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Das aktuelle Stichwort: Malaria

Seitdem 1998 neunzig internationale Organisationen, darunter Weltgesundheitsorganisation (WHO), Weltbank und Unicef die Initiative "Roll Back Malaria" (RBM) ins Leben riefen, wird jährlich am 25. April der Afrika-Malaria-Tag begangen. Stets ist mit den Veranstaltungen die Hoffnung verbunden, die Infektionskrankheit bald zurückdrängen zu können und dazu neue Bekämpfungsstrategien zu entwickeln und in den betroffenen Ländern zu verbreiten. Trotz aller Bemühungen sind die Fakten aber immer noch erschreckend.
<i>Anopheles gambiae</i>
Die Schätzungen über die Zahl der Malaria-Opfer schwanken erheblich. Die WHO geht von über 300 Millionen Erkrankungen pro Jahr aus, wovon weit mehr als eine Million tödlich enden. Wie auch Aids und Tuberkulose grassiert Malaria gerade in den ärmsten Ländern der Erde. Etwa neunzig Prozent der Toten sind im Subsahara-Afrika zu beklagen. In den hoch entwickelten Ländern dagegen, wie in Europa oder den USA, konnten Eindämmungsmaßnahmen im 20. Jahrhundert die Seuche so gut wie eliminieren. Dennoch spielt sie hier immer noch eine bedeutende Rolle als Reisekrankheit. Die Fälle von importierter Malaria durch Heimkehrer aus den Tropen werden in Deutschland auf etwa tausend pro Jahr beziffert. Im Vergleich dazu fallen in Afrika nach WHO-Angaben allein jeden Tag 3000 Kinder unter fünf Jahren der Infektionskrankheit zum Opfer.

Malariaverbreitung | Ansteckungsrisiko durch endemische Verbreitung von Malaria (violett: hoch, gelb: begrenzt)
Zwei verschiedene Spezies lösen als Erreger und Überträger die Krankheit aus: Der einzellige Parasit Plasmodium und die vor allem in warmen Gebieten verbreitete Stechmücke Anopheles. Die Mücken brüten bevorzugt in sumpfigen, tiefliegenden Gebieten, woher auch der Name der Krankheit rührt: Die über Sümpfen ausdünstende "schlechte Luft", italienisch mal aria, galt als Ursache ds Leidens. Ein anderer Name – Wechselfieber – weist auf die massiven Fieberschübe und Schüttelfrostanfälle hin, die bei Malaria auftreten. Hervorgerufen werden diese Symptome, wenn sich Plasmodium in den roten Blutkörperchen der Infizierten vermehrt.

Der acht- bis sechszehntägige Lebenszyklus des tierischen Einzellers beginnt, wenn er in Form sichelartiger Keime über den Speichel einer weiblichen Anopheles-Mücke bei einem Stich in den menschlichen Körper gelangt. Diese Zellen erreichen zuerst die Leber und nach Durchlaufen mehrerer Entwicklungstadien die Blutbahn. Dort dringen sie in Erythrozyten ein und vermehren sich durch ungeschlechtliche Teilungen. Einige Plasmodien verbleiben im Blutstrom und differenzieren sich zu Vorläufern von Gameten, den Keimzellen. Diese gelangen beim nächsten Stich wieder in den Zwischenwirt Mücke, wo die geschlechtliche Vereinigung stattfindet. Wenn die nächste Generation der Plasmodien in die Speicheldrüsen der Mücke gewandert ist, kann eine neuer Zyklus beginnen.

Der Rhythmus, mit den die häufig von Kopfschmerzen und Übelkeit begeleiteten Fieberschübe auftreten – alle zwei Tage, alle drei Tage oder unregelmäßig –, verrät, mit welcher von vier häufigen Plasmodium-Arten ein Erkrankter infiziert ist. Als am weitesten verbreitet gilt die Infektion mit Plasmodium vivax, die aber selten tödlich endet. Plasmodium falciparum, der gefährlichste Erreger, verursacht die in dreißig Prozent der Fälle tödlich verlaufende Malaria tropica. Da der Parasit die Oberflächenbeschaffenheit der roten Blutkörpchen verändert, verstopfen die Kapillaren, sodass nachgeschaltete Gebiete schlechter mit Sauerstoff versorgt werden und ein Koma beim Infizierten hervorgerufen werden kann. Diagnostizieren lässt sich der Befall im Blutausstrich anhand der Einschlüsse der Zellparsiten in Erythrozyten.

Bei einer rechtzeitig erkannten und behandelten Infektion ist meist eine vollständige Heilung möglich. Es gibt zahlreiche Medikamente – Chinin, Chloroquin, Primaquin, Artemether sind nur einige davon – doch der Parasit, besonders P. falciparum, bildet rasch resistente Formen, weshalb verschiedene Arzneimittel miteinander kombiniert werden müssen. Für die Menschen in den Epidemiegebieten bleiben die effektivsten Wirkstoffe aber oft unerschwinglich. Darüber hinaus ist eine vorbeugende Impfung noch nicht in Sicht. Daher versucht die WHO die Ausbreitung der Überträgermücke Anopheles einzudämmen und verteilt zum passiven Schutz der Bevölkerung Millionen von mit Insektiziden imprägnierten Moskitonetzen.

Für die Zukunft erweitert womöglich die Kenntnis des seit 2002 vollständig entzifferten Genoms von P. falciparum die Chancen, dauerhaft wirksame Medikamente und Impstoffe entwerfen.

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