist die Jahreswettervorhersage zu ungenau.« Auf bessere Weise ins System eingebundene Aufdachanlagen halte er aber durchaus für sinnvoll, nicht zuletzt für die Akzeptanz der Energiewende. »Aber vor allem brauchen wir für die Energiewende viele große Anlagen, die professionell betrieben werden.«

Streit um das Standardlastprofil

Nicht jeder teilt diese Einschätzung. »Die Leute werden versorgt, als hätten sie keine Solaranlage. Studien des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) haben vorgerechnet, dass ein angepasstes Profil auch ohne Wetterprognose die Belieferung von Kunden mit Solaranlage um mehr als den Faktor 2 verbessert«, kritisiert Jann Binder vom ZSW. »Die Regulierung passt noch nicht aufs neue Energiesystem, und hier muss die Bundesnetzagentur mit den Akteuren zusammenarbeiten.«

Es fehle an einer flächendeckenden digitalen und smarten Infrastruktur, um Tarife anzubieten, die dann günstiger sind, wenn viel Strom im Netz verfügbar ist, sagt Marion Nöldgen, Managing Director des Stromlieferanten Tibber. Ebenfalls benötigt: Geräte, die sich in diesen Phasen gezielt aktivieren lassen – zum Beispiel Wärmepumpen oder Wallboxen für E-Autos. »Diese Infrastruktur brauchen wir nicht nur, um dynamische Stromtarife anzubieten, sie ist zwingend notwendig, um eine vollständige Stromversorgung aus regenerativen Quellen zu realisieren.« Je mehr erneuerbare Stromquellen im Strommix seien, desto stärker schwanke die Strommenge, die zur Verfügung stehe. Schließlich scheint die Sonne unterschiedlich stark, und auch Windstärken weichen voneinander ab. »Der Verbrauch von Haushalten muss zwingend auf diese Gegebenheiten reagieren können«, fordert Nöldgen.

Auch Energiesystemforscher Stryi-Hipp sagt: »Das Problem liegt nicht am Erzeuger oder den Batteriekapazitäten, sondern daran, wie diese gesteuert werden.« Dazu müsse der Gesetzgeber Vorgaben machen, zum Beispiel unterschiedliche Einspeisevergütungen zu unterschiedlichen Zeiten oder eine höhere Vergütung für Ost-West-Ausrichtungen, die zwar aufs Jahr etwas weniger Strom erzeugen als Südausrichtungen, dafür aber morgens und abends etwas mehr, wenn der Bedarf am größten ist. Hinzu müsse eine smarte Steuerung kommen. Am Fraunhofer ISE werde dazu gerade ein blockchainbasiertes Handelssystem entwickelt. Das soll es ermöglichen, dass Waschmaschine, Elektroauto und andere zeitlich flexible Verbrauchsgeräte vor allem dann mit Strom versorgt werden, wenn der Kunde davon einen finanziellen Vorteil hat. Stryi-Hipp erwartet eine Reform der Abrechnungssysteme: »Die werden wir sehen, sonst können wir die Energiewende mit sehr hohen Anteilen erneuerbarer Energien volkswirtschaftlich gar nicht verkraften.«

»Wer sich steuern lässt, bekommt halt die besseren Tarife«
Jann Binder, Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg

Einig sind sich auch andere Fachleute, dass »Fotovoltaikanlagen mit Batteriespeichern aktuell vor allem zur privaten Optimierung genutzt werden, nicht zur Systemoptimierung«, wie Stefan Thomas vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie es formuliert. Er sei jedoch davon überzeugt, dass man neue Standardlastprofile für Haushalte mit Fotovoltaik sowie Haushalte mit Fotovoltaik und Speicher definieren könne. »Zudem können die Versorger bis fünf Minuten vor Ablauf am Intraday-Markt nach- oder verkaufen.«

»Netzbetreiber bekommen heute 5,07 Prozent Rendite dafür, dass sie Leitungen legen. Aber wenn sie Köpfchen in eine intelligente Regelung stecken, ist das heute aufwändiger zu beantragen und unklar, ob sie dafür Geld bekommen«, kritisiert Binder. Intelligente Zähler, wie sie jetzt Schritt für Schritt eingebaut werden, müssten vor allem Steuergeräte sein. »Wer sich steuern lässt, bekommt halt die besseren Tarife«, sagt Binder. Das Interesse an solchen Lösungen wird mit der Elektromobilität weiter steigen. So können auch Haushalte aktiv an der Energiewende teilnehmen, ohne das Netz übermäßig zu belasten.

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