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Kompaktlexikon der Biologie: Annelida

Annelida, Ringelwürmer, Gliederwürmer, rund 18000 Arten umfassende Stammgruppe der Gliedertiere (Articulata). A. sind i.d.R. zwischen 0,2 und 10 cm groß (die größte Art wird 3 m lang) und leben vor allem in Meer und Süßwasser, seltener terrestrisch. A. besitzen einen wurmförmigen Körper, der metamer (Metamerie) gebaut ist ( vgl. Abb. ). Die einzelnen Segmente (bis über 1000 bei der größten Art, dem Polychaeten Eunice aphroditois) sind durch die Wände der hintereinander liegenden Coelomsäcke (Dissepimente) getrennt. Der Mund liegt im ersten Segment, vor dem sich noch ein anders gebauter Abschnitt findet, das Prostomium, in dem sich das Gehirn (Cerebralganglion) und wichtige Sinnesorgane befinden. Am Körperende befindet sich ebenfalls ein anders gebauter Abschnitt, das Pygidium, in dem sich der After befindet. Die Bildung der Segmente erfolgt in einer Sprossungszone vor dem Pygidium. Jedes Segment trägt primär ein Paar seitlicher, beweglicher Anhänge, die Parapodien. Charakteristisch für die A. sind die aus Chitin bestehenden Borsten, die einer Hauttasche entspringen. Die Borsten können eingezogen oder vorgestreckt werden und dienen der Fortbewegung, als Schwebeborsten, als Grabschaufeln, als Penisborsten oder auch der Verteidigung. Die Epidermis, die i.d.R. von einer aus Kollagenfibrillen bestehenden Cuticula aufgebaut ist, trägt Drüsenzellen (oft in Drüsenfeldern); bei den Oligochaeta und den Hirudinea ist ein gürtelförmiger Körperbereich (Clitellum) besonders drüsenreich und steht im Dienste der Fortpflanzung. Das Nervensystem ist ein Strickleiternervensystem mit einem Cerebralganglion und zwei ventralen Hauptnerven, die vom Gehirn aus ventral am Bauch entlang laufen. Pro Segment befindet sich ein Ganglion (Bauchganglienkette) und die Ganglien sind durch Querverbindungen (Kommissuren) miteinander verbunden. In der Epidermis befinden sich viele verschiedene Sinneszellen, bei Sand bewohnenden und Röhren bauenden Arten kommen Statocysten vor. Von einfachen Lichtsinneszellen bis zu Linsenaugen mit Akkomodation und einfachen Komplexaugen finden sich die verschiedensten Lichtsinnesorgane. Der Atmung dienen i.d.R. segmental angelegte Kiemen. Der Darm ist ein meist gerades Rohr unterschiedlichster Bauart, Anhangsdrüsen sind Speicheldrüsen, Mitteldarmdrüsen oder seitliche Blindsäcke. Die Leibeshöhle ist ein Coelom, wobei jedes Segment einen rechten und einen linken Coelomsack enthält. Die Coelomräume sind mit einer Flüssigkeit gefüllt, in der Zellen frei flottieren (Coelomocyten), die sehr unterschiedliche Funktion haben können (z.B. Träger von Hämoglobin oder von Exkreten). Das Coelomepithel bildet einen starken Hautmuskelschlauch unter der Epidermis, außerdem kommt bei den A. schräggestreifte Muskulatur vor, die in den Segmenten von der Körperseite zur Ventralseite zieht und charakteristisch für Organismen mit Hydroskelett ist. Sie ermöglicht eine besonders starke Kontraktion der Zellen, wie sie für die peristaltische Bewegung erforderlich ist. Ein Teil des Coelomepithels belädt sich bei Clitellata und manchen Polychaeta an der Darmwand mit Exkreten (Chloragoggewebe). Der Blutkreislauf ist meist geschlossen, an verschiedenen Stellen können besondere kontraktile Herzen ausgebildet sein; Blutfarbstoff ist oft Hämoglobin, aber auch Chlorocruorin. Der Exkretion dienen meist Metanephridien mit einem Wimpertrichter (Nephrostom), jeweils ein Paar pro Segment. Die Geschlechtsorgane sind überwiegend auf bestimmte Körperregionen beschränkt, die Gameten gelangen von hier aus in die Coelomhöhle und von dort aus über die Nephrostome nach außen. Die meisten A. sind getrenntgeschlechtlich, die Clitellata sind Zwitter und bei wenigen Familien kommt Querteilung, z.T. verbunden mit einem Generationswechsel vor. Die Entwicklung verläuft über eine Spiralfurchung (Spiralia), die Entwicklung verläuft meist über eine Trochophora-Larve (Trochophora). Besonders hoch entwickelt ist die Fähigkeit der A. zur Regeneration. – Fossilien von A. sind vergleichsweise selten, Polychaeta, von denen die meisten A.-Fossilien stammen, sind schon im Kambrium nachgewiesen. Die A. werden zurzeit in zwei große Gruppen unterteilt, die Borstenwürmer oder Oligochaeta und die Gürtelwürmer oder Clitellata.



Annelida: Bauplan der Annelida, a Lateralansicht, b Ventralansicht

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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