Lexikon der Biologie: Naturstoffe
Naturstoffe, i.w.S. Bezeichnung für alle anorganischen und organischen chemischen Verbindungen oder deren Gemische, die in der belebten und in der unbelebten Natur vorkommen; i.e.S. die Verbindungen und Gemische, die in der belebten Natur auftreten oder von lebenden Organismen produziert werden. Die Einteilung der Naturstoffe kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen ( vgl. Tab. ). Hinsichtlich ihrer Verbreitung lassen sich 2 Gruppen organischer Verbindungen biogener Herkunft unterscheiden. 1) Die primären Naturstoffe kommen ubiquitär, also in allen Organismengruppen, vor und entstammen aus dem Primär- oder Grund-Stoffwechsel. Zu dieser Gruppe gehören verschiedene kurzkettige Carbonsäuren, Proteine, Nucleinsäuren, Kohlenhydrate und Lipide sowie deren Bausteine. Strukturelle Details dieser primären Naturstoffe können jedoch in den verschiedenen Organismengruppen differieren. 2) Die sekundären Naturstoffe kommen dagegen nur in bestimmten Organismengruppen, manche gar nur in wenigen Arten vor. Sie werden im Rahmen des Sekundärstoffwechsels gebildet. Zwischen beiden Gruppen bestehen enge Wechselbeziehungen. Sekundäre Naturstoffe kommen vorwiegend in Pflanzen und Mikroorganismen vor. Etwa 4/5 der bekannten Naturstoffe wurden aus Pflanzen isoliert (sekundäre Pflanzenstoffe). Zur Gruppe der sekundären Naturstoffe gehören die Terpene, Steroide, Alkaloide, zahlreiche aromatische Verbindungen (Polyketide [Acetogenine] sowie Naturstoffe, die sich von der Shikimisäure ableiten) und zahlreiche, chemisch sehr heterogene Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen, von denen die das Wachstum anderer Mikroorganismen (mikrobielles Wachstum) beeinflussenden als Antibiotika, also nach ihrer Wirkung, zusammengefaßt werden. – In neuerer Zeit werden zunehmend Meeresorganismen auf ihren Gehalt an pharmakologisch nutzbaren Substanzen untersucht. Als Ergebnis dieser Suche kennt man bereits eine Vielzahl, ihrer chemischen Struktur nach sehr unterschiedlicher Stoffe, die sich in Labortests, bei ganz unterschiedlicher Cytotoxizität, als antitumoral, antiviral, antimikrobiell und antiinflammatorisch (entzündungshemmend) erwiesen haben ( vgl. Abb. ). Bei der Untersuchung der Wirkungsweise von Manoalid, Luffariellolid sowie Scalaradial fand man, daß diese Stoffe sehr wirksam das Enzym Phospholipase A2 (Phospholipase A) zu hemmen vermögen. Das Enzym hydrolysiert Esterbindungen in Phospholipiden und spielt eine Rolle bei der intrazellulären Freisetzung von Arachidonsäure. Auch herzwirksame Verbindungen wurden isoliert. Während manche dieser Substanzen in noch zu geringen Mengen vorliegen, um gründlich erforscht werden zu können, lassen sich andere bereits synthetisch herstellen und somit auch, durch chemische Veränderungen (molecular modeling), pharmakologisch weiterentwickeln. Algengifte, Biochemie (Geschichte der), Biodiversität, biogene Gifte, Biomasse, Biomoleküle, Biopolymere, Bioremediation, Biotechnologie, Chiralität, Ethnobotanik, Fasern, Gentechnologie, Giftpflanzen (Tab.), Gifttiere (Tab.), Heilpflanzen, Heilpflanzenkunde, nachwachsende Rohstoffe, Naturfarbstoffe, Naturfasern, Pflanzengifte, Phytopharmaka, Pilzgifte, Tiergifte.
Lit.:Steglich, W., Fugmann, B., Lang-Fugmann, S.: Römpp Encyclopedia Natural Products. Stuttgart 2000.
Naturstoffe
Aus Meeresorganismen oder den in ihnen lebenden Mikroorganismen (Bakterien, Cyanobakterien) isolierte Substanzen von pharmakologischem Interesse:
Marine Naturstoffe mit a) antitumoraler Wirkung (Stylpodion, aus der Braunalge Stypopodium zonale; Mycalamid B, aus dem Schwamm Mycale spec.), b) antiviraler Aktivität (Spongosin, aus dem Schwamm Cryptotethya crypta; Eudistomin K, aus dem Manteltier Eudistoma olivaceum), c) antimikrobieller Wirkung (Fimbrolid, aus der Rotalge Delisea fimbriata; Plakinamin B, aus dem Schwamm Plakina spec.), d) antiinflammatorischer Aktivität (Vidalol A, aus der Rotalge Vidalia obtusaloba; Flexibilid, aus der Weichkoralle Sinularia flexibilis; Manoalid, aus dem Schwamm Luffariella variabilis; Scalaradial, aus dem Schwamm Cacospongia spec.), e) kardiovaskulärer Wirkung (Subergorginsäure, aus dem Nesseltier Subergorgia suberosa; Xestospongin C, aus dem Schwamm Xestospongia exigua).
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