Verhaltensforschung: Ist mir doch egal!
Ein Affe kommt selten allein. Umso wichtiger, so könnte man meinen, ist ihm deshalb das Wohlergehen seiner Bezugsgruppe. Doch wie weit geht sie wirklich, die Affenliebe?
Schimpansen sind die Lieblinge der Verhaltensforscher. Sie benutzen Werkzeug, verstehen eine Vielzahl von Symbolen und erkennen ihr eigenes Spiegelbild. Alles in allem scheinen sie ihrer Rolle als des Menschen nächster Verwandter sehr gut auszufüllen. Auch Studien des Sozialverhaltens ergaben, dass die Tiere Eigenschaften besitzen, die man einst nur Menschen zugeschrieben hat. So entwickeln Schimpansen etwa eine Art von Gerechtigkeitsempfinden. Fühlen sich die Affen unfair behandelt, kann es durchaus vorkommen, dass sie in Streik treten und sich beispielsweise weigern, an Tests mitzuwirken. Was jedoch passiert, wenn es nicht um die eigenen Vorteile geht, sondern um die anderer Artgenossen? Sind Schimpansen altruistisch?
Zu diesem Zweck bauten die Forscher zwischen zwei Gehegen eine Apparatur auf, die zwei Wahlmöglichkeiten ließ: Zog der Affe an dem einen Hebel, bekam nur er etwas zu fressen. Zog er an einem zweiten Hebel, fiel ihm dieselbe Menge Futter zu, gleichzeitig landete aber genauso viel im Käfig gegenüber. Gleichzeitig waren die Käfige so angeordnet, dass beide Tiere, möglicher Geber und möglicher Empfänger, einander genau beobachten konnten. Als Versuchstiere nahmen die Wissenschaftler insgesamt 18 Schimpansen aus zwei unterschiedlichen Affengruppen, deren Mitglieder schon lange zusammenlebten, und steckten sie entweder allein in einen der beiden Käfige oder setzten ihnen eines ihrer Gruppenmitglieder gegenüber.
Was dann passierte, war ernüchternd: Den Schimpansen war außer ihrem eigenen Futter schlicht alles egal. Waren sie allein, wählten Affen der ersten Gruppe die doppelte Futterausgabe mit genau 56-prozentiger Wahrscheinlichkeit. Hatten sie ein hungriges Gegenüber, griffen sie mit 58-prozentiger Wahrscheinlichkeit zum entsprechenden Hebel. Letzlich, resümiert Silk, waren die Schimpansen in ihrer Wahl stärker davon beeinflusst, wo der Hebel gelegen war, als davon, ob ein anderer Affe ihnen gegenüber saß. Faulheit siegt. Auch die zweite Gruppe, die im Gegensatz zu der anderen in kognitiven Tests noch unerfahren war, zeigte wenige altruistische Ambitionen. Hier wählten die Schimpansen die doppelte Futterausgabe in 48 von 100 Fällen, egal, ob sie allein waren oder einen Gegenüber hatten. Insgesamt also lag die altruistische Wahl schlicht im statistischen Mittel.
Vielleicht, folgern die Wissenschaftler aus ihrer Studie, ist altruistisches Verhalten eben doch eine typisch menschliche Eigenschaft. Oder zumindest eine von Tieren, die ihr Gemeinschaftsverhalten insgesamt auf Kooperation ausgerichtet haben. Die Schimpansen scheinen jedenfalls wunderbar ohne Altruismus auszukommen. Und wie heißt es so schön in Abwandlung eines Zitates von Marie von Ebner-Eschenbach: Wenn jeder sich selbst hilft, ist allen geholfen.
Dieser Frage sind nun amerikanische Wissenschaftler vier verschiedener Universitäten in einer gemeinsamen Studie nachgegangen. Joan Silk von der Universität von Kalifornien in Los Angeles und ihre Kollegen konzipierten einen Test, bei dem die Affen vor die Wahl gestellt wurden: Kümmere ich mich nur um mich selbst, oder sorge ich auch dafür, dass es meinem Artgenossen gut geht?
Zu diesem Zweck bauten die Forscher zwischen zwei Gehegen eine Apparatur auf, die zwei Wahlmöglichkeiten ließ: Zog der Affe an dem einen Hebel, bekam nur er etwas zu fressen. Zog er an einem zweiten Hebel, fiel ihm dieselbe Menge Futter zu, gleichzeitig landete aber genauso viel im Käfig gegenüber. Gleichzeitig waren die Käfige so angeordnet, dass beide Tiere, möglicher Geber und möglicher Empfänger, einander genau beobachten konnten. Als Versuchstiere nahmen die Wissenschaftler insgesamt 18 Schimpansen aus zwei unterschiedlichen Affengruppen, deren Mitglieder schon lange zusammenlebten, und steckten sie entweder allein in einen der beiden Käfige oder setzten ihnen eines ihrer Gruppenmitglieder gegenüber.
Was dann passierte, war ernüchternd: Den Schimpansen war außer ihrem eigenen Futter schlicht alles egal. Waren sie allein, wählten Affen der ersten Gruppe die doppelte Futterausgabe mit genau 56-prozentiger Wahrscheinlichkeit. Hatten sie ein hungriges Gegenüber, griffen sie mit 58-prozentiger Wahrscheinlichkeit zum entsprechenden Hebel. Letzlich, resümiert Silk, waren die Schimpansen in ihrer Wahl stärker davon beeinflusst, wo der Hebel gelegen war, als davon, ob ein anderer Affe ihnen gegenüber saß. Faulheit siegt. Auch die zweite Gruppe, die im Gegensatz zu der anderen in kognitiven Tests noch unerfahren war, zeigte wenige altruistische Ambitionen. Hier wählten die Schimpansen die doppelte Futterausgabe in 48 von 100 Fällen, egal, ob sie allein waren oder einen Gegenüber hatten. Insgesamt also lag die altruistische Wahl schlicht im statistischen Mittel.
Dabei war der Versuchsaufbau prädestiniert für uneigennütziges Verhalten: Zum einen konnten die Affen Futter verschenken, ohne selbst kürzer treten zu müssen. Und zum anderen kannten sie die Schimpansen auf der gegenüberliegenden Seite – das erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihnen etwas Gutes tun würden. Dennoch ließen sich die Affen nicht erweichen. Hatten sie vielleicht die Möglichkeit des Futter-Verschenkens schlicht nicht begriffen? Diese Hypothese schließen Silk und ihre Kollegen aus: Um sicherzugehen, dass ihre Versuchstiere den Apparat verstünden, hatten sie die Tiere vorher einzeln eingewiesen. Mit der Unkenntnis der technischen Möglichkeiten kann die Gleichgültigkeit der Schimpansen also nicht erklärt werden. Die Probanden aus einer der Gruppen kannten sogar beide Seiten des Apparates: Sie wurden sowohl als Geber als auch als Empfänger eingesetzt. Daher wussten sie aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, kein Futter abzubekommen. An ihrem Verhalten änderte diese Tatsache allerdings nichts. Sogar eindeutige Bettelgesten ließen die Geber-Affen kalt. Sie saßen eben am längeren Hebel.
Vielleicht, folgern die Wissenschaftler aus ihrer Studie, ist altruistisches Verhalten eben doch eine typisch menschliche Eigenschaft. Oder zumindest eine von Tieren, die ihr Gemeinschaftsverhalten insgesamt auf Kooperation ausgerichtet haben. Die Schimpansen scheinen jedenfalls wunderbar ohne Altruismus auszukommen. Und wie heißt es so schön in Abwandlung eines Zitates von Marie von Ebner-Eschenbach: Wenn jeder sich selbst hilft, ist allen geholfen.
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