»Federn«: Vom Balz- zum Fluginstrument
Federn sind eine multifunktionale Innovation. Mit dieser Erfindung hat sich die Natur fast selbst übertroffen. Federn ermöglichen den tollkühnen Ritt durch die Lüfte. Sie schützen vor Verletzungen, bilden eine Barriere gegen Sonnenstrahlen, Staub und Dreck. Sie lassen den Regen abperlen und verhindern das Erfrieren im eisigen Wind.
Und dabei war das alles anfangs gar nicht so geplant. Denn wahrscheinlich waren Federn in frühen Erdepochen nichts weiter als bunt-kontrastreiche Werbeflächen. Die Dinosaurier wedelten wohl mit dem Federkleid, um das andere Geschlecht zu beeindrucken. Die Funktion, die Schwerkraft mit Federn zu besiegen, entwickelte sich erst gegen Ende ihrer Evolution.
Die Geschichte der Federn erzählen Heidi und Hans-Jürgen Koch in ihrem Buch, das zugleich ein außerordentlich gelungener Bildband ist. Schon die ersten Seiten mit Porträts zahlreicher Prachtexemplare von Federn lassen darauf schließen: Die Kochs können es, sie sind Profifotografen. Die Bilder sind extrem durchgezeichnet und knackscharf. Die bunten Motive heben sich perfekt ab vom schwarzen Hintergrund. Bis solche hochaufgelösten Bilder eingefangen waren, bedurfte es einer ziemlichen Geduld, berichten die beiden Autoren und Fotografen am Ende des Buches. Aufgenommen wurden nämlich zunächst lediglich Bildausschnitte, die dann ein Computerprogramm zusammenfügte. Problem dabei: Die Software tat wohl nicht immer das, was sie tun sollte. Doch schließlich war alles im Kasten. Die Ergebnisse sind atemberaubend und in seitengroßen Darstellungen im Buch zu bewundern.
Die Farben der Federn und die Physik des Lichts
Doch zurück zu den Federn, deren Geschichte zudem in aufschlussreichen Aufsätzen beleuchtet wird. So erklären die Autoren etwa, wie es zu der enormen Farbenvielfalt kommt. Das ist durchaus spannend. Denn dabei spielt die Physik des Lichts eine wichtige Rolle. Die Mehrzahl der Vögel wird durch pigmentierte Federn farbig. Bestimmte Pigmente, welche die Vögel selbst herstellen, verschlucken bestimmte Wellenlängen des Lichts. Damit werden nur einige wenige Wellenlängen zurückgeworfen. In den Farben der reflektierten Wellenlängen erstrahlt dann das Gefieder.
Neben physikalischen Phänomenen und evolutionärer Entwicklung kommt auch die soziokulturelle Bedeutung der Federn zur Sprache. Menschen der unterschiedlichsten Kulturen schmückten sich gerne damit. Man demonstrierte gesellschaftlichen Status. Eine nette kleine Anekdote am Rand: Der Vogelliebhaber Frank M. Chapman begab sich 1886 auf die Straßen von Manhattan. Bei zwei Spaziergängen protokollierte er 40 einheimische Vogelarten sorgfältig drapiert auf rund 700 Hüten flanierender Damen.
Wer also einem optischen Hochgenuss nicht abgeneigt ist und gleichzeitig eine Menge erfahren möchte über eine besonders ausgefuchste Erfindung der Natur, der kann in diesem Buch sicher ein paar Stunden angenehm versinken. Die Kombination aus kunstvoller Wissenschaftsfotografie und kurzweilig verpackten Informationen ist hier in einer Mischung gelungen, der man durchaus seine Aufmerksamkeit schenken darf.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben