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Geruchsforschung: Wässriges Schnuppererlebnis

Säuger, die unter Wasser riechen? Geht doch gar nicht, schließlich gibt es im Nassen keine Luft, die den Duftstoff zur Nase leiten könnte - so die landläufige Meinung. Zwei findige Säugetiere wollen das Schnüffeln aber auch dort nicht lassen und umschiffen das Problem gekonnt.
Sternmull
Manche Säugetiere werden ganz schön unterschätzt – zumindest was das Riechen anbelangt. Während Hunde und Co als unanfechtbare Schnüffelchampions gehandelt werden, führen andere Pelzträger ein Riech-Schattendasein. Doch gerade holen einige Forscher diese verkannten Wesen aus ihrer dunklen Ecke heraus – zum Beispiel uns Menschen, die sich erst kürzlich als weit bessere Nasen erwiesen als gedacht. Und nun rückt Kenneth Catania von der Vanderbilt-Universität in Nashville einen wirklichen Riech-Exoten ins Rampenlicht: den Sternmull (Condylura cristata).

Sternmull beim Ausatmen | Um zu riechen, produziert der Sternmull unter Wasser Luftblasen. Das Bild zeigt den Maulwurfkopf von unten durch eine Glasscheibe fotografiert.
Manche finden den Sternmull einfach unattraktiv, doch auf den zweiten Blick erweist sich dieser Maulwurf aus den Sümpfen des östlichen Nordamerikas als faszinierend. Er hält nicht nur den Weltmeistertitel im Schnellfressen, sondern kann auch etwas, das man Säugetieren bislang nicht zugetraut hatte: unter Wasser riechen.

Wie soll das funktionieren? Dafür bedient der Sternmull sich eines Tricks. Er produziert ein regelrechtes Blubberbad. Mit einer Hochgeschwindigkeitskamera beobachtete Catania, wie das Tier unter Wasser fünf bis zehn Mal pro Sekunde Luftblasen auf Objekte pustet und sie dann sofort wieder einatmet. Dieses Verhalten erinnerte den Forscher stark an das anderer kleiner Säugetiere. "Ratten und Mäuse schnuppern nicht wie wir", erklärt Catania. "Sie drücken Luft 'raus-rein raus-rein', auf eine Art, die erstaunlich dem ähnelt, was der Sternmull tut – außer, dass er es unter Wasser macht." Beim Anpusten von Objekten müssten sich Duftmoleküle in den Bläschen lösen, über die der Maulwurf sie dann in seine Nase einsaugt, vermutet der Forscher.

Das muss aber noch lange nicht heißen, dass die Tiere Düfte tatsächlich riechen. Deshalb testete der Sternmullforscher, ob sie Unterwasser-Geruchsspuren folgen können. Da der blinde Säuger aber mit seinen empfindlichen Tastern – das bestentwickelte derartige Säugetier-Organ – alles befingert, was ihm unter die Nase kommt, musste der Wissenschaftler für den Riechnachweis diese
"Ratten und Mäuse schnüffeln nicht wie wir, sondern auf eine Art, die erstaunlich dem ähnelt, was der Sternmull tut – außer, dass er es unter Wasser macht"
(Ken Catania)
Informationsquelle ausschließen. So legte er über die Geruchsspuren ein Gitter, durch das die Luftblasen zwar durchkamen, nicht aber die gewandten fleischigen Fühler. Fünf Sternmulle stellten sich jeweils zwanzigmal im Regenwurmriechen unter Beweis, und zwei der Tiere durften sich auch noch an Fischgeruch delektieren. Als Belohnung wartete am Ende der Spur der Leckerbissen in natura. Und tatsächlich: In 85 Prozent der Durchläufe erschnupperten die Maulwürfe die Fährte.

Doch ein Versuch ist nur so gut wie seine Negativkontrolle, und so mussten drei Tiere das Prozedere auf einem Gitter wiederholen, das zu engmaschig war, um Bläschen durchzulassen. Ihre Erfolgsquote fiel dabei genauso auf Zufallsniveau wie bei komplettem Foppen, als Catania keine Geruchsspur auslegte.

Nördliche Wasserspitzmaus | Eine Nördliche Wasserspitzmaus beim Schwimmen: Sie ist das kleinste Säugetier, das dazu in der Lage ist.
Sternmulle zählen jedoch in vielerlei Hinsicht nicht gerade zu den Durchschnittssäugern. Deshalb war Catania unsicher, ob es sich beim Unterwasserriechen am Ende nicht nur um eine weitere einmalige Absonderlichkeit des Exoten handelt. So wiederholte er das Schnüffelexperiment mit der Nördlichen Wasserspitzmaus (Sorex palustris), die wie der Sternmull sowohl an Land als auch im Wasser lebt. Genau wie dieser stieß auch sie viele Bläschen aus, atmete sie wieder ein und spürte dann genauso erfolgreich eine Fischgeruchsfährte auf.

Der Geruchssinn ist unter Wasser also keineswegs nutzlos, und Luft kann dort durchaus als Übermittler dienen – zumindest für diese beiden kleinenTiere. Nun fragt sich Catania, ob vielleicht auch andere amphibische Säuger wie Otter oder Robben im feuchten Element riechen können. Oder gibt es womöglich ein Größenlimit, das Unterwasserriechen nur auf kleinere Spezies beschränkt? Fragen über Fragen, doch die Studie zeigt eines deutlich: Wer offen genug ist, unpopuläre Wesen in sein Herz zu schließen, kann Außergewöhnliches entdecken.

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