Artenvielfalt: Servus Edelweiß?
Noch blüht er so blau: der Enzian - Symbol für die Freiheit der Berge und das Alpenidyll. Aber bald schon droht ihm größerer Schaden als der Missbrauch durch die volkstümliche Musik: Der Treibhauseffekt könnte ihm gehörig einheizen.
Es geht etwas vor sich in Mutter Natur: Rotfüchse wandern in der Arktis ein und verdrängen ihren blaugrauen Vettern, den Polarfuchs. Nordseefische fliehen aus den wärmer werdenden Regionen ihres Heimatmeeres, ersetzt werden sie von Arten aus südlicheren Gefilden. Wärme liebende Zugvögel bleiben winters im Lande oder ziehen allenfalls nach nebenan in Frankreich – das spart Energie und sichert im Frühling schnell die besten Brutplätze.
Auch in der Pflanzenwelt zeigen sich Veränderungen: Wo etwa noch vor wenigen Jahren eisig kalte Gletscher lagen, wachsen heute Gräser und Kräuter. Birken, Kiefern und Sträucher schlagen in vormalig lebensfeindlichen Geröllwüsten der Tundra Wurzeln, und im Gebirge verschieben sich die Vegetationsgrenzen in die Höhe. Gut, wer da mobil ist und sich schnell an die durch den Klimawandel veränderten Bedingungen anpassen kann.
Was aber tun, wenn die eigene Vermehrungsstrategie zu langsam auf den Wandel reagiert? Oder wenn es keine Zuflucht mehr zum Rückzug gibt, weil der Gipfel bereits erreicht ist? Straft den, der da zu spät kommt, dann der Artentod? Diesen Fragen gingen nun Ökologen um Wilfried Thuiller vom südafrikanischen Kirstenbosch-Forschungszentrum anhand von Computermodellen nach. Sie fütterten ihre Rechner mit den Verbreitungsdaten von 1350 europäischen Pflanzenarten auf der Basis eines 50 mal 50 Kilometer großen Gitternetzes aus allen Regionen des Kontinents außerhalb Russlands sowie den entsprechenden Klimadaten für die jeweiligen Gebiete.
Anschließend berechneten sie sieben verschiedene, bis in das Jahr 2080 reichende Klimaszenarien und deren Auswirkungen auf die Mobilität, Verbreitung sowie Zusammensetzung der europäischen Vegetation. Das Ergebnis lässt wenig Gutes für einen Großteil der Pflanzenarten des Kontinents hoffen, und auch das Bild unserer Vegetation könnte sich grundlegend ändern. Im schlimmsten Fall eines Temperaturanstiegs um 3,6 Grad Celsius würden mehr als die Hälfte der in Augenschein genommenen Spezies bis 2080 aussterben oder zumindest gefährdet sein – sofern keine Pflanze in für sie günstigere Gebiete abwandern könnte.
Dazu kommen die natürlichen Barrieren der Ausbreitung, denn die Gipfellagen vieler Gebirgsstöcke sind bereits so weit voneinander isoliert, dass ihre ureigensten Endemiten kaum zum Exodus in eine rettende kühle oder feuchte Zuflucht fähig sind: Wenn sie über sich nur noch den Himmel haben und von unten konkurrenzstärkere Arten heranrücken, ist ihr Ende nahe – und das trifft womöglich auf sechzig Prozent der Gebirgspflanzen zu. Dagegen scheinen die Floren des Mittelmeerraums und der Pannonischen Ebene in Osteuropa relativ gut für die zukünftigen Hitzeperioden gewappnet: Sie erleiden nur unterdurchschnittliche Verluste – hohe Temperaturen und Wassermangel gehören schließlich bereits gegenwärtig zu ihrem täglichen Daseinskampf.
Für die Flora der europäischen Gebirge ist dieser Weg in den rettenden Norden jedoch definitiv zu weit und von den lebensfeindlichen Mühen der Ebene versperrt, sie könnte also bald schon zum letzten Gefecht antreten. Ob da ihre Lobpreisung in der Volksmusik tröstet?
Auch in der Pflanzenwelt zeigen sich Veränderungen: Wo etwa noch vor wenigen Jahren eisig kalte Gletscher lagen, wachsen heute Gräser und Kräuter. Birken, Kiefern und Sträucher schlagen in vormalig lebensfeindlichen Geröllwüsten der Tundra Wurzeln, und im Gebirge verschieben sich die Vegetationsgrenzen in die Höhe. Gut, wer da mobil ist und sich schnell an die durch den Klimawandel veränderten Bedingungen anpassen kann.
Was aber tun, wenn die eigene Vermehrungsstrategie zu langsam auf den Wandel reagiert? Oder wenn es keine Zuflucht mehr zum Rückzug gibt, weil der Gipfel bereits erreicht ist? Straft den, der da zu spät kommt, dann der Artentod? Diesen Fragen gingen nun Ökologen um Wilfried Thuiller vom südafrikanischen Kirstenbosch-Forschungszentrum anhand von Computermodellen nach. Sie fütterten ihre Rechner mit den Verbreitungsdaten von 1350 europäischen Pflanzenarten auf der Basis eines 50 mal 50 Kilometer großen Gitternetzes aus allen Regionen des Kontinents außerhalb Russlands sowie den entsprechenden Klimadaten für die jeweiligen Gebiete.
Anschließend berechneten sie sieben verschiedene, bis in das Jahr 2080 reichende Klimaszenarien und deren Auswirkungen auf die Mobilität, Verbreitung sowie Zusammensetzung der europäischen Vegetation. Das Ergebnis lässt wenig Gutes für einen Großteil der Pflanzenarten des Kontinents hoffen, und auch das Bild unserer Vegetation könnte sich grundlegend ändern. Im schlimmsten Fall eines Temperaturanstiegs um 3,6 Grad Celsius würden mehr als die Hälfte der in Augenschein genommenen Spezies bis 2080 aussterben oder zumindest gefährdet sein – sofern keine Pflanze in für sie günstigere Gebiete abwandern könnte.
Nun sind zwar Pflanzen weit ortsgebundener als Tiere, aber ein Großteil von ihnen – etwa Gräser oder Korbblütler wie der Löwenzahn mit ihren leichten, durch den Wind verbreiteten Samen – kann dennoch größere Distanzen überwinden und folglich einer Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen entgehen. Daher ziehen Thuiller und seine Kollegen auch eher ein mittleres Szenario in Betracht, in dem zumindest ein Teil der Flora auf einen Anstieg der Temperaturen und Veränderungen im Wasserhaushalt mit einer nordwärts gerichteten Verlagerung ihrer Heimat antwortet. Aber selbst dann sähe die Zukunft für ein Viertel aller Arten eher trübe aus.
Die größten Probleme stellen sich dabei für jene Gebirgsbewohner wie Edelweiß oder Enzian dar, die nur ein kleines Verbreitungsgebiet haben und von dort aus kaum andere günstige Lebensräume erreichen können. Folglich schlägt der Klimawandel im südlichen Alpenbogen und in Teilen der Pyrenäen, den Cevennen und Karpaten, dem Zentralmassiv oder auf dem Balkan nach allen Modellen am verheerendsten zu. Hier lösten die Klimakapriolen vergangener Zeiten evolutionäre Experimente aus, in deren Gefolge eine Vielzahl extrem spezialisierter Pflanzenarten aufkam. Ihnen sind nun enge ökologische Grenzen gesetzt, deren Aufweichen gnadenlos zum Exitus führen kann: Ohne Schneetälchen auch keine Schneetälchenvegetation.
Dazu kommen die natürlichen Barrieren der Ausbreitung, denn die Gipfellagen vieler Gebirgsstöcke sind bereits so weit voneinander isoliert, dass ihre ureigensten Endemiten kaum zum Exodus in eine rettende kühle oder feuchte Zuflucht fähig sind: Wenn sie über sich nur noch den Himmel haben und von unten konkurrenzstärkere Arten heranrücken, ist ihr Ende nahe – und das trifft womöglich auf sechzig Prozent der Gebirgspflanzen zu. Dagegen scheinen die Floren des Mittelmeerraums und der Pannonischen Ebene in Osteuropa relativ gut für die zukünftigen Hitzeperioden gewappnet: Sie erleiden nur unterdurchschnittliche Verluste – hohe Temperaturen und Wassermangel gehören schließlich bereits gegenwärtig zu ihrem täglichen Daseinskampf.
Auch die nördlichen Waldländer der Taiga oder die ozeanisch beeinflussten Regionen am Atlantik und der Nordsee verlieren in ihrer Gesamtheit nur wenige Spezies. Der Grund ist aber die Zuwanderung von Arten aus dem Süden, die der Hitze entfliehen, sodass in den borealen Regionen Skandinaviens, im Médoc oder in der Pannonischen Ebene etwa zwei Drittel der heimischen Flora durch Klima-Asylanten aus Mitteleuropa oder dem Mittelmeerraum ersetzt werden könnten: Aus Nadel- werden Laubwälder und aus Laub werfenden Eichenhainen immergrüne Macchien.
Für die Flora der europäischen Gebirge ist dieser Weg in den rettenden Norden jedoch definitiv zu weit und von den lebensfeindlichen Mühen der Ebene versperrt, sie könnte also bald schon zum letzten Gefecht antreten. Ob da ihre Lobpreisung in der Volksmusik tröstet?
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