Lexikon der Biologie: Meereis
Meereis, durch Gefrieren von Meerwasser (Meer) zum Teil unter Beteiligung von atmosphärischem Niederschlag gebildetes Eis. Aufgrund der Gefrierpunktserniedrigung, die sich aus der im Meerwasser gelösten Salzfracht ergibt, setzt die Meereisbildung erst bei Temperaturen unterhalb 0 °C ein. Für Wasser mit einem Salzgehalt (Salinität) von 34 ‰ liegt der Gefrierpunkt bei –1,8 °C. Nach dessen Erreichen bzw. einer Unterkühlung um wenige Hundertstel Grad bildet sich Neueis in verschiedenen Formen: Ausgehend von einem zunehmend dichter werdenden Eisbrei aus einzelnen Eis-Kristallen erstarrt bei ruhiger See die Wasseroberfläche schlagartig zu einer geschlossenen Eisdecke, während sich bei bewegter Wasseroberfläche zuerst handtellergroße Eisplättchen bilden („Pfannkucheneis“; vgl. Abb. 1 ), die nach und nach zu immer größeren Schollen verbacken. Die Eiskristalle bestehen aus nahezu reinem Wasser. Darin gelöste Mineralsalze „frieren aus“, wodurch die Konzentration des umgebenden Wassers drastisch ansteigt. Bei Erstarren des Eisbreis wird diese aufgrund ihres erhöhten osmotischen Drucks gefriergeschützte Salzlake in das Eis eingeschlossen und durchzieht als flüssige Phase die verbackenden Schollen in einem dichten Netzwerk von Kanälchen und Lakunen. Salzgehalt und Binnenraum dieses Lakunensystems stehen, abhängig von der Temperatur, in einem dynamischen Gleichgewicht: Bei sinkender Temperatur friert mehr Wasser aus, der Binnenraum verringert sich, und die Konzentration der flüssigen Phase steigt an. – Meereis bedeckt rund 1 Zehntel der Gesamtfläche der Weltmeere (Meer). Das antarktische Meereis ( vgl. Abb. 2 ) bildet hierbei mit einer maximalen Ausdehnung von rund 20·106 km2 während des Südwinters die größte zusammenhängende Eisfläche. Im Südsommer schrumpft die antarktische Meereisdecke auf unter 4·106 km2. Das Meereis des Südpolarmeeres besteht überwiegend aus einjährigem Wintereis mit nur vereinzelten ausgedehnten, ganzjährig eisbedeckten Flächen im Weddellmeer und im Bellingshausenmeer. Das Nordpolarmeer dagegen ist zum Großteil (8·106 km2) ganzjährig von Meereis bedeckt. Während der Wintermonate erstreckt sich die Eisdecke mit einer Gesamtfläche von 15·106 km2 über den gesamten arktischen Ozean einschließlich der Randmeere und Teilbereiche der subarktischen Meeresgebiete. Aufgrund seiner hohen Albedo und der großflächigen Ausdehnung ist Meereis von erheblicher Bedeutung für das globale Klimasystem (Klima, Klimaänderungen). Während der offene Ozean mehr als 90% der kurzwelligen solaren Einstrahlung absorbiert (Absorption), reflektieren (Reflexion) Eisoberflächen bis 80% der Strahlungsenergie (Energieflußdiagramm, Strahlungsbilanz). Hieraus ergibt sich die Möglichkeit eines sog. Eis-Albedo-Rückkopplungseffekts: Ein durch regionale oder globale Erwärmung ausgelöster Rückgang der Eisbedeckung würde demnach den Anteil offenen Wassers erhöhen, was wiederum den Wärmeeintrag in den oberen Ozean ansteigen ließe und dadurch den Meereis-Rückgang verstärkte. Es ist nicht völlig geklärt, welche Rolle diese Rückkopplungsprozesse im Klimasystem spielen. – Das Meereis selbst stellt einen wichtigen Lebensraum für eine individuenreiche Mikroflora und -fauna dar ( vgl. Infobox ). Meeresbiologie, Meereskunde.
Meereis
Abb. 1:
1 Pfannkucheneis; 2 im Vordergrund zu Schollen verbackendes Pfannkucheneis, im Hintergrund ältere Treibeisschollen; 3 im Vordergrund und links im Hintergrund Blick auf die von Algenaufwuchs dunkel gefärbte Unterseite im Treibeis-Geschiebe hochgekippter Schollen; 4 Kieselalgen der Innereis-Gesellschaft aus einer Eisprobe (lichtmikroskopische Aufnahme)
Meereis
Abb. 2: maximale Ausdehnung der antarktischen Meereisdecke im Sommer (gestrichelte Linie) bzw. Winter (gepunktete Linie) von 1975 bis 1995
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