Neandertaler-Fäkalien: Auch im Darm typisch menschlich
In den Därmen der Neandertaler lebten vermutlich schon dieselben Bakterien wie bei uns heutigen Menschen – genauer gesagt wie bei jenen modernen Menschen, deren mikrobielle Vielfalt im Darm noch nicht durch die westliche Lebensweise geschrumpft ist. Das geht aus einer Studie hervor, für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Simone Rampelli und Silvia Turroni von der Universität Bologna Fäkalien des Neandertalers auf genetische Überreste der einst darin enthaltenen Bakterien untersucht haben.
Gefunden wurden diese urtümlichen Stuhlproben im Fundplatz El Salt unweit der spanischen Stadt Alicante. Dort lebten Neandertaler vor rund 50 000 Jahren unter freiem Himmel. In der Fundschicht, in der sich unter anderem Reste von Neandertaler-DNA enthalten haben, identifizierten Ausgräber bereits 2014 winzige Fäkalienreste, deren chemische Zusammensetzung dafür spricht, dass sie von Menschen stammten. In Bodenproben aus diesen Schichten hätten sie nun nach bakterieller DNA gesucht, schreibt das Team der Universität Bologna im Fachmagazin »Communications Biology«.
Eine Vielzahl der dort entdeckten Bakterienarten kommen als nützliche Bewohner auch im Darm des modernen Menschen vor, darunter Blautia, Dorea, Roseburia, Ruminococcus, Faecalibacterium und Bifidobacterium. Das spricht nach Ansicht der Fachleute dafür, dass diese Bakterien bereits den Darm des letzten gemeinsamen Vorfahren von Homo heidelbergensis und Homo sapiens bevölkerten, der vor ungefähr 700 000 Jahren lebte. In den Proben von El Salt fanden sie auch jene Bakteriengattungen, die zu den »old friends«, den alten Freunden, des Menschen gezählt werden. Sie sollen den Menschen schon seit langer Zeit begleiten und für eine Vielzahl von förderlichen Effekten auf die Gesundheit verantwortlich sein.
Ziel der Wissenschaftler war es auch, mehr über das ursprüngliche Darmmikrobiom des Menschen herauszufinden. Bei Untersuchungen hatte sich gezeigt, dass dessen Vielfalt in vielen westlichen Ländern abnimmt. Die Gründe dafür vermuten Fachleute in der Ernährung mit hoch verarbeiteten Lebensmitteln, einer übersteigerten Hygiene und Nebenwirkungen von Medikamenten. Wie eine Mikrobengemeinschaft aussehen könnte, die weniger stark durch diese Effekte beeinflusst wurde, verraten beispielsweise Untersuchungen an Menschen, die Jäger-und-Sammler-Gesellschaften angehören oder indigenen bäuerlichen Gemeinschaften Südamerikas. Neandertalerfäkalien erlauben in diesem Sinn einen Blick von außen auf das Homo-sapiens-Mikrobiom, so die Forscherinnen und Forscher.
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