Lexikon der Biologie: grüne Schwefelbakterien
grüne Schwefelbakterien, Gruppe phototropher Bakterien, die sich wie die grünen, schwefelfreien Bakterien stark im Aufbau des Photosyntheseapparats und im Stoffwechsel von den übrigen phototrophen Bakterien unterscheiden. Charakteristisch sind die Ausbildung von besonderen Organellen, den Chlorosomen, und ihr Absorptionsspektrum (Bakteriochlorophylle). Daher wurden sie früher als Familie Chlorobiaceae bzw. Chlorobacteriaceae zusammen mit den grünen, schwefelfreien Bakterien in die Gruppe der grünen Bakterien(Chlorobiineae) eingeordnet. Nach molekulargenetischen Untersuchungen sind die grünen Schwefelbakterien aber näher mit der Cytophagales-Gruppe verwandt als mit den grünen, schwefelfreien Bakterien. Grüne Schwefelbakterien sind obligat anaerob und photolithotroph (Photolithotrophie). Sie nutzen reduzierte Schwefelverbindungen (H2S, S°, S2O32–, viele auch H2) als Elektronendonoren. Ohne Licht und Schwefelwasserstoff (H2S) ist kein Wachstum möglich. Wenn elementarer Schwefel (S°) als Zwischenprodukt auftritt, wird er nicht innerhalb der Zellen gespeichert (Gegensatz zu Schwefelpurpurbakterien). Hauptkohlenstoffquelle ist Kohlendioxid (CO2), das nicht im Calvin-Zyklus, sondern in einem besonderen autotrophen Assimilationsweg, einem ferredoxinabhängigen reduktiven Citratzyklus, in organische Verbindungen überführt wird. Einige wenige organische Substrate (z.B. Acetat, Propionat) können im Licht zusätzlich assimiliert werden. Die zur Reduktion von CO2 notwendigen Reduktionsäquivalente (NADH) werden wahrscheinlich direkt in einem lichtgetriebenen, nicht-zyklischen Elektronenfluß (über Ferredoxin) gebildet. Die ATP-Bildung (Adenosintriphosphat) erfolgt in einem zyklischen Elektronentransport (= Photosystem I, phototrophe Bakterien). Das Reaktionszentrum-Bakteriochlorophll a liegt in der Cytoplasmamembran, die Antennenpigmente c, d, oder e in den Chlorosomen. Es gibt grüne und braune Formen (mit charakteristischen Carotinoiden) mit und ohne Gasvesikel; alle sind unbeweglich. – Grüne Schwefelbakterien kommen weltweit in allen Gewässern vor, wo organisches Substrat zersetzt wird und H2S vorliegt; sie können in dichten Lagen auf sulfidreichem (schwarzem) Faulschlamm leben, wo sie die unterste Schicht der phototrophen Organismen bilden. Formen mit Gasvakuolen (z.B. Pelodictyon; ü vgl. Abb. ) schweben dagegen in oberen Lagen des sulfidreichen Hypolimnions, wo H2S-Konzentrationen und Lichteinfall für das Wachstum besonders günstig sind. Wichtige Gattungen sind Chlorobium, Pelodictyon, Prosthecochloris. Einige grüne Schwefelbakterien bilden eine enge Lebensgemeinschaft mit chemoorganotrophen Bakterien (Consortium, Chloropseudomonas). – Die zweite Gruppe der grünen Bakterien, die grünen, schwefelfreien Bakterien, sind nicht mit den grünen Schwefelbakterien verwandt. In dieser Abstammungslinie werden aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen auch nicht-phototrophe Bakterien, z.B. Herpetosiphon, Thermomicrobium, eingeordnet. Die photosynthetische Gruppe (photosynthetische Flexibakterien, gleitende, grüne Schwefelbakterien, gleitende, grüne Bakterien) wird in die Familie Chloroflexaceae gestellt. Es sind gleitende Bakterien, die den gleichen Aufbau des Photosyntheseapparats (Chlorosomen) wie die grünen Schwefelbakterien besitzen, sich aber morphologisch und physiologisch stark von ihnen unterscheiden: flexible, fädige Formen mit gleitender Beweglichkeit an Oberflächen. Die bekannteste Art, der thermophile Chloroflexus aurantiacus (0,6–0,7[1,0] ×30–100 μm), lebt im Ausfluß heißer Schwefelquellen (optimales Wachstum 50–60 °C, maximal ca. 70 °C); sie bilden grüne oder orangefarbene Matten und können mit Cyanobakterien vergesellschaftet sein. Ihr Photosyntheseapparat enthält Bakteriochlorophyll a und c (in Chlorosomen). Normalerweise wachsen sie im Licht photoorganotroph mit verschiedenen organischen Substraten. Außerdem sind ein photolithoautotropher Stoffwechsel (CO2 + H2S, Photolithoautotrophie) mit einem besonderen Weg der Kohlendioxidassimilation (3-Hydroxypropionat-Zyklus) und im Dunkeln ein chemoorganotropher Atmungsstoffwechsel möglich (Chemoorganotrophie).
G.S.
grüne Schwefelbakterien
Grüne Schwefelbakterien treten als Einzelzellen (Chlorobium-Arten, a), sternförmige Aggregationen (Prosthecochloris), als dreidimensionales Netz (Pelodictyon clathratiforme, b) oder als symbiontische Assoziation („Chlorochromatium aggregatum“, Consortium) mit Schwefel- oder Sulfatreduzierern auf.
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