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Verkehr: Die Straßen der Zukunft

Ein geringer Material- und Kostenaufwand gehört noch zu den einfachsten Anforderungen an die Straßen der Zukunft. Sie sollen zudem umweltfreundlich sein, Strom für Elektrofahrzeuge erzeugen und vieles mehr.
Straße ins Grüne

Etwa 70 000 Kilometer Autobahn vernetzen Europa. Dieses gigantische Netz zu erhalten, ist bereits eine gewaltige Aufgabe, doch die Herausforderungen sind weit dramatischer. Es ist an der Zeit, eine neue, eine 5. Generation von Straßen zu entwickeln, um die Verkehrsinfrastruktur zukunftsfähig zu machen.

Mobilität mag ein aktuelles Schlagwort sein, aber ein wichtiger Faktor war sie schon in frühester Zeit: In der Steinzeit florierten der Tauschhandel wie der Kulturtransfer auf Saumpfaden und Flüssen (1. Generation); in der Antike legten römische Pioniere befestigte Straßen an, um eroberte Gebiete militärisch und wirtschaftlich zu erschließen (2. Generation); Anfang des 19. Jahrhunderts verbesserte die Makadam-Bauweise – drei verdichtete Lagen Schotter und Split unterschiedlicher Körnung – die Haltbarkeit der Fahrbahnen (3. Generation). Um der zunehmenden Motorisierung gerecht zu werden, setzte sich im 20. Jahrhundert eine Konstruktion durch, bei der Asphalt- oder Betondecken auf Tragschichten ruhen (4. Generation). Letztere bestehen aus verdichteten und je nach veranschlagter Belastung mit verschiedenen Bindemitteln versetzten Lagen aus Sand, Kies, Schotter oder grobem Recyclingmaterial. Zu ihren Aufgaben zählt das Entwässern, und sie leiten den Druck des rollenden Verkehrs an den Unterbau ab, der den Verlauf der Straße und ihr Höhenniveau bestimmt.

Doch nun sehen sich die Ingenieure drei zentralen Anforderungen gegenüber, die auf diese Weise nicht mehr zu bewältigen sind. Das erste Stichwort lautet Nachhaltigkeit: Die Bedürfnisse der Gegenwart will man erfüllen, ohne die Möglichkeiten kommender Generationen zu beschneiden. Das zweite heißt Energiewende, meint also den Übergang von einer Versorgung, die sich zu 80 Prozent auf fossile Brennstoffe stützt, zu einem Energiemix, bei dem Strom und Wärme überwiegend aus regenerativen Quellen stammen. Und schließlich müssen die Entwickler einer zunehmend vernetzten Welt Rechnung tragen, in der Automatisierung und Datenaustausch verlangt sind.

Die Dimension des Gesamtprojekts "Straße der 5. Generation" wird deutlich, sobald man sich vergegenwärtigt, dass in den Industrieländern mehr als 80 Prozent der Personen- und Warenströme über solche Verkehrswege fließen, dabei 60 Prozent der geförderten fossilen Energieträger verbrannt und 25 Prozent der Treibhausgase emittiert werden. Die gesuchten Lösungen müssen daher zwangsläufig auch auf die Automobilindustrie zurückwirken, die bereits Alternativen zum Verbrennungsmotor entwickelt. Und nicht zuletzt gilt es, über geeignete Rahmenbedingungen der Mobilität die Lebensumstände im urbanen Bereich wie auf dem Land zu verbessern. Manche Entscheidung dürfte auf politischer Ebene fallen, aber gleichwohl von der verfügbaren Technik abhängen. Daher spielen Ingenieure und Forscher verschiedene Szenarien durch, wie unsere Straßen in 10, 20 oder 30 Jahren aussehen könnten.

Die nachhaltige Baustelle

Der erste Aspekt betrifft ihren Bau. Das Nutzen lokaler Ressourcen sollte Stoffströme eindämmen: Was sich in der Nähe einer Baustelle produzieren lässt, erfordert weniger Energieaufwand für den Transport. Auch gilt es, den Wärmebedarf bei der Herstellung des bitumenhaltigen Materials zu verringern. So wurden etliche Fertigungsprozesse erfunden, die unter geringeren Temperaturen als zuvor oder sogar kalt ablaufen.

Anpassungsfähige Straßen | Im 1989 gegründeten Forum of European National Highway Research Laboratories (FEHRL) sind über 30 Institute und Forschungszentren vertreten, unter anderem das Ifsttar in Frankreich. Das bedeutendste Programm des FEHRL, Forever Open Road, wurde 2011 ins Leben gerufen und beschäftigt sich mit den Straßen der 5. Generation. Es gliedert sich in drei Programme: anpassungsfähige, automatisierte und klimaresistente Verkehrswege. Diese und die beiden folgenden Grafiken illustrieren die grundlegenden Konzepte.

Zudem kam die Idee auf, die bitumenhaltigen Bindemittel, welche die Gesteinskörner des Asphalts zusammenkleben, durch pflanzliche zu ersetzen, die bei der Herstellung von Biotreibstoffen anfallen. Dieses Vorhaben wurde schnell von der Wirklichkeit eingeholt: Nicht nur erwiesen sich die produzierbaren Mengen als zu begrenzt, der Anbau der nötigen Pflanzen konkurriert auch mit der Nahrungsmittelproduktion. Allerdings ließe sich der Bedarf verringern, falls bereits verbautes Bitumen nach dem Aufreißen von Straßen in einem Recyclingschritt regeneriert würde. Außerdem versuchen einige Wissenschaftler, solche Biomasse zu verwerten, die der Landwirtschaft keine Flächen wegnimmt. Bindemittel auf der Grundlage von Mikroalgen sind zum Beispiel Gegenstand von Algoroute, einem Gemeinschaftsprojekt verschiedener französischer Forschungseinrichtungen.

Des Weiteren könnte die Wiederverwendung von Abfällen den Materialverbrauch insgesamt reduzieren, sei es aus Bauschutt, Schlacken oder Altreifen. Auch andernfalls zu entsorgende Nebenprodukte der industriellen Fertigung ließen sich einsetzen. Der Anteil wiederaufbereiteter Materialien im Straßenbau liegt derzeit bei 10 bis 30 Prozent. Für eine höhere Quote braucht es bessere Verfahren zur Abfallsortierung und zur schonenden Abtrennung des Bitumens durch Hitze. Es fehlen aber auch Methoden, welche die Tauglichkeit solchermaßen wiederaufbereiteter Stoffe bewerten können.

Einige Recyclingtechniken erweisen sich in der Anwendung gleich in mehrfacher Hinsicht als wertvoll. So haben wir an unserem Institut etwa nachgewiesen, dass Beton aus Abbruchmaterial das Treibhausgas Kohlendioxid binden kann. Ein anderes Beispiel ist die Beimischung von Kautschukgranulat aus zerkleinerten Altreifen in die oberen Schichten der Fahrbahn: Es dämpft das Abrollgeräusch der Fahrzeuge.

Um sparsam mit natürlichen Ressourcen umzugehen, müssen Fahrbahnen natürlich lange ihren Dienst versehen, also aus abnutzungs- und witterungsbeständigen Materialien bestehen. So verbessern Beläge aus Epoxidharz die Standzeit; sie werden bereits als Fahrbahndecke bei Stahlbrücken oder in Kurvenbereichen von Autobahnen eingesetzt. Vor Kurzem hat unser Institut im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts eine Fahrbahndecke aus Zementbeton entwickelt, die gut 30 Jahre gleich bleibende Haftung und Wasserdichtigkeit gewährleistet anstatt der derzeit üblichen zehn Jahre. Zwar ist die Fertigung einer solchen Decke auch dreimal so teuer, doch können Instandhaltungsarbeiten in weit größeren Abständen erfolgen – was Staus reduziert und Anwohner weniger Baulärm aussetzt.

Länger haltbar dank Mikrokapseln

Forscher entwickeln auch sich selbst reparierende Materialien. So könnten Mikrokapseln, die Bitumen enthalten, beim Gießen der Fahrbahndecke mit eingebracht werden. Unter dem Gewicht insbesondere von Lastkraftwagen würden sie nach und nach aufplatzen und ihren Inhalt frei geben – die Decke bliebe länger elastisch. Metallfasern in Asphaltbeton haben einen ähnlichen Effekt: Wird in ihnen ein elektrischer Strom induziert, erwärmen sie sich auf Grund ihres Widerstands. Dieser thermische Verlust verflüssigt das Bindemittel, wodurch sich Risse schließen können. So verlängert sich die Lebensdauer der Fahrbahn.

Automatisierte Straßen

Zu den Zielen der Materialentwickler gehört ebenso, den vom rollenden Verkehr emittierten Lärm zu dämpfen. Bei niedrigen Geschwindigkeiten sind moderne Motoren schon heute oft leiser als das Kontaktgeräusch zwischen Reifen und Fahrbahn. Mit der weiteren Verbreitung von Elektrofahrzeugen dürfte Letzteres in Zukunft zur Hauptlärmquelle werden.

Der so genannte Flüsterasphalt, der in den 1970er und 1980er Jahren vor allem als Maßnahme gegen Spritzwasser bei Regen eingeführt wurde, stellte einen ersten Lösungsansatz dar. Da er aus großen und kleinen, nicht jedoch aus mittelgroßen Gesteinskörnern besteht, ist er sehr porös und durchlässig. Seine akustische Funktion erfüllt er, weil dadurch auch der erhöhte Luftdruck zwischen Reifen und Fahrbahn abnimmt, der hauptsächlich für die Rollgeräusche verantwortlich ist. Man kann Flüsterasphalt erstaunlicherweise sogar nutzen, um innerstädtische Bereiche im Sommer zu kühlen. Denn er speichert auf Grund der Luft in seinen Poren Hitze weit schlechter als eine herkömmliche Straßendecke. Mischt man zudem helle Gesteinskörner darunter, wird ein Teil des Sonnenlichts reflektiert.

Leider gelangt Schmutz in die Poren und verstopft sie mit der Zeit, weshalb man neuerdings dazu übergeht, mehrere Lagen unterschiedlicher Porosität übereinanderzupacken. In den Niederlanden gehen Entwickler noch einen Schritt weiter und bringen in die obere Schicht vorgefertigte Hohlräume von einem Kubikdezimeter Größe ein. Hier ist Schmutzeintrag kein Problem. Diese "Helmholtz-Resonatoren" absorbieren die den Rollgeräuschen entsprechenden Schallfrequenzen. Eine andere Lösung, die sich immer mehr verbreitet, ist eine Fahrbahndecke aus kleineren Gesteinskörnungen von sechs Millimeter Durchmesser anstatt der üblichen 14 Millimeter. Das reduziert die Vibrationen, die der Kontakt zwischen Asphalt und Reifen hervorruft, verbessert obendrein deren Haftung und hindert Regenwasser nicht am schnellen Durchlauf.

Straßen sollen die Luft verbessern

Des Weiteren kann man Kautschukgranulat oder -pulver beispielsweise aus Altreifen gewinnen und dem Bitumen untermengen, um so den Lärm weiter zu verringern. Und zu guter Letzt entwickeln Ingenieure Lärmschutzwände mit fraktalen Strukturen (diese ähneln sich in unterschiedlichen Größenmaßstäben), die Schall wirkungsvoller absorbieren.

Klimaresistente Straßen

Die Fahrbahnen der 5. Generation sollen obendrein einen Beitrag gegen die Luftverschmutzung leisten. Fügt man dem Belag Titandioxidpartikel zu, kann er unter Sonnenlicht Stickoxide katalytisch in unschädliche Verbindungen umwandeln, die später vom Regen fortgewaschen werden. Der französische Hersteller Eurovia hat einen Belag auf den Markt gebracht, der über vier Milligramm Stickoxide pro Quadratmeter und Stunde abbauen soll.

Da Straßen immer komplexere Anforderungen erfüllen müssen, erscheint es wirtschaftlicher, sie aus standardisierten Bauteilen zu konstruieren, die sich in der Fabrik vorfertigen lassen. Solche Module enthalten bereits Leitungen für Elektrizität und Kommunikation. Freilich benötigt man Verfahren, um sie auf der Baustelle schnell zu installieren beziehungsweise bei Schäden rasch wieder auszubauen und zu ersetzen. Module wurden schon bei einigen Kreuzungen erprobt. In den Niederlanden hat man zum Beispiel 2006 einen Abschnitt der Autobahn A12 auf diese Weise gebaut. Ein Fundament aus Pfählen ermöglicht es, die vom Konsortium ModieSlab entwickelte Fahrbahn auch auf sehr weichen Böden zu verlegen. In Frankreich demonstrieren zwei Versuchsabschnitte in Saint-Aubin-lès-Elbeuf nahe Rouen und in Nantes, dass es möglich ist, durch Verwendung der beschriebenen Materialien Straßen zu bauen, die für Instandhaltungsarbeiten an den unterirdisch verlegten Versorgungsleitungen einfach zu öffnen und wieder zu verschließen sind.

Als Konsequenz der Klimaerwärmung einerseits, nuklearer Katastrophen wie der von Fukushima andererseits forcieren viele Staaten die Energiewende, das heißt den Ausbau einer Strom- und Wärmeerzeugung ohne fossile oder nukleare Brennstoffe. Für den Straßenverkehr kam in diesem Rahmen das Konzept der Plusenergiestraße auf: ein Verkehrsweg, der seine Signalanlagen ebenso wie die Beleuchtungsquellen selbst mit Strom versorgt und obendrein die Batterien von Elektrofahrzeugen während des Fahrens durch Induktion wieder auflädt.

So wurde in Bayern entlang der Autobahn A94 eine Fotovoltaikanlage mit einem Megawatt Leistung auf schrägen Flächen aufgestellt, die beim Aushub von Bauarbeiten an der Straße entstanden. Innovativer freilich ist die Idee, Solarzellen auf der Fahrbahn selbst zu verlegen. So hat die TNO (Niederländische Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung) im Rahmen des Projekts SolaRoad Fotovoltaikmodule aus kristallinem Silizium entwickelt, die unter einem Zentimeter dickem Sicherheitsglas liegen; da es rau ist, haften Reifen darauf gut. Laut den Erfindern produziert ein Quadratmeter davon pro Jahr 50 Kilowattstunden elektrische Energie. Für ein Pilotprojekt wurde Ende 2014 ein 100 Meter langer und vier Meter breiter Fahrradweg in der Stadt Krommenie eingeweiht. In der auf fünf Jahre angelegten ersten Phase stehen die technische Steuerung sowie der praktische Betrieb im Fokus. Es müssen Techniken zum Speichern von Energieüberschüssen und zum Entfernen von Schmutz erprobt werden; und natürlich soll die Anlage rentabel sein.

Fahrradweg mit Solarzellen | Ende 2014 wurde in Krommenie in den Niederlanden ein Fahrradweg eingeweiht, der auf einer der beiden Spuren (links im Bild) über eine Länge von 100 Metern aus Solarzellen besteht. Es handelt sich dabei um den Pilotversuch einer Plusenergiestraße, die Strom für Beleuchtung und Beschilderung erzeugt.

Das Projekt Solar Serpent (Solarschlange) des schwedischen Architekten Måns Tham zielt auf größere Dimensionen: Er will ganze Autobahnen mit Solarzellen überdachen und sie damit in Kraftwerke verwandeln. Zudem würde der Lärm gemindert und die Fahrbahn gegen Witterung und UV-Strahlung geschützt. Måns Tham plant, ein 24 Kilometer langes Stück Autobahn von Santa Monica nach Los Angeles mit einer Million Quadratmeter Solarzellen zu überdachen, womit nach dem heutigen Stand der Technik 150 Gigawattstunden Strom pro Jahr erzeugt werden können, was dort den Bedarf von 40 000 Haushalten decken würde. Ein in Kalifornien vermutlich beachtlicher Nebeneffekt: Dank der Beschattung ließe sich der Gebrauch von Klimaanlagen und damit wieder die Verbrennung fossiler Energieträger verringern.

Andere Forscher wollen sich das große Wärmeabsorptionsvermögen der bitumenhaltigen Fahrbahnen zu Nutze machen. Autobahnen heizen sich auch in Mitteleuropa im Sommer auf rund 60 bis 65 Grad Celsius auf. Fließt ein geeignetes Medium durch eingelassene Leitungen, kann es diese Wärme abführen und in Bohrlöchern speichern. Im Winter führt man die Wärme zurück und verhindert so das Entstehen von Schneedecken und Eisbildung. Diese Technik wird bereits zur Temperaturregulierung von Fahrbahnplatten einiger Brücken angewandt, auf denen häufig Glättegefahr besteht, zum Beispiel in der Schweiz im Rahmen des Projekts SERSO und an einer Brücke im norddeutschen Berkenthin.

Das grundlegende Problem des heutigen Verkehrs – das Verbrennen fossiler Kraftstoffe – können Straßen allein zwar nicht lösen; indem sie aber Teil der Infrastruktur werden, die Elektrofahrzeuge mit Strom versorgt, tragen sie zur Energiewende bei. Derzeit werden solche Autos über einen privaten Anschluss oder an einer öffentlichen Ladestation wieder "betankt". Die begrenzte Kapazität der Batterien beschränkt auch die Reichweite der Fahrzeuge, was zu oft das Aufladen an der Steckdose nach sich zieht. Eine bestechende Idee lautet deshalb, die Akkus während der Fahrt zu füllen, insbesondere auf energieintensiven Passagen, etwa langen Steigungen.

Modular aufgebaute Straßen | Modular aufgebaute Straßen in Innenstädten lassen sich für Wartungsarbeiten an den darunter verlegten Leitungen an einem halben Tag öffnen – und wieder verschließen (im Bild: eine Teststrecke in Saint-Aubin-lès-Elbeuf im französischen Département Seine-Maritime).

Größere Reichweiten für Elektromobile

Siemens modifiziert zurzeit testweise das Oberleitungssystem von O-Bussen (deren erste Modelle von 1882 stammen), um Lkws mit Elektro-Diesel-Hybridmotoren zu versorgen. Alstom wiederum baut auf sein Ende der 1990er Jahre entwickeltes System für Straßenbahnen, bei dem eine spezielle Schiene zwischen den Gleisen Strom über ein so genanntes Schleifstück überträgt. Die Schiene ist in Abschnitte unterteilt, die nur dann Strom führen, wenn sie sich vollständig unter der Bahn befinden. Damit können andere Verkehrsteilnehmer die Trasse gefahrlos überqueren. Diese Technik wird derzeit auch für andere Fahrzeuge erwogen.

Das Unternehmen Bombardier hat sogar gezeigt, dass sich Autos bei laufender Fahrt berührungslos durch induktive Kopplung mit Strom versorgen lassen. Die dafür erforderliche Technik in der Straße reduziert nicht deren Lebensdauer, wie unser Institut nachwies. Interessant sind hier auch die Entwicklungen des südkoreanischen Unternehmens OLEV. Über in die Fahrbahn eingelassene Vorrichtungen lädt es die Batterien stehender wie rollender Fahrzeuge mit einem Wirkungsgrad von über 80 Prozent auf. Es kommt bereits in einem Freizeitpark zum Einsatz. Auch Fraunhofer-Institute arbeiten an diesem Thema.

Mehr Effizienz durch Automatisierung

Von der Idee, über die Straße Autos mit Energie zu versorgen, ist es nur ein kleiner Schritt zu der Forderung, die 5. Generation solle auch Informationen weiterleiten. Diese "Automatisierung" ist der dritte Aspekt einer nachhaltigen, sicheren und effizienten Mobilität. Sensoren an den Fahrzeugen werden fast in Echtzeit den Zustand der Fahrbahndecke ermitteln, ebenso Sensornetze in der Fahrbahn selbst. Auf diese Weise sollen die Betreiber Instandhaltungsarbeiten flexibler und genauer planen können. Messfühler werden auch Wetterverhältnisse sowie Sichtweiten, Temperatur der Fahrbahn oder Schneehöhen ermitteln.

Dann werden zum einen die Assistenzsysteme der Fahrzeuge bei Bedarf die Geschwindigkeit anpassen – etwa vor Staus oder Glatteis – oder alternative Routen vorschlagen. Außerdem soll es dank zeitnaher Datenerhebung möglich sein, das Verkehrsaufkommen angepasst über Leitsysteme zu steuern. Klassische Fahrbahnmarkierungen und Verkehrsschilder haben dann ausgedient. Die Spur markierende Leuchtdioden (LEDs) und Signalgeber weisen vielerorts längst Fahrspuren morgens einer anderen Richtung zu als abends, um den Pendlerverkehr zu entzerren. Künftig soll dergleichen durch eine variabel einstellbare Beschilderung dem aktuellen Aufkommen entsprechend gesteuert werden.

Welche dieser Ideen sich durchsetzen, hängt nicht allein von der Akzeptanz in der Gesellschaft ab, sondern auch davon, ob sie in Demonstrationsprojekten ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen – also in Experimenten vorzugsweise im Maßstab 1 : 1 und auf offener Straße. So soll etwa die frühere Autobahn A199 in der Nähe unseres Instituts in Marne-la-Vallée ab 2017 zu einer Straße der 5. Generation werden. Sparsamer, anpassungsfähiger, automatisierter und witterungsbeständiger – die Verwirklichung all dieser Ziele stellt eine immense Herausforderung dar. Doch sie muss gemeistert werden, wollen wir unsere Mobilität bewahren.

  • Quellen

Hautière, N. et al.: La "route" de cinquième génération (R5G). In: Revue Générale des Routes et Autoroutes 910, S. 28 – 35, 2013

Hautière, N. et al.: Comment adapter les infrastructures routières aux enjeux de la mobilité de 2030. In: Transport Environnement Circulation 216, S. 25 – 32, 2013

Lamb, M. et al.: The Forever Open Road – Defining the Next Generation Road. In: Routes/Roads 352 – 353, S. 120 – 129, 2012

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